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Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Moment inne, bevor sie fortfuhr: »Ich werde deinem Vater gehorchen, so wie du deinem zukünftigen Gemahl gehorchen wirst. Auch wenn du nicht immer mit allem einverstanden bist, was er entscheidet. Und jetzt komm. Ursula wartet in der Badestube.«
    Damit schob sie ihre Tochter in Richtung Treppe und folgte ihr in die Halle hinab über den Hof bis zur Tür der Badestube, aus der bereits der schwere Duft von Rosenöl und Lavendel ins Freie strömte. »Ich bin bald wieder zurück. Dann werde ich dir alles erklären.« Ohne auf eine Erwiderung zu warten, zog sie die Tür auf und bugsierte Brigitta in das vernebelte Innere, das von vier großen Kerzenleuchtern und mehreren Öllämpchen erhellt wurde. Über der Feuerstelle im hinteren Teil des Schuppens hing ein großer Wassereimer, dessen Inhalt die in ein knöchellanges, weißes Gewand gekleidete Ursula soeben mit dem Finger auf seine Temperatur hin überprüfte.
    »Es ist gleich so weit«, informierte sie die unbeweglich auf der Stelle verharrende Brigitta, deren Blick zu den auf einem Badetuch ausgebreiteten Werkzeugen wanderte. Ordentlich nebeneinander aufgereiht blitzten dort mehrere breite Klingen, Pinzetten und Scheren im Schein der Kerzen.
    »Zieh dich aus«, forderte Ursula sie auf und verstaute ihr offenes Haar in einem Netz. »Dann kann ich dich waschen.« Wenngleich die Magd ihr diesen Dienst schon mehr als hundert Mal erwiesen hatte, überfiel Brigitta unvermutet solche Scham, dass sie am liebsten weggelaufen wäre. Beklommen nestelte sie an den Schnürungen ihrer Fucke, löste den Schleier aus ihren Locken und drehte an Ringen und Armbändern, ehe sie diese bedächtig auf einer der Holzbänke ablegte.
    »Komm schon, trödel nicht so«, ermahnte Ursula sie und half ihr aus dem ockerfarbenen Untergewand, bevor sie sie mit einem groben Schwamm von oben bis unten einseifte. Daraufhin ließ sie die fröstelnde junge Frau stehen, hievte den Eimer mit dem heißen Wasser von seinem Haken und schüttete das dampfende Nass in den Bottich. Nachdem sie noch eine Handvoll Blütenblätter dazugegeben hatte, reichte sie Brigitta die Hand und half ihr, auf der Sitzbank im Zuber Platz zu nehmen.
    »Du Glückliche sollst verheiratet werden«, schnatterte Ursula, ohne die Beklemmung der anderen zu bemerken. »Wie ich dich beneide!« Mit kräftigen Strichen massierte sie Brigittas Rücken, bis dieser brannte, schäumte ihr Haar ein und wusch sie am ganzen Körper. »Dann kannst du jeden Tag mit deinem Mann verkehren!« Der breite Mund der Magd verzog sich zu einem lüsternen Lächeln, und bevor Brigitta antworten konnte, goss sie ihr einen Eimer lauwarmen Wassers über den Kopf. »Ich habe vor ein paar Tagen den neuen Gesellen besucht«, plapperte Ursula weiter und griff nach einem grobzinkigen Kamm, um Brigittas Haar zu ordnen. Als dieses so glatt wie möglich auf ihrem Rücken klebte, wandte sich die Magd ab und angelte mit einer eisernen Zange einige heiße Steine aus dem Feuer, die sie in den Kasten unter einer der langen Holzbänke legte. »Er ist einfach traumhaft!«
    Brigitta, die sich allmählich von ihrer Lähmung erholte, schüttelte den Kopf, wrang das Haar aus und erhob sich. »Du solltest nicht so mit deinen Eroberungen prahlen«, schalt sie – wider Erwarten erbost. Wenngleich ihr der junge Mann eigentlich vollkommen gleichgültig war, verletzte es sie, dass sie sich offensichtlich in ihm getäuscht hatte. Wie hatte sie auch so töricht sein können anzunehmen, er sei anders als all die anderen Männer? Und das, obwohl sie ihn erst kurz zu Gesicht bekommen hatte. Sie nahm Ursula das Badetuch ab und wickelte sich darin ein, bevor sie aus dem Bottich stieg. »Ich vermute, er hat dir ewige Liebe geschworen«, setzte sie spitz hinzu und legte sich auf die Bank, die von den heißen Steinen auf eine angenehme Temperatur aufgeheizt wurde.
    »Aber nein!«, prustete Ursula und griff nach einem der Schermesser. »Er weiß ja nicht einmal, dass ich es war.«
    »Na, dann solltest du es ihm schleunigst mitteilen«, versetzte Brigitta kühl. »Aber sieh zu, dass mein Vater dich nicht dabei erwischt. Der hat nämlich geschworen, dass er dich rauswirft, wenn du nicht die Finger von seinen Männern lässt.«
    Der Schreck, der sich auf Ursulas Gesicht abzeichnete, erfüllte sie mit einer seltsam warmen Befriedigung. Warum regte sie sich überhaupt darüber auf? Und wo war diese Lüge so schnell hergekommen?, fragte sie sich, während die Magd das Messer einölte. Wie all die

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