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Das Ende des großen Fressens - · Wie die Nahrungsmittelindustrie Sie zu übermäßigem Essen verleitet - · Was Sie dagegen tun können

Das Ende des großen Fressens - · Wie die Nahrungsmittelindustrie Sie zu übermäßigem Essen verleitet - · Was Sie dagegen tun können

Titel: Das Ende des großen Fressens - · Wie die Nahrungsmittelindustrie Sie zu übermäßigem Essen verleitet - · Was Sie dagegen tun können Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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unerwartet und international.« [Ref 111]
    Diese Vorstellung kam auch in einem Artikel zum Ausdruck, in dem es um die Verwandlung einfacher Gerichte in sensationelle Sinneserfahrungen ging. Für den Lebensmittelwissenschaftler, der sich dort äußerte, ging es um die Erschaffung von »Nahrungsmitteln, die alle Sinne befriedigen.… Heiß und kühlend, würzig und süß, knackig und cremig sowie bitter und salzig verbinden ihre berückenden Aromen zu einer multisensorischen Erfahrung und einer Geschmacksutopie.«
    »Sagt niemals: ›Das ist das Beste‹, und bleibt dort stehen«, so ein Firmensprecher. »Vielleicht gibt es noch etwas anderes, das
aufregend daherkommt. Deshalb schaut man sich auch nach Neuem um und konzentriert sich auf die Zukunft. Deshalb will ich Aufregung, Staunen und ein ständiges Wow, Wow, Wow.«
    Nicht nur Zucker, Fett und Salz. Nicht nur alle Sinne. Nein, all das und jede Menge Wows. Auffallen. Noch einen Tick mehr. Für Schlemmer. Sucht die lila Kuh, die sich im Hirn des Kunden einnistet.

Auf Essen konditioniert

22 | Völlerei wird gefährlich
    Den größten Teil der Menschheitsgeschichte haben wir uns von unverfälschten tierischen und pflanzlichen Produkten ernährt. Inzwischen essen wir weitgehend optimierte, gehaltvolle Nahrung, die kaum noch Ähnlichkeit mit ihren natürlichen Vorbildern hat.
    Nachdem ich mehr über das menschliche Belohnungssystem und die Macht der Erregung erfahren hatte, entwickelte ich eine andere Einstellung zu Nahrung, die all unsere Sinne anspricht. Die Konzerne machen durch die Erfindung hyperschmackhafter Produkte aus Zucker, Fett und Salz nicht nur Milliardengewinne, sondern sie erzeugen auch Lebensmittel, die in der Lage sind, unser Gehirn neu zu verdrahten, damit wir immer mehr davon haben wollen.
    Um zu verstehen, warum ein Schokoladenkeks mich nicht mehr loslässt, wandte ich mich an Mathea Falco, die in Washington die gemeinnützige Einrichtung Drug Strategies leitet, in der man nach wirkungsvollen Ansätzen gegen Drogenmissbrauch sucht. [Ref 112]
    »Wie kommt es, dass ein lebloser Gegenstand auf dem Teller in unserem Kopf so wichtig werden kann«, frage ich sie. »Warum
können manche Menschen an nichts anderes mehr denken? Was hat es mit diesem Reiz auf sich?«
    »Es ist ein Drache, David«, meint sie. »Und dieser Drache ist größer als Sie.«

    Jerome Kagan ist ein renommierter Entwicklungspsychologe aus Harvard. Er lehrte mich, dass die wirkungsvollsten Belohnungen solche sind, die unsere Gefühle verändern können. [Ref 113] Der Verzehr hoch schmackhafter Lebensmittel fällt genau in diese Kategorie, denn er stimuliert das Gehirn auf eine Weise, die momentanen Genuss signalisiert. Dieses Vergnügen kann ein Ersatz für andere Gefühle sein, denn es beansprucht aktiv das Gedächtnis, und das Gehirn kann sich nur auf eine begrenzte Menge Reize in einem gegebenen Zeitraum einstellen.
    Allerdings wird unser Verhalten nicht nur von der Lust am Schlemmen angetrieben. Geschmacksoptimierte Produkte beeinflussen auch unsere Aufmerksamkeit. Manchmal entsteht diese Aufmerksamkeit automatisch, weil wir nun einmal essen müssen, um zu überleben, manchmal jedoch nicht, denn die meisten Menschen der Industrienationen leben im Überfluss.
    Lebewesen überleben, indem sie sich auf die wichtigsten Reize in ihrer Umgebung konzentrieren. Wenn wir von einem wilden Tier verfolgt werden, in einem brennenden Haus festsitzen oder ein Kind krank wird, sind diese Umstände vordringlich–andere Reize treten in den Hintergrund. Doch es gibt Parallelreaktionen, die uns dazu bringen, Dinge zu beachten, die wir sonst ignorieren würden–zum Beispiel Gummibärchen.
    Ein appetitanregender Hinweisreiz, der sich–gegen unseren Willen–in unsere Gedanken schleicht und unsere Gefühle anspricht,
kann zu impulsivem Verhalten führen. Praktisch jeder hat irgendeinen wunden Punkt, an dem ein solcher Reiz ansetzen und zu Konflikten und unerwünschten Gedankenschleifen führen kann.
    Mit einem Kollegen sprach ich darüber, wie unsere Schaltkreise darauf aus sind, sich auf den anregendsten Reiz zu konzentrieren, und weshalb wir uns deshalb den Bauch vollschlagen. Während des Gesprächs riss ich absichtlich eine Packung Schokoladenkekse auf. Seufzend fragte er mich: »Musste das sein?«
    Ich hatte ihn mit meinem Tun darauf hingewiesen, dass eine dicke, knusprige Schokoladenleckerei bereitstand. Plötzlich wandte sich seine Aufmerksamkeit von der wissenschaftlichen Diskussion ab und

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