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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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Gesamtvolumen von 1,2 Billionen
     US-Dollar brachte gesunde Unternehmen an den Rand der Zahlungsunfähigkeit, weil ein Run auf ihre kurzfristigen Verbindlichkeiten
     einsetzte. Um das künftig zu verhindern, entschloss sich die Federal Reserve, die Kredite der Notenbank auch auf Wirtschaftsunternehmen
     auszudehnen, um weitere Runs zu verhindern. Am 7. Oktober gründete sie eine weitere Einrichtung, die Kredite an Wirtschaftskonzerne
     vergab, die Geldmarktpapiere emitierten – vorausgesetzt, sie wurden mit »A« eingestuft. Dies war eine verspätete Geste gegen
     das leichtfertige Risikoverhalten der Manager.
    Andernorts nahm die Federal Reserve keine solchen Unterscheidungen vor. Nach dem Konkurs von IndyMac im Sommer drohten |157| weitere Runs auf Banken. Washington Mutual und Wachovia, zwei der größten Banken der Vereinigten Staaten, verloren rasch ihre
     Einlagen. Beide waren praktisch zahlungsunfähig, doch Mitglieder der Regierung wollten ihren Konkurs unbedingt verhindern.
     Die Sparkassenaufsicht übernahm Washington Mutual und arrangierte dann einen Verkauf an JP Morgan Chase. Vier Tage nach der
     Übernahme und dem Verkauf von Washington Mutual vergab der FDIC, der Einlagensicherungsfonds der Vereinigten Staaten, mit
     Verweis auf den Notstand massive Kredite an Wachovia, die erst von Citigroup und schließlich von Wells Fargo übernommen wurde.
    Die beiden verbliebenen unabhängigen Investmentbanken Goldman Sachs und Morgan Stanley entschlossen sich, nicht auf Rettungsaktionen
     zu warten. Nach dem Lehman-Konkurs sahen sie ihre Positionen rapide dahinschwinden, weshalb beide Ende September eine Umwandlung
     in Bankholdinggesellschaften beantragten. Damit erhielten sie Zugang zu den Krediten der Notenbank und eröffneten sich außerdem
     traditionellere Finanzierungsmöglichkeiten, etwa durch altmodische Bankkonten. Der Preis, den sie dafür zu zahlen hatten,
     war hoch, denn nun mussten sie sich einer stärkeren staatlichen Aufsicht unterstellen. Ihre Umwandlung war ein entscheidender
     Moment in der Finanzgeschichte des Landes. Innerhalb von nur sieben Monaten hatte sich das Gesicht der Wall Street vollkommen
     verändert: Alle fünf unabhängigen Investmentbanken waren bankrott, übernommen oder vorübergehend an die Leine gelegt worden.
    Doch damit war die Transformation des Bankwesens noch keineswegs abgeschlossen. Obwohl die Federal Reserve die Obergrenze
     der Einlagensicherung angehoben hatte, bestand nach wie vor die Gefahr eines Bank-Runs, wenngleich er nun aus einer anderen
     Richtung drohte. Viele Banken hatten neben ihren Einlagen weitere Verbindlichkeiten, vor allem Anleihen, die sie ausgaben.
     Diese Anleihen hatten unterschiedliche Laufzeiten. Anleihen, die während der Bankkrise fällig wurden, ließen sich zunehmend |158| schwieriger erneuern. Die Kreditaufnahme wurde immer teurer, und Banken mussten einen weiteren Ansturm befürchten.
    Die Lösung war eine staatliche Bürgschaft für die Anleihen und deren Zinsen. Am 14. Oktober verkündete der FDIC, er garantiere
     alle neuen vorrangigen Anleihen (also solche, die vor nachrangigen zu bedienen waren) von regulierten Geldinstituten wie Banken
     und Bankholdings. Diese Garantie war ein beispielloser Eingriff in das Bankgeschäft. Sie bedeutete, dass Banken nun in der
     Lage waren, ähnliche niedrigverzinste und risikolose Anleihen herauszugeben wie das Finanzministerium, wenn es Staatsanleihen
     ausgab. Innerhalb von sechs Monaten waren solche Banken und andere Geldinstitute in der Lage, Verbindlichkeiten im Wert von
     360 Milliarden US-Dollar zu extrem günstigen Zinsen umzuschulden. Ähnliche Bürgschaften galten bald auch in Europa. Im Frühherbst
     stand eine Reihe von europäischen Großbanken, darunter Hypo Real Estate, Dexia, Fortis und Bradford & Bingley, am Rande des
     Konkurses. Irland garantierte als erstes Land die Schulden seiner Banken, gefolgt von Großbritannien. Im Oktober zogen andere
     europäische Nationen und Kanada nach. Diese Bürgschaften hatten den gewünschten Erfolg: Die Gefahr eines Runs verringerte
     sich.
    Im Spätherbst war die dramatischste Phase der Krise vorüber, obwohl nach wie vor alle möglichen Rettungsaktionen und Eingriffe
     vorgenommen wurden und Wirtschaftsunternehmen von General Motors bis GE Capital staatliche Kredite erhielten. Dabei wurde
     kaum noch darauf geachtet, ob die Empfänger solvent waren oder eine Rettung verdienten. Es ging nur noch darum, der Panik
     Einhalt zu gebieten.
    Die

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