Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft
verhindern, sondern sogar
zu ihrer Entstehung beigetragen. Diese These griff Bernanke auf und entwickelte sie weiter. Er legte dar, wie der Kollaps
des Finanzsystems Sand ins Getriebe der Wirtschaft geworfen und die Nation in eine schwere Krise gestürzt habe. 1
|186| Bernankes kritische Beurteilung der historischen Rolle, die die Notenbank während der großen Krise gespielt hatte, und seine
Verehrung für Friedman wurden im Jahr 2002 auf der Feier zum neunzigsten Geburtstag des betagten Wirtschaftswissenschaftlers
deutlich. Damals gehörte Bernanke bereits dem Notenbankrat an. In seiner Ansprache wandte er sich mit folgender Bemerkung
an die beiden Veteranen der Wirtschaftswissenschaft: »Sie hatten Recht, wir waren schuld [an der Weltwirtschaftskrise]. Wir
bedauern das sehr. Aber Ihnen ist es zu verdanken, dass es nicht wieder dazu kommen wird.« 2
Dieser Mann war also für die Geldpolitik zuständig, als die Krise begann. Es ist daher nicht weiter verwunderlich, dass er
die Ereignisse durch die Brille der knapp 80 Jahre zurückliegenden Geschehnisse betrachtete und entsprechend handelte. Er
brach Regeln und erprobte neue Instrumente. Die Geschichte durfte sich nicht wiederholen. Wie Bernanke im Sommer 2009 zu einem
Journalisten sagte: »Ich wollte nicht der Notenbankchef werden, in dessen Amtszeit die zweite Weltwirtschaftskrise fällt.« 3
Zu diesem Zweck revolutionierte Bernanke die Geldpolitik mit einer atemberaubenden Reihe von Eingriffen in das Finanzsystem,
die bis heute nur wenige durchschauen. Manche dieser Schritte hatte Bernanke bereits in petto, andere erfand er im Lauf der
Monate, als die Gefahr einer Deflation und einer umfassenden Wirtschaftskrise zunahm. Er zog alle Register, von der konventionellen
Währungspolitik wie der Nullzinspolitik bis hin zu beispiellosen Maßnahmen, die in vielerlei Hinsicht eine massive Ausweitung
der wirtschaftspolitischen Befugnisse der Notenbank darstellten.
Diese Interventionen trugen vermutlich zur Abwendung einer neuen Weltwirtschaftskrise bei, warfen aber eine ganze Reihe beunruhigender
Probleme auf. Neben der Frage, wie sich diese Schritte wieder zurücknehmen ließen, wenn sie erst einmal getan waren, barg
Bernankes Politik die Gefahr, das leichtfertige Risikoverhalten der Manager im großen Stil zu fördern. In ihrem Eifer, das
Finanzsystem zu stützen, rettete die Notenbank nicht nur |187| nicht liquide, sondern auch zahlungsunfähige Finanzinstitute. Dies hatte eine Präzedenzwirkung, die schwer rückgängig zu machen
sein wird und langfristig die Disziplin des Marktes aushöhlen könnte. Dies wiederum könnte den Boden für größere Blasen und
verheerendere Krisen bereiten.
Nicht minder problematisch ist, dass manche der währungspolitischen Strategien Bernankes einen Eingriff in die traditionellen
finanzpolitischen Rechte der Regierung, vor allem in der Ausgabenpolitik, darstellen. In der jüngsten Krise schöpfte die Federal
Reserve den gesetzlichen Rahmen voll aus und nutzte ihre Befugnisse unter anderem dazu, sichere Staatsanleihen gegen Giftpapiere
einzutauschen oder, noch radikaler, diese Anlagen aufzukaufen und in die eigene Bilanz zu nehmen. Solche Maßnahmen mögen ihren
Zweck erfüllen, doch sie umgehen den demokratischen Prozess.
Die Maßnahmen Bernankes und anderer Zentralbanken vermitteln einen ersten Eindruck davon, wie unorthodox Währungspolitik im
Namen des Krisenmanagements eingesetzt und vielleicht auch missbraucht werden kann.
Das Gespenst der Deflation
In der Nachkriegszeit folgte der Konjunkturzyklus in den Vereinigten Staaten einem weitgehend vorhersehbaren Muster. Die Volkswirtschaft
erhob sich aus der Rezession, wuchs und erlebte schließlich einen Boom. An diesem Punkt brachte die Notenbank den Zyklus zum
Abschluss, indem sie die Zinsen anhob, um die Inflation einzudämmen und eine Überhitzung der Konjunktur zu vermeiden. Daraufhin
schrumpfte die Wirtschaft, und es folgte eine neue Rezession.
In manchen Fällen, vor allem in den Jahren 1973, 1979 und 1990, wurde die Rezession unter anderem von einem Phänomen ausgelöst,
das Wirtschaftsfachleute als »exogenen negativen Angebotsschock« |188| bezeichnen. In diesen drei Jahren wurden die Ölpreise durch eine geopolitische Krise im Nahen Osten in die Höhe getrieben
und die Inflation stieg. Als die Notenbank die Zinsen anhob, um den Preisanstieg zu bremsen, schrumpfte die Wirtschaft wie
gewohnt.
Was auch
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