Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
Vom Netzwerk:
sie auch nicht so recht, wie sie das Gehörte bewerten sollte.
    »Du darfst Magdalena zu mir sagen, Mariechen«, beeilte sie sich gleich darauf, die entstandene Pause zu beenden. »Ich wollte dich fragen, ob du vielleicht auch für mich hin und wieder etwas erledigen könntest? Nichts Schwieriges, nur Botengänge kreuz und quer durch die Stadt. Hin und wieder könntest du mich auch außerhalb der Stadtmauern beim Kräutersammeln begleiten. Na, was sagst du dazu? Ich würde dich natürlich dafür bezahlen, mein Kind.«
    »Oh! Das mache ich gerne! Da wird die Mutter sich aber freuen! Wir haben nicht viel. Und eine Familie mit sieben Personen braucht eine ganze Menge.« Das Mädchen setzte eine altkluge Miene auf.
    »Wir werden es so machen, Mariechen: Verkauf erst einmal deine Körbe auf dem Markt, dann gehst du heim und sprichst mit deiner Mutter. Wenn sie einverstanden ist, komm anschließend zur Apotheke der Klosterbrüder. Dort besprechen wir alles Weitere!«
    Ehe Magdalena sich’s versah, hatte die Kleine nach ihrer Hand gegriffen, sie an ihre Lippen geführt und einen Kuss darauf gedrückt. »Ich bin Euch ja so dankbar, Jungfer Magdalena! Ihr sollt mit mir zufrieden sein.«
    Die junge Frau atmete auf. Mit Widerständen von Seiten Barbaras rechnete sie nicht. »Als Erstes werde ich der armen Kleinen Schuhe besorgen und warme Winterkleidung«, nahm sie sich vor.

    Die Nation »Italica« – allerdings ohne Venedig – sorgte an diesem Tag für einen wahren Paukenschlag. Kurz und bündig stellte sie nämlich den Antrag, das Konzil schon nach der ersten Sitzung zu beenden, Johannes XXIII. als einzigen Papst anzuerkennen und gegen die »falschen Heiligen Väter« Gregor XII. und Benedikt XIII. gewaltsam vorzugehen.
    Wie von der Tarantel gestochen fuhr Kardinal d’Ailly in die Höhe und schrie: »Das ist allerschlimmste Ketzerei!« Seine Stimme überschlug sich beinahe, als er dagegen wetterte, dass irgendjemand auch nur den Gedanken ins Auge fassen könne, das Konzil abzuschließen, noch ehe überhaupt alle Teilnehmer eingetroffen seien.
    Leidenschaftlich propagierte er erneut sein – und Kardinal Fillastres – Konzept, dass das Konzil über den drei Päpsten stehe. D’Ailly machte dabei deutlich, dass auch ein Papst nicht gegen einen Glaubensirrtum gefeit sei, ja, er formulierte zum ersten Mal den Gedanken des »papstlosen Konzils«.
    Das war mächtiger Zündstoff, und nicht nur Zängles, nein, aller Augen richteten sich bei diesen häretisch klingenden Worten auf den einzigen anwesenden Stellvertreter Christi. Der Miene Johannes’ XXIII. war anzusehen, dass Seine Heiligkeit ernsthaft befürchtete, sein ohnehin bescheidener Einfluss auf das Konzil möge ihm völlig entgleiten.
    Der Vormittag war noch nicht vorüber, da vertagten sich die Teilnehmer bereits wieder. D’Aillys provokante Rede musste erst einmal verdaut werden. Hektisch unternahmen seine Gegner den Versuch, schnellstens Gegenargumente zu sammeln.
    Papst Johannes fühlte sich indes regelrecht krank. Nicht einmal die ausgezeichnete Mittagsmahlzeit, die man ihm im Hachberg’schen Palais vorsetzte, vermochte ihn aufzuheitern.
Obwohl er sich den mit Speckstreifen gespickten Rehschlegel mit der leckeren Rotweinsoße, den in Schmalz ausgebackenen Mehlklößchen und dem in viel Butter geschwenkten Kohlgemüse selbst ausgesucht hatte und der Leibkoch von Bischof Otto von Hachberg und seine Küchenbrigade ihr Bestes gegeben hatten, stocherte Seine Heiligkeit nur im Essen herum.
    Sogar die Nachspeise – ein köstliches Sorbet aus Pflaumeneis mit Zimtgebäck und viel geschlagener Sahne – fand seine Zustimmung nicht; dafür griff er umso häufiger nach dem Weinpokal. Bereits zum vierten Mal musste der Diener diesen bis zum Rand füllen.
    Besorgt erkundigte sich Don Severino nach dem Befinden seines Herrn.
    »Ich glaube, ich bin krank. Irgendetwas liegt mir schwer im Magen. Wer weiß, womit mich diese Idioten hier vergiftet haben«, kam es grämlich, wenn auch nicht gerade leise, aus dem Munde des Heiligen Vaters. Der Diener, der gerade begann abzudecken, wurde blass. Beinahe ließ er die Schüssel mit Schlagrahm fallen. Und der Küchenmeister, der in diesem Augenblick in der Tür zum Speisesaal auftauchte, um sich zu erkundigen, wie dem hohen Gast sein Essen gemundet habe, wäre am liebsten im Erdboden versunken. Kreidebleich stand der Ärmste da und wusste nicht, was er sagen sollte.
    »Er kann gleich wieder gehen«, kam ihm Don Severino zuvor und

Weitere Kostenlose Bücher