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Das Ende meiner Sucht

Das Ende meiner Sucht

Titel: Das Ende meiner Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivier Ameisen
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Depression, aber Baclofen »hatte nicht die Nebenwirkungen und Wechselwirkungen« des Benzodiazepins und des Antidepressivums. Leider stand in dem Abstract nichts über die Dosierung von Baclofen, aber mich faszinierte zu lesen, dass die Wirksamkeit gegen Angst in einer randomisierten klinischen Studie nachgewiesen worden war.
    Schließlich gab ich die Suchbegriffe »Baclofen Alkohol« bei Google ein. Der erste Treffer führte mich zu dem italienischen Forscher, an dessen Namen sich Anna Rose Childress nicht mehr richtig erinnern konnte. »Dolo-irgendwas« hatte sie gesagt, und da war ein Link zu dem Abstract eines Aufsatzes aus dem Jahr 2000, »Ability of Baclofen in reducing alcohol craving and intake« (Baclofen reduziert Craving und Alkoholaufnahme), veröffentlicht von G. Addolorato et al. in der Zeitschrift Alcoholism: Clinical and Experimental Research:
    HINTERGRUND : Es gibt vermehrt Hinweise, dass … Baclofen bei Ratten die Alkoholaufnahme vermindert, aber bei Alkoholikern wurden noch keine Studien durchgeführt. In der hier präsentierten Vorstudie untersuchten wir die Wirkung einer kurzzeitigen Baclofen-Gabe auf das Craving, den Ethanolkonsum und die Alkoholabstinenz bei alkoholabhängigen Personen.
    METHODE : Die Studie wurde mit zehn männlichen Alkoholikern durchgeführt. Baclofen wurde über vier Wochen oral verabreicht in einer Dosierung von 15 mg/Tag … in den ersten drei Tagen und einer erhöhten Dosis von 30 mg/Tag über die restlichen 27 Tage. Der Versuch erfolgte ambulant. Alle Studienteilnehmer wurden in den vier Wochen einmal wöchentlichuntersucht, dabei wurde der Craving-Level mit der Alcohol Craving Scale (ACS) erhoben, die Alkoholabstinenz wurde anhand der Angaben der Studienteilnehmer, von Interviews mit Angehörigen und der wichtigsten biologischen Marker von Alkoholmissbrauch ermittelt …
    ERGEBNISSE : Neun Teilnehmer schlossen die Studie ab, von den neun tranken zwei weiterhin Alkohol, allerdings reduzierten sie in der ersten Woche ihre tägliche Alkoholaufnahme erheblich; sieben blieben über den Untersuchungszeitraum abstinent. Das Craving nahm ab der ersten Woche der Baclofen-Gabe signifikant ab … und blieb über den gesamten Zeitraum reduziert. Die Studienteilnehmer berichteten weiter, dass die Einengung des Denkens auf Alkohol aufhörte … Die Verträglichkeit des Medikaments war bei allen Studienteilnehmern recht gut, als Nebenwirkungen traten zu Anfang Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Verstopfung, Durchfall, abdominelle Beschwerden, Bluthochdruck, Schläfrigkeit und Müdigkeit auf. Kein Teilnehmer zeigte Craving nach dem Medikament.
    SCHLUSSFOLGERUNG : Mit der Einschränkung, dass es sich um eine geringe Zahl von Studienteilnehmern handelte und die Versuchsanordnung offen war, können wir sagen, dass die klinische Vorstudie vorklinische Hinweise auf eine Reduzierung der Alkoholaufnahme unter Baclofen liefert. Die Anti-Craving-Eigenschaften von Baclofen lassen vermuten, dass Baclofen in der Behandlung von Personen mit Alkoholproblemen eine Rolle spielen könnte.
    Mein Kopf schwirrte von all den Informationen aus diesem Abstract, von »vermehrten Hinweisen«, dass Baclofen im Tierversuch die Alkoholaufnahme verminderte, bis zu neuen Erkenntnissen, dass Baclofen bei alkoholabhängigen Personen die Alkoholaufnahme und das Craving »signifikant reduzierte«. Dass die Nebenwirkungen moderat waren und nur in den ersten drei Tagen der Behandlung auftraten und dass Baclofen selbst offensichtlich keine Suchtwirkung besaß und kein Craving auslöste, faszinierte mich ebenfalls. Und wiederum die Dosierung von 30 Milligramm pro Tag – die Hälfte der Dosis, die Professor Childress in ihrer Studie an der University of Pennsylvania verwendet hatte.
    Ich wollte den ganzen Aufsatz lesen und ging zum ersten Mal seit meinen Studientagen in die medizinische Bibliothek des Hôpital Cochin. Ich trug ein Tweed-Jackett, das einmal meinem Vater gehört hatte, und am Revers das rote Band der Ehrenlegion in der Hoffnung, so würde niemand auf die Idee kommen, dass ich Alkoholiker war, und mich deshalb abweisen. Durch die Einführung von Computern hatte sich die Recherche in medizinischen Zeitschriften verändert, aber mithilfe einer Bibliothekarin fand ich den Artikel und fotokopierte ihn.
    Nach der Lektüre war ich begieriger denn je, Baclofen auszuprobieren – wenn ich mich darauf verlassen konnte, dass es sicher war. In dem Punkt wollte ich nicht auf Abstracts vertrauen. Ich musste mit

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