Das Erbe der Apothekerin - Roman
der enorm hohe Blutverlust«, erklärte sie dem mit leichten, kurzen Hosen über dem Arm zurückkehrenden Sekretär. »Natürlich weiß ich noch nicht, ob nicht vielleicht wichtige Organe durch die Stiche mit den Waffen getroffen wurden oder ob nicht Schläge auf den Kopf sich womöglich als tödlich erweisen könnten. Das sehe ich erst, wenn ich das viele Blut abgewaschen habe. Wo bleibt denn bloß das warme Wasser?«
»Wenn Ihr das Bedecken der Herren übernehmen wollt, werde ich in der Küche nachsehen«, bot der Sekretär an und übergab der jungen Frau die seidenen Unterhosen.
»Ja, tut das, Messer! Ich will inzwischen dafür sorgen, dass die hochwürdigen Herren so weit bekleidet sind, dass niemand daran Anstoß nehmen kann, wenn ich als Frau sie anfasse. «
Sie war gerade damit fertig, Don Emilio Sabattinis und Don Federigo Hidalgos Blöße zu bedecken, als Ser Ernesto und der Diener Daniele mit je zwei Eimern heißen Wassers die Treppe heraufkeuchten.
Magdalena deutete auf eine Waschschüssel, die neben dem Bett auf einem Tischchen samt Wasserkrug parat stand. »Wenn Ihr so gut wäret und diese Schüssel und den Krug mit Wasser füllt, dann könnte ich beginnen, die Herren zu waschen. «
Die beiden Bediensteten taten wie ihnen geheißen. Magdalena begann ihr Werk, indem sie erst ihre eigenen Hände sorgfältig wusch und sodann einen weichen Lappen ins Nass tauchte und behutsam anfing, das zerschlagene Gesicht des Kardinals zu reinigen. Mit aller Vorsicht entfernte sie die braunen Verkrustungen an Stirn, Nase und Wangen.
»Schaut her, auch am Kinn hat Seine Eminenz ordentlich etwas abbekommen. Aber das sieht mir eher nach Faustschlägen aus. Die hochwürdigen Herren scheinen sich ja wie betrunkene Bauern geprügelt zu haben! Darf man fragen, worum es bei der handfesten Auseinandersetzung überhaupt ging?«
Beide Männer sahen sich betreten an und schwiegen. Keiner wollte offenbar so recht mit der Sprache heraus.
»Ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, dass es sich dabei nicht um theologische Probleme gehandelt hat?« Magdalena dachte nicht daran, so schnell aufzugeben. Das hier roch geradezu nach einer ganz anderen Art von Auseinandersetzung …
Ser Ernesto räusperte sich schließlich. »Nun ja! Es verhielt sich folgendermaßen.« Er stockte erneut.
Dem Leibdiener dauerte das offenbar zu lange; er übernahm das Erklären: »Es ging um eine Dame.« Daniele flüsterte beinahe. »Die hohen Herren lieben sie beide, und die Dame selbst kann sich nicht entscheiden, wem von ihnen sie ihre Gunst schenken soll.
Da glaubten mein Herr, der Kardinal, und sein Kontrahent,
der Domherr, es sei das Beste, mannhaft um die begehrte Schöne zu kämpfen. Dem Gewinner dieses Duells sollte die Dame als Siegespreis angehören.«
»Gütiger Himmel! Was für eine romantische Idee! Aber leider auch eine äußerst lebensgefährliche. Ich kann nicht garantieren, dass Euer Herr oder der andere mit dem Leben davonkommen werden – von möglichen bleibenden Gesundheitsschäden einmal ganz abgesehen.«
»Ich bitte Euch nur, Donna, tut, was Ihr könnt. Alles andere liegt in der Hand Gottes.«
Der Sekretär bekreuzigte sich, und der Diener tat es ihm gleich. Fasziniert sahen sie zu, wie Magdalena die Verwundeten wusch, wobei diese das eine oder andere Stöhnen hören ließen. Immerhin ein Zeichen, dass sie noch lebten.
»Seht, Don Ernesto, dieser Schnitt am Oberarm des Kardinals geht beinahe bis auf den Knochen und muss unbedingt genäht werden. Seid so gut, und haltet Euren Herrn gut fest, wenn ich so weit bin. Falls er aus seiner Bewusstlosigkeit aufwachen sollte, wird er wie ein Wilder um sich schlagen! Und Ihr«, sie wandte sich an den Diener, »seid so freundlich und leert den Eimer mit der blutigen Brühe unten im Hof aus.«
»Jawohl, Donna, das mache ich. Gut, dass es finster ist, und man nicht mehr sieht, was es ist, was ich da hinter dem Stall auskippe! Ser Ernesto hat vorsichtshalber die Knechte vom Hof in ihre Quartiere geschickt. Die Leute wissen zwar nichts Genaues, aber dass etwas Ungewöhnliches vor sich geht, ahnen sie sehr wohl. Vor den neugierigen Domestiken kann man nichts verborgen halten.«
Beherzt griff er nach dem Kübel mit dem Blutwasser. Magdalena musste ein Schmunzeln unterdrücken. Daniele redete gerade so, als zählte er selbst sich nicht zur Dienerschaft. Sie wandte sich erneut den Verletzten zu.
»Nach der Riesenbeule zu schließen, die Euer Herr auf der Stirn hat, könnte es sich bei ihm
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