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Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens

Titel: Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiziano Terzani
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keinerlei Bedeutung, da wimmelt es doch von Mördern und Diktatoren.‘Und auf einmal sollen sie ein Allheilmittel sein? Sie wollen uns wohl auf den Arm nehmen?“
    Ich lache.
    FOLCO: Also sollte man die Macht herausfordern?
    TIZIANO: Natürlich, das gehört zum Beruf. Denk doch mal daran, wie die Macht im Staat verteilt ist: Legislative, Exekutive, Jurisdiktion. Und die vierte Macht sind die Medien, die die anderen drei kontrollieren müssen. Wer würde denn sonst die Stimme erheben, wenn falsche Gesetze gemacht werden? Keiner. Untersucht die Presse aber ein Gesetz auf seine Konsequenzen hin und protestiert, erhält sie ein enormes Gewicht, denn sie wird zur Stimme der Leute, die sich nicht selbst Gehör verschaffen können.
    Nein, ich war nie mit jemand Mächtigem befreundet. Dieses Bewusstsein, frei und von niemandes Wohlwollen abhängig zu sein, ist etwas ganz Wichtiges, verstehst du? Stell dir vor, mit Cory Aquino hatte ich eine geradezu innige Freundschaft geschlossen. Ihr Mann Ninoy Aquino, der später umgebracht wurde, hatte mir nach der Lektüre von Giai Phong! aus dem Gefängnis geschrieben. Ich ging in der Familie ein und aus und war oft zum Essen dort. Als Cory Präsidentin der Philippinen wurde, interviewte ich sie noch einmal, doch danach sah ich sie nie wieder. Ich wollte keine Vorzugsbehandlung. Ich wollte nicht, dass sie mich anrief, um mir ein Interview zu geben. Da haben sich unsere Wege getrennt. Sie hatte ihre Revolution gewonnen, ich hatte sie beschrieben, vielen Dank und auf Wiedersehen.
    Nein, die Mächtigen interessierten mich nicht. Wer mich interessierte, waren die Jesuiten.
    FOLCO: Die Jesuiten?
    TIZIANO: Ja, und wie. Wo auch immer ich hinging, habe ich sie aufgesucht, um das Land zu begreifen, denn die Jesuiten kennen die Seele der Kultur, in der sie leben. Sie scheuen keine Mühe, graben und forschen, arbeiten sich tief in das Land ein und lernen seine Sprache wie kein anderer. Sie sind Persönlichkeiten, große Intellektuelle.
    FOLCO: Apropos - welche von den Persönlichkeiten, die du im Laufe deines Lebens kennengelernt hast, hat dich eigentlich wirklich beeindruckt? Das würde mich mal interessieren. Schließlich hast du die Möglichkeit gehabt, einigen Protagonisten der Geschichte zu begegnen. Was bleibt davon?
    TIZIANO: Ach, weißt du, Folco, die Hauptdarsteller sind auch nicht anders als die Statisten. Sie stehen morgens auf, frühstücken, gehen auf die Toilette, setzen die übliche Miene auf und machen sich an ihr Tagewerk - genau wie alle anderen auch. FOLCO: Du hast mir immer gesagt, wenn dir irgendjemand Furcht einflößt, stell ihn dir vor …
    TIZIANO: … wie er auf dem Klo sitzt. Lass dich bloß nicht einschüchtern! Und wenn sich einer aufspielt, daherkommt wie ein General, denk dran, dass er morgens sein Geschäft verrichtet wie jeder andere.
    Ich habe in meinem Leben viel mehr kleine als große Persönlichkeiten getroffen. Überleg mal, wie nützlich sich ein kleiner Provinzbeamter macht, der sich dafür einsetzt, dass eine kaputte Leitung repariert wird, damit das Dorf wieder Wasser hat. Den wahrhaft Großen bin ich leider nicht begegnet.
    FOLCO: Aber es gibt doch Menschen, die eine Vision haben, die einen inspirieren, oder nicht?
    TIZIANO: Die richtig Großen sind gestorben, als ich ein junger Mann war. Albert Schweitzer zum Beispiel - eine Entdeckung! Dieser Mann, ein Pianist und Philosoph, der mit dreißig begann, Medizin zu studieren, um am Ufer eines Flusses mitten in Afrika ein Krankenhaus aufzubauen! Oder Einstein, Russel. Immer wieder stieß ich beim Lesen auf Leute, die mich inspirierten. Mit Reichtum und Einfluss hatte das aber nichts zu tun.
    Oder Sven Hedin, der Mein Leben als Entdecker geschrieben hat, ein tolles Buch! Ein freier Mensch, der monatelang mit seinen Yaks durch die Wüsten Zentralasiens zog und dort unglaubliche Entdeckungen machte. Ein Mann voller Kraft und Entdeckergeist.
    FOLCO: Aber mal abgesehen von den Menschen, die du über ihre Bücher kanntest, musst du doch auch persönlich jemandem begegnet sein, der dich beeindruckt hat. Du hattest doch mit so vielen Menschen zu tun!
    TIZIANO: Als Journalist habe ich jede Menge Schwätzer kennengelernt. Leute, die ihre Rolle spielten und mir, gerade weil ich Journalist war, fertig verpackte Nachrichten unterjubelten und mir jede Menge Unfug erzählten. Die wenigen Dinge, die ich von ihnen gelernt habe, fanden sich in ein paar Sätzen, die sie nach Beendigung der offiziellen Gespräche im

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