Das Erbe der ersten Menschheit (German Edition)
herausgefunden hatte. Thomas ging dort öfter mal einen Kaffee trinken, weniger wegen des Geschmacks, sondern mehr wegen Hilda. Er musste nur auf einen dieser Punkte klicken und erhielt sofort die Handykennung und die Daten seines Besitzers. Hilda hatte gerade Dienst, was bedeutete, dass der Punkt sich kaum bewegte. Sie gefiel Thomas außerordentlich gut, und er wüsste zu gerne, ob sie einen Freund hatte.
Thomas stellte die Zeit im Programm zurück und ließ es im Zeitraffer die letzten drei Tage abspielen. Dabei blendete er die blauen Punkte aus, weil er sonst nur ein wildes Herumgewirbel sehen würde. Vor exakt drei Tagen war Hilda auch im Starbucks gewesen. Um 18:00 Uhr begann der Punkt zu wandern. Hilda ging shoppen. Dann fuhr sie mit der Elektrobahn in ein Wohngebiet, blieb dort 85 Minuten und fuhr wieder ins Flughafen-Center. Thomas rief die Ortsbezeichnung ab.
„Aha, sie geht ins Kino“, murmelte er.
Das musste noch nicht viel bedeuten, wichtiger war die Zeit danach.
Thomas blendete die Punkte im Umkreis von zehn Metern um Hildas Handy ein. Einer war ganz nah dran. Seine Laune sank um etliche Grad - aber es konnte auch bloß eine Freundin sein oder nur ein Zufall.
Er verfolgte die beiden Punkte. Sie fuhren gemeinsam ins Wohngebiet, dann bewegten sie sich lange Zeit nicht mehr. Das war schlecht.
Thomas ließ sich die Handydaten anzeigen. Birger Fergusson, auch ein Schwede. Das sah nicht gut für ihn aus. Er markierte Birgers Handy ebenfalls und beobachtete den Verlauf im Zeitraffer. Morgens trennten sich die Punkte. Birger arbeitete ebenfalls am Flughafen, aber bei der Gepäckabfertigung. Mittags trafen sie sich kurz, um sich dann wieder zu trennen und dann den nächsten Abend und vor allem die Nacht wieder gemeinsam zu verbringen. Das Ganze wiederholte sich noch einmal.
„Scheiße.“
Er wollte sich gerade ein Foto von diesem Fergusson und weitere Daten heranholen, als Howard Bedford seinen Stift fallen ließ. Das vereinbarte Zeichen, wenn der Boss kam.
Thomas schaltete blitzschnell in die normale Sicht, die sein Arbeitsplatz zeigen sollte.
„Haslow“, kam die vertraute, aber nicht beliebte Stimme von schräg hinten.
„Jawohl, Sir“, sagte Thomas und drehte sich um. Da stand Peter Willows mit seinem leicht birnenförmigen Körper und der streng gescheitelten Frisur. „Was kann ich für Sie tun?“
„Haben Sie Professor Hawker auf dem Schirm?“
„Nein, Sir. Er ist wieder verschwunden, wie die letzten Tage auch.“
„Zeigen Sie es mir.“
Thomas wusste, was sein Chef wollte und hatte die Sequenzen in einer Extradatei bereits zusammengestellt. Er teilte den großen Bildschirm in vier Bereiche und ließ die entscheidenden Szenen aus den vier vergangenen Tagen ablaufen.
„Sein Signal verschwindet immer am gleichen Punkt. Wir können also ausschließen, dass sein Akku mal zufällig den Geist aufgegeben hat.“
„Was befindet sich dort?“
„Ein Aufzug, Sir. Ich habe schon jemand hingeschickt, der sich die Lokation ansieht. Es gibt dort auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches zu entdecken, jedenfalls nichts, was das Verschwinden des Signals erklären würde. Mehr habe ich nicht unternommen, um Ihre Anweisungen abzuwarten.“
Nach mehreren Abhörskandalen war man vorsichtig geworden. Das galt erst recht, seit alle Welt dachte, die Zeiten hätten sich geändert und Geheimdienste wären überflüssig.
Willows‘ Gesicht nahm für eine Sekunde einen zufriedenen Ausdruck an. „Gibt es weitere Signale, die an dieser Stelle verschwinden? Oder sonstige Anomalien?“
„Keine, Sir.“
Willows sah wieder gewohnt ernst aus. Bei weiteren Signalen, die verschwanden, hätte man sehr schnell ein Beziehungsgeflecht aufgedeckt, aus dem man eine Menge Rückschlüsse hätte ziehen können. Außerdem hätten sie mehr Ansatzpunkte für Beobachtungen gehabt. So blieb nur der Professor, und der war nun mal der bedeutendste VIP in Lantika.
„Beobachten Sie weiter“, sagte Willows, während er sein Handy aus der Tasche zog. „Erstellen Sie eine Kontaktmatrix und ein Bewegungsmuster von Hawker.“
Willows drehte sich um und ging. Thomas hörte noch, wie er in sein Handy sprach. „Ich will einen detaillierten Bauplan und die Luftaufnahmen der Bautätigkeit von Block C1.“
24.
Das Team wartete bereits auf Professor Hawker. Neuigkeiten „von oben“ waren begehrt, denn sie hatten keinen eigenen Zugang zu Informationen. Kein Internet, kein Handy. Das war der Preis für die Aussicht, ganz
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