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Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Ernennung Eures Schwagers zum Werkmeister! Wie viel hat er Euch dafür geboten?«
    Neugierig presste Ortwin sich näher an die Wand, um das Gespräch zu belauschen.
    »Wie könnt Ihr es wagen, so etwas zu behaupten?«, konterte ein Tenor, den Ortwin als den Heinrich von Husens, des aalglatten Bauverwalters, erkannte. »Ihr solltet achtgeben, was Ihr sagt!«
    »Ich bitte Euch«, mischte sich ein dritter Mann ein, dessen Anwesenheit einen Schleier des Hasses über Ortwins Augen zog. »Es bringt doch nichts, sich auf der Straße zu streiten wie unmündige Knaben.« Ein Schnauben bekundete Protest. »Warum wartet Ihr nicht ab, wie der Rat entscheidet?«
    »Weil ein Großteil dieser Narren sich von diesem Herrn hier um den Finger wickeln lässt!«, brauste Heinrich von Husen auf – zweifelsohne mit einer anklagenden Geste Ulrich gegenüber. »Mir Vetternwirtschaft unterstellen, aber selbst nicht nur zwei Söhne, sondern auch einen Schwiegersohn auf der Baustelle beschäftigen!«, erboste er sich weiter. »Genügen die Unfälle nicht, um Euch aufzurütteln? Müsst Ihr erst Leid und Elend über die ganze Stadt bringen? Überall kehrt die Pest zurück. Was, wenn der Herr Euren Hochmut damit geißeln will, dass er auch die Ulmer wieder mit diesem Fluch belegt?« Die Stimme des Bauverwalters drohte zu kippen.
    Ortwin verzog verächtlich die Oberlippe. Was für ein Feigling!
    »Ich bitte Euch, von Husen«, mischte sich der dritte Mann erneut ein. »Der Rat wird entscheiden. Wer am lautesten vernehmbar ist, hat nicht unbedingt immer recht.« Sein Tonfall troff vor Zynismus.
    Das Rascheln von Gewändern und ein gemurmelter Fluch verrieten das erzürnte Abrauschen des Verwalters, und als die beiden verbleibenden Männer aus dem Portal in die Sonne traten, drückte Ortwin sich noch weiter an die Mauer.
    »Ich danke Euch, Gerhard«, sagte Ulrich von Ensingen mit einem wohlwollenden Blick auf seinen etwa vierzigjährigen Begleiter. »Ihr seid ein wahrer Freund. Ich denke, ich werde meine Entscheidung nicht bereuen.«
    Diese Worte lösten eine neuerliche Lawine des Abscheus in dem heimlichen Beobachter aus, der dem Nebenbuhler am liebsten den Schädel zerschmettert hätte. Also waren die Bedenken des Geldverleihers begründet gewesen. Allem Anschein nach plante Ulrich tatsächlich, seine Tochter diesem alten Bock zur Frau zu geben! Ortwins Wut vermischte sich mit blinder Verlustangst. Zwar hatte er alles in die Wege geleitet, um den Fall des Widersachers herbeizuführen, doch erschien ihm diese Maßnahme im Licht der soeben belauschten Unterhaltung nicht als ausreichend.
    Mit unsicherer Hand wischte er sich dicke Schweißtropfen von der Stirn. Er würde dafür sorgen, dass Meister Gerhard – sollte Ortwins Intrige fehlschlagen – das Gut, das Ulrich ihm anzubieten hatte, nicht mehr begehren würde. Und das war am einfachsten dadurch zu erreichen, dass er sein Revier schon vor der Hochzeit markierte. Ein kaltes Lächeln kehrte auf sein Gesicht zurück. Sobald sich die Möglichkeit bot, würde er die Ware kosten und somit für andere unattraktiv machen. Und sollte Gerhard dann wider Erwarten immer noch im Rennen um die Hand der schönen Brigitta sein, dann würde Ortwin empört mit dem Finger auf sie zeigen und sie der Unzucht mit dem Gesellen Gunner bezichtigen. Ein zufriedenes Glucksen stieg in ihm auf. Sollte es zum Äußersten kommen, würde er darauf bestehen, dass die Jungfräulichkeit der Braut durch eine Hebamme überprüft wurde, um sich dann als großherziger Retter der Gefallenen anzubieten. Was zweifelsohne die Mitgift noch weiter in die Höhe treiben würde! Mit neuerlich beschwingtem Schritt machte er sich auf den Weg zu seinem neuen Heim, um weiter über seinen Plan nachzudenken.

Kapitel 12

    Ulm, Anfang Juni 1368

    Der Montagmorgen graute feurig orange. Gähnend schälte Wulf sich aus dem verwickelten Laken, das er trotz der Hitze irgendwann in der Nacht über sich gezogen hatte. Vier Tage waren seit seiner Rückkehr aus Donzdorf vergangen, doch der nächtliche Besuch hatte sich nicht wiederholt. Nachdem er am Anfang gehofft hatte, dass es sich bei der liebeskundigen Dame um Brigitta gehandelt haben könnte, hatten ihn die anzüglichen Blicke der Magd Ursula bald die Wahrheit erahnen lassen. Während die Tochter des Hauses ihm gegenüber weiterhin eine hochmütige und gleichgültige Miene aufsetzte, verriet das vertrauliche Zwinkern der Magd, dass sie es gewesen sein musste, die ihn beglückt hatte. Wie sehr er sich

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