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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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konnte weder widersprechen noch streiten.
    Das Wachhaus an der Brücke, wo sich für gewöhnlich drei Soldaten aufhielten, ein Pferdeknecht, der Zöllner und höchstens ein paar Durchreisende, wimmelte diesmal von Volk. Der Hexer zählte über dreißig Leichtbewaffnete in den Farben von Kaedwen und ein gutes halbes Hundert Schildträger, die entlang der niedrigen Palisade lagerten. Die meisten hatten sich am Feuer ausgestreckt, gemäß dem alten Soldatengrundsatz, dass man schläft, wann immer es geht, und aufsteht, wenn man geweckt wird. Jenseits des weit offenen Tores sah man ein Gewimmel – das Innere des Wachhauses war ebenfalls voller Menschen und Pferde. Auf dem schiefen Beobachtungstürmchen hielten zwei Soldaten mit schussbereiten Armbrüsten Wache. Auf der zerfahrenen, von Hufen zerwühlten Brückenrampe standen sechs Bauernwagen und zwei Packwagen von Kaufleuten, im Gatter aber beugte ein gutes Dutzend ausgespannte Ochsen die Köpfe trübsinnig über den mistbedeckten Morast.
    »Es hat einen Überfall gegeben. Auf das Wachhaus. Gestern Nacht«, kam der Wachtmeister der Frage zuvor. »Wir sind grad noch rechtzeitig zum Entsatz gekommen, sonst hättet Ihr hier nur verbrannte Erde vorgefunden.«
    »Wer waren die Angreifer? Räuber? Marodeure?«
    Der Soldat schüttelte den Kopf, spuckte aus, schaute zu Ciri und der im Sattel zusamengekrümmten Triss hin.
    »Geht in den Hof«, sagte er, »denn die Zauberin wird gleich vom Pferd fallen. Wir haben dort schon ein paar Verwundete, eine mehr macht keinen großen Unterschied.«
    In Hof lagen unter einem offenen Zeltdach ein paar Leute mit blutigen Verbänden. Etwas weiter, zwischen den Palisaden und einem hölzernen Ziehbrunnen, erblickte Geralt sechs reglose Körper, zugedeckt mit Sackleinwand, unter der nur die Füße in schmutzigen, abgetretenen Stiefeln hervorschauten.
    »Legt die Zauberin dort zu den Verwundeten.« Der Soldat zeigte auf das Zeltdach. »Ach, Herr Hexer, das ist wirklich ein Pech, dass sie krank ist. Ein paar von uns hat’s im Kampfe erwischt, wir würden magische Hilfe nicht verschmähen. Bei einem, dem wir einen Pfeil herausgezogen haben, ist die Spitze in den Eingeweiden stecken geblieben, bis zum Morgen wird uns der Bursche das Zeitliche segnen, da könnt Ihr Gift drauf nehmen  ... Und die Zauberin, die ihn retten könnte, wird selber vom Fieber geschüttelt, sucht Hilfe bei uns. Zur Unzeit, wie gesagt, zur Unzeit  ...«
    Er verstummte, als er sah, dass der Hexer den Blick nicht von den zugedeckten Körpern wandte.
    »Zwei von der hiesigen Wache, zwei von unseren und zwei  ... von denen«, sagte er und hob einen Zipfel des hart gewordenen Stoffes. »Schaut, wenn Ihr wollt.«
    »Ciri, geh beiseite.«
    »Ich will es auch sehen!« Das Mädchen beugte sich hinter ihm vor, betrachtete mit offenem Munde die Leichen.
    »Geh weg, bitte. Kümmere dich um Triss.«
    Ciri schnaubte unwillig, gehorchte aber. Geralt trat näher.
    »Elfen«, stellte er fest, ohne seine Verwunderung zu verhehlen.
    »Elfen«, bestätigte der Soldat. »Scioa’tael.«
    »Wer?«
    »Scioa’tael«, wiederholte der Soldat. »Waldbanden.«
    »Eine sonderbare Bezeichnung. Das heißt, wenn ich mich nicht irre, ›Eichhörnchen‹?«
    »Ja, Herr. Genau das heißt es. So nennen sie sich selbst in der Elfensprache. Die einen sagen, weil sie manchmal Eichhörnchenschwänze an Mützen und Kappen tragen. Andere wieder, weil sie im Walde hausen, sich von Nüssen ernähren. Man hat immer mehr Scherereien mit denen, sag ich Euch.«
    Geralt schüttelte den Kopf. Der Soldat breitete wieder den Stoff über die Leichen, wischte sich die Hände an der Jacke ab.
    »Kommt«, sagte er. »Was sollen wir hier stehen, ich bring Euch zum Kommandanten. Mit der Kranken wird sich unser Berittführer befassen, wenn er kann. Er versteht Wunden auszubrennen und zu nähen, Knochen einzurenken, da kann er vielleicht auch Arzneien mischen, wer weiß, das ist ein Bursche mit Köpfchen, ein Gebirgler. Kommt, Herr Hexer.«
    In der Hütte des Zöllners, die verqualmt war und schummrig, war gerade eine lebhafte, laute Diskussion im Gange. Ein kurz geschorener Ritter in Kettenhemd und gelbem Überwurf schrie auf zwei Kaufleute und einen Vogt ein, während der Zöllner mit bandagiertem Kopf und ziemlich gleichgültiger und trübsinniger Miene zuschaute.
    »Ich habe nein gesagt!« Der Ritter hieb mit der Faust auf den wackligen Tisch und richtete sich auf, um den Ringkragen auf der Brust zurechtzurücken. »So

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