Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens
und abseits von den Hauptverkehrsstraßen. Nur mit dem cyclopousse kam man dorthin. Trotzdem war Madame Chantal allseits bekannt.
Wenn man ankam und klopfte, lugte sie durch ein Fensterchen, um zu sehen, wer da war. „Ah, Monsieur Moustache!“So hat sie mich immer genannt, Monsieur Schnurrbart. Du zogst dich nackt aus, wickeltest dir einen Sarong um und wurdest in einen kleinen Raum geleitet, in dem eine schöne, bunte kambodschanische Strohmatte lag, sonst nichts. Da legtest du dich hin, und dann kam sie, nahm den Lotussitz ein und begann mit ihrer geradezu esoterischen Zeremonie der Vorbereitung der Pfeifen. Dick, weißhäutig und nur von ihrer magischen Lampe beleuchtet, wirkte sie wie eine Priesterin. Sie bewegte sich mit den Schatten, feierlich, abwesend, wie eine Gottheit. Mit zwei Nadeln zog sie das allerfeinste Opium auf und verbrannte es auf ihren magischen Lämpchen. Es war ein richtiger Ritus.
Schließlich nahmst du eine dieser langen Pfeifen und begannst zu rauchen. Und dann überkam dich dieses Gefühl von Schwerelosigkeit, das ich auch beim Meditieren manchmal empfunden habe. Wenn du dein Gewicht verlierst und ganz leicht wirst. Dabei ist dein Geist … nicht getrübt … aber irgendwie anders. Dein Bewusstsein verschwimmt nicht wie beim Haschisch, überhaupt nicht! Du bist präsent. Aber in einer Art … träger Glückseligkeit.
Bald stellte ich fest, dass ich nicht der einzige Stammgast war. Es gab dort jede Menge Journalisten, Botschaftsleute …
Er lacht.
Es war, wie ich merkte, das Deux Magots von Phnom Penh. Hier traf man die wichtigen Leute. Es herrschte eine ganz eigene Atmosphäre, es war reizvoll, über die Ereignisse des Tages zu plaudern, über den Krieg. Faszinierend! Und kurz vor Mitternacht, wenn die Ausgangssperre begann und die Maschinengewehre zu knattern anfingen, ging es mit den cyclopousses , die draußen auf uns gewartet hatten, wieder zurück.
Hatte die Ausgangssperre bereits eingesetzt, radelten die Fahrer - die inzwischen auch ein wenig berauscht waren, weil Madame Chantal ihnen den dross , das schwarze Zeug, das in den Pfeifen zurückblieb, gab - mitten auf der Straße, damit die Soldaten uns gleich sahen und nicht für Guerillas hielten. Kamen wir an die Straßensperren, riefen wir laut: „Presse, presse! Journaliste! “ und steckten den Wachen ein paar kambodschanische Piaster zu. Manchmal schossen sie in die Luft - tatatatata! - um uns Angst einzujagen und den Preis zu erhöhen. „He, journaliste, journaliste!“ Und dann ab nach Hause.
Wenn ich abends meinen Artikel geschrieben hatte oder mit meinen Notizen fertig war und aus dem Hôtel Le Phnom trat, standen die cyclopousse -Fahrer schon da und riefen „Monsieur Moustache! Monsieur Moustache!“Sie wussten, wohin es ging. Und stell dir vor, als Mama zum ersten Mal nach Phnom Penh kam und ich ihr die Welt zeigen wollte, in der ich lebte, und wir zur Pfahlhütte kamen, ging das Fensterchen auf, Madame Chantal sah uns an und sagte: „Ah, Monsieur Moustache et … Madame Monsieur Moustache!“ Da hatte auch sie ihren Namen weg!
Mehrere Jahre lang ging ich zu Madame Chantal, während des ganzen Kriegs. Und doch bin ich dem Opium nie verfallen. Ich meine, für mich war das Rauchen an eine ganz bestimmte Atmosphäre gebunden, und am Ende interessierte mich der Rausch an sich gar nicht mehr so sehr. Deshalb bin ich nie über eine vernünftige Anzahl von Pfeifen hinausgegangen, während andere auf dreißig, vierzig täglich kamen, abhängig wurden und schon morgens als Erstes zu Madame Chantal mussten. Für mich war das mehr der Cocktail zum Sonnenuntergang.
Ja, das Opium war diese Atmosphäre - Chantal, ihre magische Lampe und, das habe ich zu erzählen vergessen, das Konzert der crapeaux.
FOLCO: Crapeaux, Raben?
TIZIANO: Nein, das waren große Frösche, die unter der Hütte im Teich saßen und „Quahhh, quahhh, quahhh“machten.
Mit tiefer, rauer Stimme ahmt er das Quaken perfekt nach.
Du rauchtest und hörtest draußen dieses „Quahhh, quahhh, quahhh“. Das war Opium für mich.
An den illegalen Opiumhöhlen in Singapur hatte ich nicht das geringste Interesse. Andere hingegen wurden verrückt, wenn sie keinen Stoff bekamen. Ich kannte einen Diplomaten, der die Zeiten, in denen er nicht in Phnom Penh war, mit Opiumtabletten überbrückte. Er hatte immer einen Vorrat dabei und nahm sie ein, als wären sie ihm vom Arzt verordnet. Ohne konnte er nicht leben. FOLCO: Als guter Diplomat hatte er seinen Vorrat
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