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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Kaufmannssohn entdeckte: Kein Sterbenswörtchen durfte ihr entschlüpfen. Und vielleicht würde es ihr ja wirklich gelingen, Konrad bald zu vergessen, wenn sie nur einen anderen Mann kennenlernte …
     
    Wenn die Vertreter der Kirche geglaubt hatten, mit der Verbrennung des Jan Hus sei Ruhe in Böhmen eingekehrt, irrten sie gewaltig. Die Auseinandersetzungen begannen noch während des Konzils, wie Papst Martin zu seinem Missvergnügen feststellte. Mit einem Machtwort seinerseits war der Friede keineswegs herbeizuzwingen.
    »Die Böhmen denken gar nicht daran, sich als Ketzerland verleumden zu lassen.«
    Julius Zängle musste zwar nicht mehr jeden Tag im Münster zum Dienst antreten, aber er erfuhr immer noch das meiste von den Geistlichen, denen er als unermüdlicher und loyaler Helfer im Gedächtnis blieb. »Die Böhmen schicken Tag für Tag neue Protestschreiben nach Konstanz. Unterschrieben sind sie von Herren des hohen und niederen Adels und von Professoren der Prager Universität«, berichtete er seiner Base beim gemeinsamen Frühstück.
    »Und wie reagieren die hohen geistlichen Herren hierzulande auf diese Provokation?«, erkundigte sich Magdalena interessiert, während sie noch einen kräftigen Schluck des erwärmten Bieres zu sich nahm. »Ich könnte mir vorstellen, dass die Konzilsherren den böhmischen Edelleuten nachsagen, sie wollten sich nur am Besitz der Kirche bereichern. «
    »So ist es, liebe Base. Bei manch einem mag das auch durchaus ein Grund sein. Aber man darf nicht übersehen,
dass der Kirche gut die Hälfte des gesamten böhmischen Grundbesitzes gehört. Und dass das manche der Adligen nicht so gut finden – wen wundert’s? Die antiklerikale Stimmung im Lande des Jan Hus steigt jedenfalls rapide an – sehr zum Missvergnügen des Heiligen Vaters.«
    »Im Kloster diskutieren die Brüder gleichfalls über die Böhmen. Dabei höre ich immer wieder von den Calixtinern, kann damit aber nichts anfangen. Weißt du darüber Bescheid, Vetter?«
    »Das ist ein ganz heißes Eisen, meine Liebe. Es geht dabei um die Forderung, dass nicht nur die Priester, sondern auch die Laien Christi Fleisch und Blut in der Messe zu sich nehmen dürfen. Die Kirche will ihnen aber nur die Hostie, also den Leib Jesu, zugestehen.
    In der Heiligen Schrift steht darüber nichts, aber die Kirche will an dieser Tradition festhalten, um damit den Priester höherzustellen als das einfache Kirchenvolk. Bischof Johann von Leitomischl, den sie den ›Eisernen‹ nennen, berichtete Papst Martin gleich nach seiner Krönung von der Verbreitung dieses ketzerischen Gedankengutes in Böhmen.
    Jetzt geht es bereits um die Existenz der Prager Universität. Das Konzil hat zuletzt beschlossen, dass kein Gläubiger in dieser Hochburg des Ketzertums studieren dürfe! Das beleidigt das Selbstbewusstsein dieser Hochschule, die Kaiser Karl IV. nach dem Vorbild der Sorbonne gegründet hat. Ich sehe jedenfalls keinen Frieden, sondern große Verwicklungen auf uns alle zukommen.«
    »Geb’ es Gott, dass du dieses Mal Unrecht hast, Vetter.«
    Magdalena seufzte und legte ihren Löffel nieder. Julius Zängle war bereits aufgestanden, und gleich darauf hörte sie die Tür schlagen. Wie immer verließ der Notar in blitzartiger
Geschwindigkeit das Haus. Auch für sie war es höchste Zeit, sich auf den Weg zu den Franziskanern zu machen. Aber aus irgendeinem Grunde trödelte sie heute herum. Betz hatte längst das Haus verlassen, aber die junge Frau fand immer wieder etwas, das sie noch unbedingt erledigen musste. Sogar Berta fiel das ungewöhnliche Verhalten der Apothekerin auf.
    »Habt Ihr Euch heute bei den Fratres einen freien Tag ausbedungen, Frau Lena?«, fragte sie, die Jüngere neugierig musternd. »Lasst das ruhig liegen; es ist schließlich meine Aufgabe, diese Dinge aufzuräumen.«
    Die Haushälterin deutete mit dem Finger auf den Wäschestapel, dessen einzelne Teile sie bereits geplättet und zusammengelegt hatte. »Vertraut mir getrost! Ich werde die Bettlaken wie gewohnt ordentlich im Schlafgemach des Herrn in der Truhe verstauen.«
    »Aber, liebe Berta, das weiß ich doch! Niemand kann die Wäschestücke so akkurat aufeinanderlegen, wie Ihr das zu tun pflegt. Ich will Euch keineswegs um Eure Arbeit bringen. Es ist nur so, dass es mir heute irgendwie davor graut, aus dem Haus zu gehen.
    Ich kann mir nicht helfen, ich habe ein ungutes Gefühl – weiß jedoch nicht, weshalb.«
    Die Haushälterin sah betroffen drein.
    »Fühlt Ihr Euch

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