Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)
magischen Zeichen bemalten Blöcken aus geschliffenem Gestein grenzte diesen Bereich vom Rest des Platzes ab. Waffenknechte in Harnisch und Livree waren dort postiert. Mit Hellebarde und Schwert ausgerüstet waren sie dazu abgeordnet worden, den Turm zu bewachen.
Es gab einen kleinen Menschenauflauf. Der Blick war auf die Turmwand gerichtet. Arvan blinzelte, weil das Leuchten des Turms zuerst zu gleißend war, um Einzelheiten erkennen zu können. Er musste sich mit der Hand dagegen schützen.
Ziemlich verzweifelte Rufe drangen vom Turm herüber, die recht kläglich klangen.
Arvan blinzelte, und jetzt erst sah er den Mann, der mit dem Rücken offenbar fest an der Mauer haftete, als ob irgendeine Kraft ihn gegen den Stein presste. Die Arme waren ausgebreitet, und die Fußspitzen schwebten in einer Höhe über dem Boden, die ungefähr der Länge von Arvans Beschützer entsprach.
»W as müssen meine scharfen Dunkelalbenaugen da auf der Stirn dieses Unglücklichen sehen?«, meinte Brogandas spöttisch. »D ie Stirnfalte eines thuvasischen Magiers.«
»I st das dieser Seldos von Thuburg?«, entfuhr es Arvan.
»I ch sagte doch, dass wir getrost erwarten können, dass Seldos vor uns in Asanilon ist«, meinte Lirandil.
Der Fährtensucher stieg vom Pferd. Arvan folgte seinem Beispiel– und danach auch die anderen.
»D er Elb scheint noch einiges über diesen Turm und seine Eigenschaften zu wissen, was er uns bisher nicht gesagt hat«, wandte sich Borro an Arvan.
»G anz geheuer ist mir das alles nicht«, murmelte Neldo.
Einer der bewaffneten Wächter trat Lirandil entgegen, als dieser mit großer Selbstverständlichkeit zwischen den Felsblöcken hindurchschritt, die den inneren Kreis markierten. Sein Pferd zog er dabei hinter sich her. Einen Moment lang scheute es etwas. Es spürte vielleicht die Magie, aber Lirandil fuhr mit einer Handbewegung über den Kopf des Tieres, woraufhin es sich sofort beruhigte. Er bewegte dabei die Lippen, so als würde er eine Formel sprechen. Allerdings waren seine Worte so leise, dass weder Arvan noch die Halblinge oder Whuon sie zu hören vermochten.
»I hr könnt hier nicht weiter«, sagte der Wächter.
»I ch kann sehr wohl– und ich werde auch!«, widersprach Lirandil.
»D amit es Euch so geht wie dem armen Hund da vorn, der schon seit zwei Tagen an der Mauer hängt, ohne dass ihm jemand zu helfen vermag?«
»M ir wird das nicht geschehen…«
»T rotzdem– es gibt Gesetze in Asanilon. Und die besagen, dass niemand den Steinkreis…«
»S ie besagen, dass König Candric von Beiderland Euer oberster Herr ist. Und ich habe einen gesiegelten Brief, der mir erlaubt, im Hinblick auf den Turm alles zu tun, was mir beliebt!« Lirandil holte das Dokument unter seinem Wams hervor und gab es dem Soldaten, der es stirnrunzelnd betrachtete. »D as Königssiegel erkenne ich, aber…«
»L esen kannst du nicht? Dann hol deinen Hauptmann!«
Doch der kam schon von selbst, gut erkennbar an der breiten roten Schärpe über dem Harnisch, in die das Stadtwappen von Asanilon eingestickt war. Dieses Wappen zeigte unverkennbar den Turm. Begleitet wurde er von zwei weiteren Soldaten, deren Hände bereits an die Schwertgriffe fassten.
»G ibt es Ärger?«, fragte der Hauptmann in einem sehr breit gesprochenen Relinga, wie es für den Dialekt Transsydiens wohl typisch war.
Der Soldat, der Lirandil entgegengetreten war, gab seinem Hauptmann das Dokument, und dieser las es sich stirnrunzelnd durch.
»D avon abgesehen habe ich auch noch ältere Rechte, was das Betreten dieses Turms betrifft«, sagte unterdessen der Elb. »I ch bin Lirandil der Fährtensucher, und meinen Namen sollte man auch hier im Turmland durchaus kennen.«
»W er auch immer Ihr seid«, sagte der Hauptmann. »I hr seht ja, was mit denjenigen geschieht, die die Gesetze missachten.« Er deutete auf den an der Wand hängenden Thuvasier. »N icht einmal in den Kerker können wir den Kerl dort stecken, wie er es verdient hätte, denn niemand kommt zu ihm, es sei denn, er wollte Gefahr laufen, selbst in den Einfluss der Kräfte zu geraten, die in dem Turm schlummern.«
»W ie gesagt, ich bin Lirandil der Fährtensucher, und mir macht das nichts aus.«
»E uren Namen habe ich nie gehört«, sagte der Hauptmann. »A ber dieser Brief scheint echt zu sein, und Ihr habt offenbar beste Beziehungen zu unserem König.« Der Hauptmann gab Lirandil das Dokument zurück.
Der Elb steckte es zurück unter sein Wams. »A nscheinend ist es
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