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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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Probleme im Markt für Repos oder Geldmarktpapiere in einem |164| Land so schnell auf andere Bereiche oder andere Länder übertragen konnten. Es hatte zwar immer wieder Krisen gegeben, die
     Landesgrenzen überschritten, doch keine erreichte die Ausmaße der Weltwirtschaftskrise. Kaum jemand hatte eine Ahnung, wie
     sich das globale Finanzsystem auflösen könnte und würde.
    Diese Ahnungslosigkeit endete mit dem Konkurs von Lehman Brothers am 15. September 2008. Mit dem Bankrott der Investmentbank
     waren die Hunderte Milliarden von Anleihen mit kurzen Laufzeiten, die sie ausgegeben hatte – vor allem in Form von Geldmarktpapieren
     und anderen Schuldpapieren –, mit einem Mal wertlos. Unter den Investoren und Fonds, die im Besitz dieser Papiere waren, brach
     Panik aus. Dies wiederum provozierte einen Run auf die Geldmarktfonds, die Geldmarktpapiere handelten, und säte Panik im gesamten
     globalen Bankwesen. Banken, die Kredite mit kurzen Laufzeiten an ausländische Banken vergaben, hoben ihre Zinsen um astronomische
     400 Basispunkte an. Der Lehman-Schock breitete sich quer durch die weltweiten Märkte aus, ließ Kredite versiegen und traf
     schließlich auch den Welthandel. 5
    Der Konkurs von Lehman Brothers war zwar ein entscheidender Faktor bei der globalen Ausweitung der Krise, aber kaum ihr Auslöser.
     Ein klassischer Mechanismus, über den sich Krisen von einem Ort zum anderen ausbreiten, ist die an sich wenig bemerkenswerte
     Tatsache, dass Investoren unterschiedlicher Länder dieselben Anlagen besitzen. In zahlreichen Krisen des 19. Jahrhunderts
     hielten Anleger in aller Welt die gleichen Eisenbahnaktien, die damals zu den beliebtesten internationalen Investitionen gehörten.
     Als die Spekulationsblase platzte, mussten Investoren in den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich und anderswo
     gleichzeitig zusehen, wie sich ihre Portfolios in Luft auflösten. Unweigerlich drehten sie den Kredithahn zu, horteten Bargeld
     und lösten eine Panik aus.
    Die jüngste Krise verlief ähnlich. Die Subprimekrise sprang von den Vereinigten Staaten auf Europa, Australien und andere
     Teile |165| der Welt über, weil mehr als die Hälfte der mit den Schrotthypotheken besicherten Wertpapiere an ausländische Investoren verkauft
     worden waren. Ausländische Banken, Pensionskassen und eine Reihe anderer Einrichtungen hatten diese Wertpapiere während des
     Immobilienbooms begierig aufgekauft. Wenn ein Hypothekenverleiher in Las Vegas oder Cleveland pleite ging, breiteten sich
     die Auswirkungen quer durch die gesamte Wertpapierkette aus und trafen ebenso norwegische Rentner wie Investmentbanken in
     Neuseeland.
    Vielleicht der größte Teil dieser Wertpapiere landete in den Portfolios europäischer Banken. In einigen Fällen wurden die
     Banken direkt von der Krise getroffen, weil sie Tranchen der CDOs und anderer Instrumente besaßen. In anderen Fällen, vor
     allem bei BNP Paribas und UBS, wurde die Krankheit über die Hedge-Fonds dieser Banken übertragen, die riskante Wetten auf
     eine Reihe von mit Schrotthypotheken besicherten Wertpapieren abgeschlossen hatten. Als diese Investitionen verfielen, trafen
     die Verluste früher oder später auch die Bilanzen dieser Banken.
    Die Verluste dieser Banken verursachten wiederum erhebliche Kollateralschäden in der europäischen Wirtschaft. Anders als amerikanische
     Unternehmen, die sich über den Kapitalmarkt finanzieren, beziehen europäische Unternehmen ihre Finanzierung weitgehend über
     Banken. Als die Subprimekrise renommierte europäischen Banken erfasste, schränkten diese die Kreditvergabe ein und behinderten
     so die Fähigkeit der Industrie, zu produzieren, zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen. Damit lösten sie die Rezession
     aus, die in den letzten Monaten der Krise die Region erfasste.
    Der Schaden weitete sich aus. Viele europäische Banken unterhielten Tochtergesellschaften in anderen Ländern, vor allem in
     den neuen Märkten Osteuropas. Diese Tochterbanken hatten erhebliche Kredite in die Ukraine, nach Ungarn, Lettland und in andere
     Länder gepumpt. Als die Mutterbanken massive Verluste erlitten, wurden sie mit einem Mal risikoscheu, zogen ihre Kredite |166| auf breiter Front zurück und trockneten ihre ausländischen Filialen aus. Die daraus resultierende Kreditklemme trug dazu bei,
     dass die betroffenen Länder ebenfalls in eine Rezession stürzten.
    So breitete sich die Subprimekrise wellenförmig über Finanzbeziehungen von

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