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Das Ende meiner Sucht

Das Ende meiner Sucht

Titel: Das Ende meiner Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivier Ameisen
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Studie beschrieben hatten.
    Doch immer noch machte ich mir Sorgen, ob Baclofen wirklich langfristig sicher war. Mit 180 Milligramm pro Tag bewegte ich mich auf unbekanntem Terrain, das war das Sechsfache der Dosis, die man bei kurzen Versuchen mit Alkoholikern verwendet hatte. Das größte Risiko schien mir darin zu bestehen, dass Baclofen die Muskeln so sehr entspannte, dass die Atmung aussetzen und ich im Schlaf ersticken könnte.
    Ich verwarf die Möglichkeit, John Schaefer noch einmal anzurufen. Ich wollte ihm nicht beichten, dass ich ihm Informationen vorenthalten hatte, und ich wollte das auch nicht wieder tun. Was wäre überdies, wenn John mir sagte, Baclofen sei keine geeignete Behandlung für Alkoholismus? Da sich mein Wohlbefinden und meine Selbstachtung unter Baclofen so sehr verbessert hatten, neben den sonstigen positiven Wirkungen, wollte ich es verständlicherweise nicht gern aufgeben.
    Mir kam der Gedanke, dass ich die Sache mit jemandem am Hôpital de la Pitié-Salpêtrière diskutieren könnte. Pitié-Salpêtrière ist seit dem späten 19. Jahrhundert Frankreichs führende Klinik für Neurologie. Damals studierte dort Sigmund Freud bei Jean-Martin Charcot, dem »Napoleon der Neurosen«, der neben anderen Krankheiten als Erster Multiple Sklerose und Amyotrophe Lateralsklerose identifizierte und beschrieb. Ich rief in der Abteilung Neurologie an, stellte mich als Kardiologe vor und sagte, dass ich mit einem Neurologen sprechen wolle. Es war ein schwieriges Unterfangen, weil ich nicht direkt einen Namen nannte, und es erforderte mehrere Versuche und langes Warten in der Leitung, bis ich endlich mit einem Neurologen der Salpetrière verbunden wurde.
    Ich stellte mich vor. »Mein Name ist Dr. Ameisen. Ich bin Kardiologe. Ich habe einen Patienten, der frisch aus den Vereinigten Staaten gekommen ist. Er ist 48 Jahre alt und nimmt 180 Milligramm Baclofen täglich, wie von seinem Neurologen verschrieben, wegen Muskelproblemen. Was können Sie mir dazu sagen? Ist das nicht eine ziemlich hohe Dosis?«
    »O ja, eine viel zu hohe Dosis.«
    »Aha, aber mein Patient nimmt es seit zwei Jahren.« Ich nahm Baclofen seit zwei Monaten, aber ich dachte mir, ich könnte dem Neurologen einen viel längeren Zeitraum angeben und hören, was er dazu meinte. »Er ist nicht müde, er verträgt es gut, fühlt sich wohl, ist in guter Verfassung. Sollte ich die Dosis verringern?«
    »Ich habe noch nie gehört, dass jemand so viel nimmt.«
    »Kennen Sie irgendeine negative Wirkung?«
    »Hat er Muskelschwäche?«, fragte der Neurologe.
    »Nein, überhaupt nicht, er ist aktiv, joggt.« Ich beschrieb mein Sportprogramm zwischen zwei alkoholbedingten Abstürzen.
    »Ich weiß nicht. Wenn es ihm gut geht, sollte man es vielleicht so lassen. Aber ich habe so etwas noch nicht gesehen.«
    Diese Auskunft war nun überhaupt nicht die Entwarnung, die ich mir gewünscht hatte. Und der Neurologe hatte mir keinen Spielraum gelassen, meine Dosis über 180 Milligramm pro Tag zu erhöhen. Aber zumindest hatte er mir auch keine Warnzeichen genannt, auf die ich bei meinem imaginären Patienten aus Amerika hätte achten sollen. Ich beschloss, zunächst bei meiner Dosis von 180 Milligramm zu bleiben, weil es mir eindeutig guttat, und in nüchternem Zustand weiter online über Baclofen und seine Verwendung in der Suchtforschung zu recherchieren.
    Zur Sicherheit schrieb ich mit Rot auf die Rückseite meines französischen Personalausweises, dass ich 180 Milligramm Baclofen täglich wegen Muskeldystonie einnahm und das Medikament wegen möglicher Entzugserscheinungen nicht abrupt abgesetzt werden solle. Sollte ich im Rausch wieder stürzen und bewusstlos werden oder eine Zeit lang nicht mehr kommunizieren können oder sollte ich aufgrund eines anderen medizinischen Notfalls nicht in der Lage sein, mich mitzuteilen, würde das medizinische Personal wenigstens wissen, dass sie mir weiter Baclofen geben oder es langsam absetzen mussten.
    Aus demselben Grund war es auch wichtig, dass meine Ärzte wussten, dass ich Baclofen nahm. Ich sprach mit meinemAlkoholspezialisten und meinem Verhaltenstherapeuten und erzählte ihnen wahrheitsgemäß, wenn auch unvollständig, mein Neurologe in New York habe Baclofen wegen meiner Zuckungen der Wadenmuskulatur empfohlen. Dem Medikamentenhandbuch konnten sie entnehmen, dass die Lösung von Muskelverkrampfungen die Standardanwendung von Baclofen war, und verschrieben es mir bereitwillig mit dieser Indikation. Baclofen war

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