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Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Höra
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Amandus’ und des Innenministers prangten. Vor der Bühne waren lange Tische aufgebaut, dort würden die Gäste sitzen. An der Längsseite war auf langen Tafeln das Essen angerichtet, abgedeckt mit silbernen Hauben. Mein Magen knurrte, doch wir würden ohnehin als Letzte bekommen und nur das, was die Gäste übrig ließen.
    Die ersten Senatsbürger trafen ein. Männer wie Frauen trugen die üblichen unförmigen Kleider, in denen sie sich kaum bewegen konnten. Die Gesichter bis zur Unkenntlichkeit weiß bemalt, begrüßten sie sich mit erhobenen Händen und gespreizten Fingern. Die Frauen trugen ihre Haare kunstvoll aufgetürmt und überragten damit ihre Männer um wenigstens einen Meter. Eine Frau trug ein Nest aus toten Maulwürfen auf dem Kopf.
    »Der ihr Mann ist der Maulwurfkönig von Berlin«, verriet mir Oran. Ich sah ihn fragend an. »Er hat die größten Maulwurfröstereien in der Stadt. Hat Millionen damit gescheffelt. Und die da«, er nickte unauffällig in Richtung einer Frau, aus deren Haaren ein halbes Dutzend Puppenköpfe hervorglotzten, »die hat einen Haufen Kinder geworfen.« Er grinste mich mit seinen fauligen Zähnen an. »Ja, auch dadurch kann man in Berlin etwas werden.« Oran senkte seine Stimme. »Die feinen Herrschaften haben nämlich Angst, dass sie aussterben und die Zefs die Macht übernehmen.« Er lachte glucksend.
    Die Gäste prosteten sich aus winzigen Gläsern zu.
    Dann fing das Orchester an zu spielen. Ihre Musik klang wie das Quieken junger Ferkel, denen man langsam das Gedärm aus dem Körper pult.
    Die ersten Paare fingen an zu tanzen, wobei sie Abstand voneinander hielten und sich nicht mal mit den Händen berührten. Sie umschlichen sich ewig, mal in die eine, mal in die andere Richtung. Immer im Kreis. Dazu machten sie ernste Gesichter, als würden sie sich jeden Moment anfallen, um sich einen Kampf auf Leben und Tod zu liefern.
    Cato war zu diesem Spektakel natürlich nicht eingeladen.
    »Er ist für die Senatsbürger nur ein nützlicher Idiot. Und weshalb sollten sie auch ihren Wachhund einladen?«, hatte Wolf auf meine Frage geantwortet, ob der General auch da sein werde.
    Eure verdammte Welt wird bald in Trümmern liegen, dachte ich, während ich die Gäste betrachtete. Und dann werdet ihr Cato auf den Knien um Verzeihung bitten.
    Das Orchester verstummte, das Licht ging aus, und ein Scheinwerfer wurde auf die Bühne gerichtet, die nun ein Mann mit einem hohen Hut betrat. Es war der Zeremonienmeister. Er hielt einen langen Stab in der Hand, mit dem er dreimal auf den Boden klopfte, um für Ruhe zu sorgen. Dann blies er in eine kleine silberne Pfeife und rief damit die Familien auf die Bühne.
    Die Zuschauer applaudierten, indem sie sich mit gekreuzten Armen selbst auf die Schultern schlugen.
    Leela und Donard betraten als Erste die Bühne.
    Leela verschwand fast in ihrem riesigen weißen Kleid, das wie eine Glocke um ihre Hüften schwang. Es war über und über mit Rattenschwänzen behängt, ein Zeichen für Fruchtbarkeit. Ihr Haar trug Leela ausnahmsweise offen, nach Senatsfrauenart. Sie sieht aus, als ob sie zur Schlachtbank geführt wird, dachte ich und hatte Mitleid mit ihr.
    Donard strahlte. Wie gern hätte ich ihm in diesem Moment die Uniform heruntergerissen. Er hatte kein Recht, sie zu tragen. Und er hatte Leela nicht verdient. Ich schüttelte den Kopf und wunderte mich über mich selbst. Auf diesen Moment hatte ich seit Wochen gewartet. Muss die Müdigkeit sein, dachte ich.
    Der Zeremonienmeister begann mit seinem Kauderwelsch und vollführte kreisende Handbewegungen über den Köpfen der beiden. Da hörte ich, wie jemand leise meinen Namen rief. Ich sah mich um, Wolf winkte mich zu sich.
    »Draußen ist ein Bote von Cato«, sagte er flüsternd. »Er hat ein Paket mit einem Verlobungsgeschenk für Donard und Leela. Du sollst es überreichen.«
    »Wieso ich?«, wollte ich wissen.
    »Das ist sein ausdrücklicher Befehl«, sagte Wolf und schob mich raus. Der Bote wies mich an, das Geschenk Leela und Donard nach der Zeremonie persönlich zu übergeben, ohne Catos Namen zu nennen, dann wäre die Überraschung beim Auspacken größer. Ich nickte, klemmte es unter meinen Arm und nahm meinen Platz im Saal wieder ein.
    Der Zeremonienmeister hatte Leela gerade ein Haarbüschel abgeschnitten und rief: »Das Schicksal hat euch beide auserwählt, ihr seid der Staub, aus dem unsere Welt entstanden ist.«
    Ein leises Ticken in meinem Kopf irritierte mich, bis mir auffiel, dass es

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