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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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Gegenteil, die Schuldeninflation, betrachten.
     Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Sie nehmen als Haushalt oder Unternehmen ein Darlehen über 100 000 US-Dollar mit zehn Jahren
     Laufzeit zu einem Zinssatz von 5 Prozent auf. Zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme liegt die bei 3 Prozent. Bleibt die Inflation
     in dieser Höhe, zahlen Sie in Wirklichkeit nur 2 Prozent Zinsen pro Jahr – so viel nämlich, wie nach Abzug der Inflation vom
     ursprünglichen Nominalzins übrig bleibt. Steigt die Inflation auf 5 Prozent pro Jahr, entspricht das einem zinslosen Kredit.
     Die Teuerung zehrt effektiv den gesamten Zins auf. Gerät die Inflation außer Kontrolle und erreicht 10 Prozent, haben Sie
     nicht nur einen zinslosen Kredit, sondern müssen überdies weniger tilgen. Dies sind Beispiele für die Berechnung des sogenannten
     »Effektivzinses«, der Differenz zwischen dem Nominalzins und der Inflationsrate.
    Sie finden das verwirrend? Vielleicht wird es an einem extremeren Beispiel anschaulicher. Stellen Sie sich vor, Sie haben
     den erwähnten Kredit über 100 000 US-Dollar aufgenommen, und die Inflation galoppiert ungezügelt davon. Preise, Löhne und
     Gehälter schnellen in astronomische Höhen. Für einen Laib Brot, der |193| früher einen Dollar kostete, zahlen Sie jetzt 1 000 Dollar. Der Mindestlohn, der vordem kaum der Rede wert war, beträgt neuerdings
     mehrere Millionen Dollar pro Jahr, während eine ordentlich bezahlte Arbeit Hunderte Millionen einbringt. Was passiert jetzt
     mit Ihrem 100 000-Dollar-Darlehen? Das lautet nach wie vor auf jene früheren, wertvolleren Dollar. Der Kapitalbetrag ändert
     sich durch die Inflation nicht. Trotzdem ist es viel einfacher geworden, den Kredit zu tilgen. Das kostet Sie gerade mal so
     viel wie Ihre Lebenshaltungskosten für einen Monat.
    Die Erklärung: Sie zahlen Schulden in Dollar zurück, die weniger wert sind als zu der Zeit, als Sie Ihren Kredit aufgenommen
     haben. Aus diesem Grund ist die Inflation der Freund des Kreditnehmers. Sie vernichtet effektiv den Wert des ursprünglich
     geschuldeten Betrages.
    Deflation ist dagegen der Feind des Kreditnehmers. Kommen wir zurück zu unserem Kredit mit zehn Jahren Laufzeit und 5 Prozent
     Zinsen. Nehmen wir an, dass die Preise nicht wie erwartet steigen, sondern um 2 Prozent fallen. Das bedeutet, dass Sie in
     Wirklichkeit effektiv 7 Prozent Zinsen pro Jahr bezahlen. Erreicht die Deflation 5 Prozent, verdoppeln sich ihre effektiven
     Kreditkosten auf 10 Prozent im Jahr. Sie versuchen also, Schulden mit Dollars zurückzuzahlen, die einen höheren Wert haben
     als zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme. Obwohl jeder Dollar jetzt mehr wert ist, haben Sie leider weniger zur Verfügung, weil
     Ihr Gehalt gesunken ist.
    Das Ende vom Lied der Schuldendeflation ist, dass die Kreditkosten der Haushalte, Unternehmen oder Banken weit über die erwartete
     Höhe hinausschießen. Wenn nun noch die weiteren typischen Merkmale einer schweren Finanzkrise hinzukommen – wie steigende
     Arbeitslosigkeit, wachsende Panik und generell mangelnde Bereitschaft zur Kreditvergabe –, wird es für Kreditnehmer schwer,
     ihren Verpflichtungen nachzukommen oder sie alternativ zu besseren Konditionen zu refinanzieren. Investoren meiden sämtliche
     riskanten Anlagen und greifen nach liquiden, |194| sicheren Investitionen wie Barguthaben oder Staatsanleihen. Das verschärft die Kreditklemme, da alle auf ihrem Geld sitzen
     und niemand Kredite vergeben will. Trocknet der Kreditmarkt aus, werden mehr und mehr Akteure zahlungsunfähig, was dem ursprünglichen
     Zyklus von Deflation, Schuldendeflation und weiteren Ausfällen neue Nahrung gibt.
    Das Ergebnis ist eine schwere Wirtschaftskrise, in deren Verlauf die Volkswirtschaft eines Landes um 10 Prozent oder mehr
     schrumpft. Einen Kollaps wie die Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre, die Irving Fisher ebenso traumatisierte wie inspirierte,
     hatte es zuvor noch nie gegeben. Von seinem Höchst- bis zum Tiefststand verlor der Aktienmarkt 90 Prozent seines Wertes, die
     Wirtschaft schrumpfte um mehr als 30 Prozent, und 40 Prozent aller Banken des Landes brachen zusammen. Die Arbeitslosigkeit
     stieg auf fast 25 Prozent an. Und die Deflation? Es kam zu einem Preissturz. Für ein Dutzend Eier, das 1929 noch 53 US-Cent
     gekostet hatte, zahlte man 1933 nur noch 29 Cent und damit ganze 45 Prozent weniger. Bei Löhnen oder Gaspreisen waren ähnliche
     Rückgänge zu verzeichnen. 9
    Kein Wunder also, dass Fishers

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