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Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)

Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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»L ass sie, wo sie ist! Es kann kein Zufall sein, dass sie genau so zur Erde gekommen ist und der Schattenvogel wieder fortzog.«
    Inzwischen halfen zwei andere Fußsoldaten– ein Oger und ein Mensch– dem Hochkönig auf. Jubel brandete auf den Wehrmauern auf. Erst zögernd, dann immer lauter. Orfon hatte ihnen anscheinend Mut gemacht. Obwohl ihm die Knie zitterten und er sich vor Schwäche kaum auf den Beinen halten konnte, wankte er zu jener Stelle hin, an der die Lanze noch immer im Boden steckte.
    »N iemandem außer Euch gebührt es, sie zu tragen, mein Hochkönig«, sagte einer der Soldaten.
    Als Orfon die Waffe dann an sich nahm, wurde der Jubel von den Mauern schier ohrenbetäubend. Mit letzter Kraft reckte Orfon die Waffe empor.
    Viel zu früh für einen Triumph, ging es ihm durch den Kopf.
    Als man ihn dann durch das Haupttor führte, sah Orfon, dass ein halbes Dutzend Oger, unterstützt von mehreren Waldriesen, damit beschäftigt waren, den Kadaver des Kriegselefanten aus dem Weg zu räumen, um das Fallgatter schließen zu können.
    Offenbar hatte es keine andere Möglichkeit gegeben, als das Tier zu töten, bevor es wie ein gepanzertes Monstrum durch die engen und überfüllten Straßen der Stadt getobt wäre.
    Haraban hielt sich währenddessen in den ausgedehnten und gut geschützten Gemächern innerhalb der inneren Burg von Gaa auf. Der über tausendjährige, durch Magie auf monströse Weise veränderte Waldkönig hatte auf einem thronähnlichen Stuhl Platz genommen. Sein holzig wirkendes Gesicht mit den moosigen Augenbrauen und Haaren wirkte vollkommen erstarrt. Beinahe wie Schnitzwerk. Schon eine ganze Weile saß er so da, versunken in den Erinnerungen seines überlangen Lebens. Eines Lebens, das er der Magie verdankte, die ihn zu einem so über die Maßen mächtigen Herrscher gemacht hatte. Aber der Preis dafür war hoch…
    Den Verlauf der Zeit, dachte er, werde ich früher oder später so ähnlich empfinden, wie es die Elben tun. Das ist die unausweichliche Folge dessen, was ich getan habe. Ein Mensch war er schon lange nicht mehr. Eher schon ein groteskes Mischwesen aus Baum und Mensch. Und ein Elb hat wenigstens andere, die ihm ähnlich sind. Ich hingegen bin der Einzige meiner Art. Der einzige Immerwährende Herrscher. Der einzige Waldkönig. Der einzige und unvergleichliche Haraban.
    Vor dem Waldkönig, der sich mit Vorliebe als der Immerwährende Herrscher titulieren ließ, stand ein Becher auf dem Tisch. Darin war ein Trunk, der einen stechend riechenden Geruch und grünlich schimmernde, im Halbdunkel des Raumes leuchtende Dämpfe verbreitete, die ihm in wabernden Schwaden entgegenzogen.
    »M ein König«, wisperte in diesem Augenblick die Stimme seines Kanzlers Welbo.
    Obwohl der Halbling aus dem Stamm von Brado dem Flüchter nach Menschenart Schuhe zu tragen pflegte, waren seine Schritte nicht zu hören gewesen. Der Immerwährende Herrscher erwachte aus seinem tranceähnlichen, gedankenverlorenen Zustand. Er wandte den Blick in Richtung des Kanzlers, dann griff er nach dem Becher und nahm einen Schluck daraus. Haraban schloss die Augen für einen Moment und wirkte anschließend wacher und aufmerksamer.
    »W as wollt Ihr mir melden, Kanzler?«, fragte Haraban.
    »D ie Leute jubeln dem Hochkönig zu. Er hat die Magische Lanze erhoben, von der Lirandil behauptet, dass einst Tarmon von Nalonien sie trug…« Welbo sprach nicht weiter. Das holzige, wie geschnitzt aussehende und im Übrigen ziemlich starr wirkende Gesicht des Waldkönigs zeigte keinerlei Regung. Er sah seinen Kanzler lediglich mit einem deutlich sichtbaren Anteil an Erstaunen an.
    »D ie Lanze ist sein Herrschaftszeichen! Ich verstehe nicht, weshalb Ihr mir etwas berichtet, was ganz selbstverständlich sein sollte«, erwiderte der Waldkönig.
    »S ie sagen, dass Orfon den Schattenvogel mit der Magie der Lanze vertrieben hätte«, berichtete Welbo stockend. »I ch dachte, das solltet Ihr wissen.«
    Der Waldkönig schloss die Augen und lehnte sich zurück, nachdem er einen weiteren Schluck aus seinem dampfenden Becher genommen hatte. »I ch habe an dieser Lanze keine Magie feststellen können, und ich bin überzeugt, dass sie auch keineswegs mit irgendwelchen Kräften aufgeladen wurde, die jetzt in ihr schlummern könnten.«
    »E in gewöhnliches Stück Eisen mit einem Holzschaft daran?«, vergewisserte sich Welbo, der wohl seinen abstehenden Halblingohren kaum zu trauen wagte.
    »Ö ffentlich würde ich diese Worte niemals

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