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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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Anlagen sank weiter,
     und die Verbindlichkeiten nahmen zu. Aufsichtsbehörden in den Vereinigten Staaten und Europa legten den Banken nahe, ihr Kapital
     aufzustocken, um ihre Bilanzen zu stützen.
    Da jedoch sämtliche Finanzunternehmen in demselben Boot saßen, gab es kaum Kapitalgeber, an die sie sich wenden konnten. Also
     gingen sie bei den Staatsfonds im Nahen Osten und Asien hausieren. Da es politisch undenkbar war, dass Investoren aus Saudi-Arabien
     oder China amerikanische und europäische Banken kontrollierten, rekapitalisierten sich die Banken vor allem über Vorzugsaktien.
     Damit erhielten die Staatsfonds nur einen Minderheitenanteil, keinen Sitz im Aufsichtsrat und keine Stimmrechte.
    Citigroup erhielt 7,5 Milliarden US-Dollar von einem Fonds in Abu Dhabi, UBS 11 Milliarden aus dem Staatsfonds von Singapur
     und von einer privaten Investorengruppe aus dem Nahen Osten, der singapurische Staatsfonds steckte 5 Milliarden in Merrill
     Lynch, und der chinesische Staatsfonds investierte weitere 5 Milliarden in Morgan Stanley. Daneben pumpten private Fonds aus
     den Vereinigten Staaten 3 Milliarden US-Dollar in Washington Mutual und 7 Milliarden in Wachovia.
    Diese Geldspritzen und verschiedene Maßnahmen der Notenbanken |144| vermittelten die Illusion, dass sich die Lage stabilisierte. Im Dezember vergaben die Federal Reserve und andere Zentralbanken
     Kredite mit langen Laufzeiten an die Banken. Die Term Auction Facility (TAF), die von der Europäischen Zentralbank und der
     Bank von England ins Leben gerufen wurde, sollte den Interbankenhandel wieder ankurbeln, indem sie den Banken langfristige
     Gelder zur Verfügung stellte. Zu diesem Zeitpunkt waren Interbankkredite mit ein-, drei- oder sechsmonatiger Laufzeit so gut
     wie versiegt, und der Spread zwischen dem LIBOR und den Leitzinsen der Notenbanken war in beispiellose Höhen geschnellt.
    Die TAF nahm zunächst erfolgreich den Druck aus dem Interbankenhandel. Ein Maß dieses Drucks – der sogenannte LIBOR-OIS-Spread
     – fiel von 110 auf unter 50 Basispunkte. 21 Damit schien die Wirtschaft wieder ein wenig Luft zu bekommen, und die Hoffnung keimte auf, dass das Schlimmste tatsächlich
     vorüber war. »Ich sehe die Wirtschaft optimistisch«, erklärte US-Präsident George W. Bush auf einer Pressekonferenz am 8.
     Januar 2008. »Mir gefällt das Fundament. Es ist stark.« Er räumte ein, dass es am Horizont einige Wolken gab, doch er äußerte
     sich zuversichtlich: »Wir müssen uns durch diese Phase durcharbeiten. Der Unternehmergeist ist stark.« 22
    In Wirklichkeit befand sich die amerikanische Wirtschaft seit dem Vormonat offiziell in einer Rezession, und das gesamte Finanzsystem
     stand am Rande des Zusammenbruchs. Die Krise sollte in Kürze eine gefährliche und dramatische Wende nehmen. Wie Hoovers Erleichterung
     darüber, dass es im Frühjahr 1930 keine »bedeutenden Ausfälle« gegeben habe, war Bushs Überzeugung, dass sich die Lage stabilisiert
     hätte, ein Ausdruck außerordentlicher Selbstzufriedenheit. Die Dämme standen kurz vor dem Durchbruch.
     
     
    Die Abrechnung
     
    Wie die gegenwärtige Krise war auch die des Jahres 1825 die Konsequenz einer Spekulationsblase mit katastrophalen Auswirkungen. |145| Nach dem Bankrott einer einzigen Bank im Herbst des Jahres nahmen die Dinge ihren Lauf und gipfelten schließlich in einem
     massiven Ansturm auf sämtliche Geldinstitute. Zunächst weigerte sich die Bank von England einzuschreiten. Doch als die Krise
     immer mehr außer Kontrolle geriet, wurde der Druck auf die Regierung größer, etwas zu unternehmen. Im Dezember 1825 änderte
     die Bank von England ihren Kurs und verlieh auf neue und unkonventionelle Weise Geld. Sie machte sich zum letztinstanzlichen
     Kreditgeber für fast sämtliche Akteure des Finanzsystems – mit spektakulärem Erfolg, wie sich Bagehot erinnerte: »Ein oder
     zwei Tage nach diesem Verfahren endete die Panik, und die City von London war ruhig.«
    Diese Geschichte – eine Zentralbank, die extreme und beispiellose Maßnahmen ergreift, um einer Panik Einhalt zu gebieten –
     wiederholte sich seither immer wieder. Das Jahr 2008 stellte keine Ausnahme dar. Diesmal waren die Notenbanken jedoch nicht
     in der Lage, die Situation sofort unter Kontrolle zu bringen. Einer der Gründe war, dass die Notenbanken Neuland betraten:
     Die Dimension des Zusammenbruchs machte die herkömmlichen Instrumente wirkungslos. Schlimmer noch, viele der am stärksten
     betroffenen

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