Das Ende des großen Fressens - · Wie die Nahrungsmittelindustrie Sie zu übermäßigem Essen verleitet - · Was Sie dagegen tun können
zu einem unendlichen Essensangebot zu einem Bruchteil der Kosten. Wer mehr auf dem Teller hat, isst auch mehr. Der Lebensmittelberater John Haywood ließ mich verstehen, warum große Portionen im Restaurant so attraktiv sind. Bei unserem Treffen im »Outback« bestellte ich Aussie Fries–Pommes frites mit einer Käse-Speck-Kruste. Haywood betrachtete den gewaltigen Teller, der mir vorgesetzt wurde, und nannte
ihn einen »billigen Sattmacher«. Dann erklärte er mir, was das Restaurant mit diesem Gericht beabsichtigt: »Diese 20 Cent mehr Zutaten bescheren mir einen fünf Dollar dicken Wow-Effekt.«
»Es geht ausschließlich um die Frage: ›Wie verdiene ich ein bisschen mehr an diesem einen Teller?‹«, erläutert Mike McCloud, ehemals Manager bei Coca Cola. [Ref 107] Vor 30 Jahren hätte ein Schokoladenmuffin noch aus echten Eiern, echter Schokolade und echter Butter bestanden–eine köstliche kleine Kalorienbombe.
Dann »kam die Gier«, so McCloud. Bald dachten die Konzerne so: »Ich will keinen 60-Gramm-Muffin mit echter Butter verkaufen, sondern lieber einen etwas teureren 150-Gramm-Muffin für ein paar Cent mehr, mit dem ich mehr Profit mache.«
Deshalb sind Muffins heute größer, enthalten jedoch kaum noch echte Zutaten. Statt Butter wird irgendeine Mischung aus Fett und Öl verwendet. Auf der Liste der Inhaltsstoffe steht häufig »Palm- oder Kokosöl« als Hinweis darauf, dass der Hersteller die Zutat kauft, die zum jeweiligen Zeitpunkt am günstigsten ist.
Eipulver ersetzt Eier, und hinzu kommen zahlreiche günstige, künstlich hergestellte Süßungsmittel. Statt mit echten Lebensmitteln backt die Industrie mit »einer chemischen Mischung aus Konservierungsstoffen und Öl«, so McCloud.
Aus seiner Sicht liegt dies an den geringen Kosten für Fette und Zucker. »Wenn McDonald’s etwas im selben Tempo umsetzen und damit Geld verdienen kann wie jetzt, ist denen völlig egal, ob das vor Fett und Zucker nur so strotzt.«
McCloud sieht auch das Profitstreben hinter den immer größeren Getränkeangeboten. Als er in der Coca Cola-Zentrale in
Atlanta arbeitete, »lautete eine der zentralen Fragen: ›Wie kriegen wir die großen Kunden–also McDonald’s oder Burger King–dazu, ihre durchschnittliche Bechergröße zu erhöhen?‹« Ein kleiner Becher hatte früher knapp 240 ml Inhalt, doch McCloud und seine Kollegen wollten die Norm in Richtung 360 ml verschieben. Außerdem bemühten sie sich, die Größe der großen Portion von 450 auf 900 ml zu verdoppeln.
Da die Limonaden der Fastfood-Restaurants praktisch nur aus Sirup und kohlensäurehaltigem Leitungswasser bestehen, liegt die Gewinnspanne bei etwa 90 Prozent. McDonald’s zierte sich nicht lange. McCloud: »Wir mussten sie bloß davon überzeugen, dass 90 Prozent von einem Dollar gut sind, aber wäre es nicht super, 90 Prozent von 1,50 Dollar zu verdienen und nur drei Cent mehr zu investieren?«
Neben den größeren Bechern wollte Coca Cola den Verkauf auch ankurbeln, indem man die Kunden von Wasser auf süße Getränke umlenkte. Dazu wurde errechnet, wie viel Flüssigkeit ein Mensch im Jahr durchschnittlich zu sich nimmt–und dann versucht, den Gesamtanteil süßer Getränke zu steigern.
»Wir sollten mehr Sirup verkaufen. Also sagten wir uns: ›Wie kriegen wir die Gäste dazu, mehr Limonade und weniger Wasser zu trinken?‹ Wir rieten den Lokalen davon ab, kostenlos Wasser bereitzustellen, weil das nicht profitabel ist.« Zugleich wurden die Gäste ermuntert, die Megabecher Zuckerwasser als gutes Geschäft anzusehen.
Wenn die großen Getränkefirmen Normen verändern wollen, sind sie oft erfolgreich, so McCloud. »Coke und Pepsi sind so einflussreich, dass sie die Gewohnheiten der Menschen wirklich ändern können.«
Allerdings liegt hierin auch ein Widerspruch. Denn während die Hersteller einerseits so viele anregende, fett- und zuckerreiche Lebensmittel so leicht verfügbar machen, reagieren sie andererseits auf die Verbraucher, die um ihre Gesundheit fürchten. Das ist sogar ein lohnendes Feld für die Industrie.
Viele Hersteller und Restaurants stellen auf ihren Webseiten inzwischen Kalorien- und Nährstoffrechner zur Verfügung, damit der Kunde selbst ermitteln kann, wie viel Fett, Salz, Kohlenhydrate und Zucker er zu sich nimmt.
Derart paradoxe Entwicklungen spiegeln einen breiten Trend wider, wie Datamonitor belegt, ein führender »Business-Geheimdienst«. In einem Verbrauchertrendbericht [Ref 108] erklärt die Firma, dass
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