Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens
die folgten, genügen nicht, um die Idee zu verdammen, mit der die Revolutionäre aufgebrochen waren. Und auch Maos Krieg hatte seine Rechtfertigung gehabt!
Nur - wo hat das alles hingeführt?
Denk doch an die bolschewistische Revolution, diese radikale Umwälzung der Gesellschaft, in deren Verlauf alle, die oben gestanden hatten, hingerichtet und ganze Familien ausgerottet wurden - vielleicht auch zu Recht, wenn man sich überlegt, wie sie sich aufgeführt hatten -, während die Proletarier die Macht übernahmen. Eigentlich schön, oder? Wer bisher nichts wert gewesen war, durfte auf einmal kommandieren. Und was haben sie aus dieser Situation gemacht? Das Schlimmste, was man sich vorstellen kann! Ihr Verhalten der alten Herrschaft gegenüber war feige, grausam, ja geradezu bestialisch.
FOLCO: Aber man kann doch auch nicht einfach sagen: Ihr dürft keine Revolutionen machen! Wo liegt also die Lösung?
TIZIANO: Mein Fazit ist, dass das alles nichts bringt.
FOLCO: Die Revolutionen bringen nichts?
TIZIANO: Deshalb bin ich ja zur einzigen Revolution übergegangen, die etwas bringt, nämlich die, die in einem selbst stattfindet. Wozu die anderen führen, siehst du ja. Alles wiederholt sich, immer wieder, denn Ausschlag gebend ist letztendlich die menschliche Natur. Und wenn der Mensch sich nicht ändert, wenn der Mensch keinen Qualitätssprung schafft, wenn er nicht auf Gewalt verzichtet, auf die Herrschaft über die Materie, auf den Profit, auf seinen Eigennutz, dann wiederholt sich alles bis in alle Ewigkeit.
Lange bleibt Papa stumm und denkt nach.
Meine Reaktion, die sich in China allmählich herauskristallisierte, war folgende: Statt den neuen Menschen zu suchen, wurde mir klar, dass es in China auch einen alten Menschen gab, einen wunderbaren Menschen mit einer großartigen Kultur von überwältigender Tiefe und Reichtum.
Und so begann ich, diesem Alten nachzuspüren, dem Wunder des alten China und dem, was davon übrig war.
GRILLEN
TIZIANO: Mein Leben lang habe ich mich an der Schönheit erfreut, auch an schönen Gegenständen. Bereits auf meinen ersten Reisen nach Afrika fing ich an, Statuen, Malereien und anderes zu kaufen. Aber nicht um mir eine Sammlung anzulegen; vielmehr war das meine Art, den Ländern näher zu kommen und ihre Leute kennenzulernen.
Auch in China gab es, wo man ging und stand, wunderschöne Dinge, und jedes hatte seine eigene Geschichte. Zum Beispiel die Kommode aus hong mu, dem kostbarsten chinesischen Holz, die in Mamas Zimmer stand. Die hatte ich für zwanzig Dollar oder so gekauft. Sie war mit Dreck verkrustet, und erst später, als wir wieder in Hongkong waren, machte ich mich unter Anleitung von Tim Leung eines Tages daran, sie zu säubern. Zum Vorschein kam ein kostbares Stück aus der Ming-Dynastie, der chinesischen Renaissance.
Und dann all die alten Teppiche, die ich gekauft habe! Viele hatten Löcher und starrten vor Schmutz, und wenn ich sie mit nach Hause brachte, schrubbte ich sie in der Badewanne erst einmal gründlich ab. Ich kaufte diese Gegenstände, weil sie mich dem Land näher brachten, und auch als Erinnerung. Ich habe mal gesagt - das steht auch in Mamas Tagebüchern -, dass ich beim Waschen dieser alten Teppiche mehr über China gelernt habe als beim Lesen der Volkszeitung.
Und die tibetischen Bronzestatuen! Und die ban ji , diese Jaderinge, die die Mandschu zum Bogenschießen am Daumen trugen, weißt du noch? Denk nur, was für eine Kunst dazugehört, in ein so kleines Jadestück einen Drachen, einen Phönix oder ein chinesisches Schriftzeichen einzugravieren! Und dann begeisterten mich die niao chi guan, diese winzigen Behälter für Vogelfutter. Auch da wieder eine unglaubliche Kunstfertigkeit. Sie waren den großen, wunderschön bemalten Vasen nachempfunden, die du im Museum und in der Verbotenen Stadt bestaunen konntest, und jedes kleine Gefäß war ein Einzelstück. Weißt du noch? Hoch raffinierte Miniaturen als Futternäpfe für Vögel im Bauer!
Oder die Bauer selbst! Da hätte man wirklich zum Sammler werden können. Atemberaubend schön, aus Bambus oder seltenen, eingelegten Hölzern, mit kleinen Haken aus Messing oder Schmiedeeisen. Wie liebte ich es, bei Tagesanbruch in den Park zu gehen und den alten Leuten bei ihrer Morgengymnastik zuzusehen. Sie schwenkten ihre Vögel in den Käfigen hin und her, um ihnen Gutes zu tun, aber auch damit ihre Handgelenke nicht einrosteten. Danach hängten sie den Käfig an einen Baum, und mit den ersten
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