Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin
doch neugierig.
»Dass sie bereit sind, Gewalt anzuwenden, um sich ihre alte Macht zurückzuholen und jene, die vom Erzbischof eingekerkert wurden, zu befreien.«
»Du meinst, sie planen einen Aufstand gegen den Erzbischof?« Eberhard blickte Jacop ungläubig an. »Wer denn, um Himmels willen?«
Jacop zuckte die Achseln. »Das wurde nicht erwähnt, aber ich werde bestimmt bald mehr herausfinden. Außerdem hieß es, dem Erzbischof sei der Plan bereits bekannt, er warte nur darauf, den renitenten Geschlechtern die große Abrechnung zu präsentieren, so jedenfalls habe ich es läuten hören! Wichtig ist für unsere Bruderschaft nur, dass wir uns vorsehen müssen. Den Geschlechtern ist es ein Dorn im Auge, dass sie ihre Macht im Rat mit einfachen Handwerkern teilen müssen, nur weil es dem Erzbischof so gefällt. Sie ertragen es nicht, dass ein Mann wie du Schöffe ist, alle Welt weiß das. Gewiss sind sie schon dabei, feindliche Handlungen gegen die friedlichen Bürger dieser Stadt auszuhecken!«
Aufrechte Entrüstung spiegelte sich in Jacops Miene, doch Eberhard kam es so vor, als sei ein Teil davon nicht echt.
»Wer hat denn zu dir darüber gesprochen?«, fragte er misstrauisch. »Etwa einer der angeblichen Verschwörer? Die werden sich doch gewiss nicht ausgerechnet mit dir darüber unterhalten haben!«
»Nicht direkt mit mir, aber ich weiß es aus zuverlässiger Quelle. Es kam von jemandem, der in höchsten Kreisen verkehrt!«
Eberhard blickte ihn ärgerlich an. »Du wirst auf solches Hurengeschwätz hoffentlich nichts geben.«
Zu seinem Leidwesen hatte Anneke seine letzten Worte gehört. Sie kam durch die Pforte des Brauhauses auf die Gasse hinaus, und im nächsten Moment sah sie ihren Sohn dort stehen und stellte den naheliegenden Zusammenhang zwischen Eberhards Bemerkung und Jacops peinlich berührter Miene her.
Sie holte so tief Luft, dass sich der Stoff ihres Gewandes über ihrer Brust spannte. »Jacop. Du warst schon wieder dort.« Sie hob ihre kleine, aber sehr hart aussehende Faust. »Ab ins Haus mit dir. Sonst ereilt dich meine Strafe für deine schamlosen Lügen gleich hier draußen.«
Jacop beeilte sich, dem Befehl seiner Mutter Folge zu leisten.
Als er eine halbe Stunde später das Haus in Richtung Marspforte verließ, war er in gedrückter Stimmung, doch mit jedem Schritt, den er tat, kehrte sein üblicher Frohsinn zurück. Gleich würde er Appolonia wiedersehen, nichts anderes zählte, auch nicht die Strafpredigt seiner Mutter, obwohl sie ihm diesmal schlimmer zugesetzt hatte als sonst. Sogar Vater hatte am Ende Mitleid mit ihm gehabt, trotz seiner anfänglichen Neigung, mit Mutter ins selbe Horn zu blasen.
Jacop rieb sich die Wangen, sie brannten noch von Annekes Ohrfeigen. Allzu hart konnte sie nicht zuschlagen, schon deshalb nicht, weil sie nicht ihre Fäuste benutzte, sondern nur die flache Hand. Ochsenziemer oder Stock hatte sie auch in ihrer größten Wut noch nie gegen ihn eingesetzt, ebenso wenig wie gegen das Gesinde, hierfür fehlte ihr die nötige Erbarmungslosigkeit. Jacop wusste, woran das lag: Sie war eben eine Frau.
Deshalb gebrach es ihr in gewissen Belangen auch an Verstand. So konnte sie beispielsweise nicht zählen, jedenfalls nicht richtig. Sie wusste nie, wie viel Geld sie in ihrem Beutel hatte, zudem fehlte ihr die Übersicht, ob es sich um ganze, Halb- oder Viertelpfennige oder sonstige Kupferstücke handelte. Nur einmal hatte er übertrieben und die ganze Börse leergeräumt, das war ihr dann doch aufgefallen, aber sie hatte sofort die Magd beschuldigt, weil die sich schon vorher verdächtig gemacht hatte, indem sie sich ohne Erlaubnis Kuchen zu Gemüte geführt hatte.
Mit dem Geld war es ein Kreuz, irgendwie schaffte er es nie, genug davon beisammenzuhaben. Immer, wenn er glaubte, diesen unersprießlichen Zustand ändern zu können, wendete sich das Schicksal zu seinen Ungunsten. Von Madlens zehn Gulden etwa hatte Hermann ihm gerade mal einen einzigen abgegeben, obwohl ihm doch eigentlich die Hälfte zugestanden hätte. Doch Hermann war kein Mann, mit dem es sich gut verhandeln ließ. Ein falsches Wort, und er würde dafür sorgen, dass Appolonia nie wieder für ihn zu sprechen war.
Infolgedessen blieb Jacop nichts anderes übrig, als sich weiterhin bei seiner Mutter zu bedienen, denn der eine Gulden war auch schon wieder weg. Er hatte sich eine ganze Nacht mit Appolonia dafür gekauft, und von dem Rest hatte sie sich einen Ballen Seide gewünscht. Er war
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