Das Erbe der Azteken
Verlust unschätzbar wichtiger Kontakte in der akademischen Welt. Indem sie meist mit offenen Karten spielten, waren Sam und Remi häufig leichte Ziele für jeden, der bereit und in der Lage war, die richtige Person am richtigen Ort zu schmieren.
Remi sagte: »Wir kennen die augenblickliche politische Lage. Welche Auswirkungen hat sie?«
»Sehr üble. Bleibt stets in der Nähe der Zivilisation und merkt euch, wo die Polizeistationen sind.«
»Das könnte ein Problem sein. Wir bewegen uns zurzeit ein wenig abseits der ausgetretenen Pfade.«
»Warum überrascht mich das nicht? Okay, habt ein wenig Geduld.« Die Verbindung verstummte für zwei Minuten, dann meldete Rube sich wieder. »Zuverlässigen Einschätzungen zufolge sind die Rebellen noch etwa eine Woche davon entfernt, einen großräumigen Angriff zu inszenieren, doch das schließt keinesfalls gelegentliche Scharmützel aus. Die meisten Städte im Umkreis von fünfzig Meilen um Antananarivo dürften sicher sein. Je größer, desto besser. Orientiert euch nach Süden, wenn möglich. Die Rebellen sammeln sich im Norden. Der Nachteil ist …«
»Rivera und seine Kumpane werden das Gleiche denken und genau diese Orte überwachen«, schloss Sam.
»Richtig. Ich wünschte, ich könnte euch eine bessere Hilfe sein.«
»Rube, du bist der Beste. Zweifle niemals daran. Wir melden uns, wenn wir in Sicherheit sind.«
Ihr nächster Anruf galt Selma, die aufmerksam zuhörte, ein paar Fragen stellte und dann sagte: »Ich kümmere mich darum«, und auflegte.
Jetzt studierte Remi die Landkarte, während Sam fuhr.
»Wir haben zwei Möglichkeiten«, sagte sie nach zwei Minuten. »Die eine ist, wir nehmen eine von einem Dutzend Straßen – ich meine das sehr weit gefasst –, die nach Süden führen oder in die Nähe von Antananarivo. Es gibt eine zweispurige Asphaltstraße, die im Osten um die Stadt herumführt und dort in die Route 7 nach Süden mündet.«
»Wie sehen die unbenannten Straßen aus?«
»Wie man es hier erwarten muss: bestenfalls Lehm und Schotter.«
»Je breiter die Auswahl, desto schwieriger wird es sein, unserer Spur zu folgen«, meinte Sam.
»Und wenn wir uns für die Route 7 entscheiden, verlängert sich unsere Fahrtzeit um sechs bis sieben Stunden. Womit wir erst lange nach Einbruch der Nacht am Ziel sind.«
»Ich stimme für die Asphaltstraße«, sagte Sam.
»Ich ebenfalls.«
»Anderes Thema … die Tatsache, dass Rivera ausgerechnet hier unsere Pässe markiert hat, dürfte doch eine Bedeutung haben.«
Remi nickte. »Die ist nicht schwer zu erraten. Sie wussten schließlich, dass es hier etwas zu finden gibt. Aber war es das Auslegerboot oder irgendetwas anderes oder noch mehr?«
»Das wissen wir in dem Moment, wenn uns klar wird, was sie überhaupt nach Madagaskar gelockt hat. Ich vermute, dass sie schon vorher hier waren und nicht gefunden haben, was sie suchten.«
»Was die Frage aufwirft: Wo sind sie sonst noch gewesen?«
Am späteren Nachmittag, hinter Moramanga und unterwegs nach Westen und ins Bergland, passierten sie Meile für Meile Reisfelder und fuhren durch Dörfer, deren Namen, wie Remi es beschrieb, »teils madagassisch und teils französisch mit einer Prise Italienisch« klangen: Andranokobaka, Ambodigavo, Ambatonifody …
Zehn Meilen östlich von Anosibe Ifody veränderte sich die Landschaft abermals und ging in tropischen Urwald, durchsetzt mit zerklüfteten braunen Bergen, über, die Sam und Remi an die Toskana erinnerten. Schroffe Felsformationen, die im Sonnenschein golden erstrahlten, erhoben sich über die Baumwipfel im Norden und Süden. Kurz nach fünfzehn Uhr stoppten sie an einer Jovenna-Tankstelle am Rand von Manjakandriana. Remi ging hinein, um eine Kleinigkeit zum Essen und Mineralwasser zu kaufen, während Sam die Benzinpumpe betätigte und den Tank füllte.
Einen Blick entfernt bog ein weißer VW-Passat der Polizei um eine Ecke und näherte sich der Tankstelle. Mit gemütlichen dreißig Stundenkilometern über die Straße bummelnd, wurde der Passat merklich langsamer, als er in Höhe des Range Rover gelangte. Nach ein paar Sekunden beschleunigte der Passat und rollte den Block hinunter, wo er am Straßenrand parkte. Durch das Heckfenster konnte Sam beobachten, wie der Fahrer etwas vom Armaturenbrett nahm und an seinen Mund hielt.
Remi kam mit vier Flaschen Wasser und ein paar Tüten Salzbrezeln heraus. Sam setzte sich wieder hinters Lenkrad.
»Du machst so ein besorgtes Gesicht«, stellte Remi
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