Das Ende des Zufalls - Wie Big Data uns und unser Leben vorhersagbar macht (German Edition)
Produktmix etc. P&G arbeitet daran, das System weitgehend zu automatisieren und vorausschauend zu machen, damit sich die Mitarbeiter weniger mit dem Was und Warum herumschlagen müssen, sondern auf die zu treffenden Maßnahmen fokussieren können und damit Zeit und Effizienz gewinnen. „Was-Wenn“-Simulationen geben dabei eine wertvolle Unterstützung für die Evaluierung der von den Systemen vorgeschlagenen Maßnahmen.
P&G hat rund zwei Drittel der Realzeit-Daten, die es braucht, um die Analysen und Prognosen in Echtzeit zu erstellen. Der Fokus ist aber klar auf den Ausbau dieser Analyse- und Prognosekompetenz ausgerichtet, um daraus computerunterstützte Entscheidungsvorlagen zu erhalten. In einer Zeit, in der global Kosten reduziert und Jobs abgebaut werden, will P&G das Know-how in Sachen Datenanalyse weiter ausbauen und die Anzahl der Mitarbeiter in diesem Bereich vervierfachen. Die Anforderungen an das neue Berufsbild, das da entsteht, sind umfangreich: „Das sind Leute“, sagt der CEO des großen Markenartiklers, „die Business-Themen verstehen müssen, Datenmodelle bauen und Simulationen entwickeln können und dabei gleichzeitig auch noch Marketing-Profis sein müssen.“ 108
P&G sagt darüber offiziell wenig, aber sicher werden im Datenmix, der für all diese Modelle eingesetzt wird, zunehmend auch Social-Media-Daten eine wesentliche Rolle spielen. Mit „Vocalpoint“ betreibt die Firma Tremor, eine von P&G entwickelte „Word of Mouth“-Marketing-Organisation, seit vielen Jahren ein soziales Netzwerk für Mütter und Hausfrauen. 109
Natürlich sind auch für die Handelsketten in Deutschland und Österreich Big Data und die damit verbundenen Analyse- und Vorhersagemodelle ein Thema. Die REWE International AG verfügt zum Beispiel über eine international ausgerichtete Struktur zur effizienten und innovativen Datenanalyse. Die Verarbeitung der umfangreichen und komplexen Daten wird durch standardisierte Prozesse über alle Länder hinweg begleitet. Die Kundenkarten-Systeme, die in einigen Märkten schon eine sehr hohe Verbreitung haben, liefern die Basis für CRM-Aktivitäten, die individuell ausgesteuert und immer wieder optimiert werden können. Prognosemodelle sind vorwiegend im Bereich der Marktforschung zur Potenzialabschätzung von neuen Produkten und Marketingtools sowie zur Belieferungssteuerung der Filialen im Einsatz. Social Media ist natürlich auch im Fokus und wird durch eigene „Themenspezialisten“ betreut. Die Bedeutung von Big Data und Prognosemodellen wird in Zukunft weiter zunehmen, bestätigt Alexander Huber, Leiter Informationsmanagement und Marktforschung für Österreich und Osteuropa, „es wird für alle Marktteilnehmer deutlich wichtiger, da in diesem Bereich große Wettbewerbsvorteile liegen werden“.
Auch im deutschsprachigen Raum werden also bereits Predictive-Analytics-Modelle, Web- und Social-Media-Analysen sowie Text Mining von vielen Unternehmen eingesetzt, es wird nur weniger darüber gesprochen. Wer wissen will, was mit seinen Daten geschieht, kann meist nur über die Datenschutzerklärungen auf den jeweiligen Websites rekonstruieren, welche Tools eingesetzt werden und wie mit den Daten umgegangen wird. Der Grad der Information ist aber sehr unterschiedlich. Sehr aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang die Webseiten der Dienstleister der Markenartikler und Handelsketten, wie zum Beispiel die Webtrekk-GmbH 110 , die sehr offen darstellen, was alles möglich ist und auch stolz ihre Kundenlisten präsentieren.
All diese neuen Analysesysteme der Handelsketten und Markenartikler wie auch anderer Wirtschaftsteilnehmer, die für die Implementierung der Smart Data Feedback Loops wichtig sind, sind Technologien, die die klassischen Formen der Marktforschung teilweise infrage stellen. Was Chris Anderson schon 2008 für die Wissenschaft vorhergesehen hat, gilt hier genauso. Big Data und Predictive Modelling werden Schritt für Schritt die klassische Marktforschung ersetzen. Bei einer Tagung vor zwei Jahren sagte Joan Lewis, Global Consumer und Market Officer von P&G mit einem Marktforschungs-Budget von 380 Millionen Dollar im Jahr, dass sich die Industrie davon lösen müsse, zu glauben, dass „repräsentative Samples“, also Umfrageergebnisse aus repräsentativen Gruppen die einzig mögliche Methode seien. Nach einer Diskussion zum Thema „Wie sich Marktforschung ändern muss“ gab Lewis in einem Interview zu verstehen, dass für P&G Social Media in Zukunft eine
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