Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)
zurückgegangen war. »U nd davon abgesehen solltet Ihr inzwischen auch erkannt haben, dass die Kräfte, die Euch binden, Euch nur umso stärker festhalten, je mehr Ihr Euch gegen sie wehrt.«
Der Gesichtsausdruck des Magiers drückte nichts anderes als pure Verzweiflung aus.
»D ann sagt mir, was ich tun soll!«, rief Seldos.
»W ir werden sehen, ob es möglich ist, Euch zu helfen«, erwiderte Lirandil kühl. Er wandte sich an Brogandas. »V ielleicht schlägt jetzt die Stunde, in der wir auf Eure Hilfe angewiesen sind, Brogandas!«
»W enn es die Kunst der Dunkelalben so einfach machen würde, diese magische Versiegelung zu lösen, dann hätte es sicher bereits einer von ihnen versucht, nehme ich«, meinte Arvan.
Brogandas wandte Arvan einen Blick zu. »M ag sein«, sagte er. »A ndererseits ist auch Asanils Magie letztlich nichts anderes als Elbenzauber. Ich könnte mir denken, dass bis jetzt noch niemand aus Albanoy überhaupt auf den Gedanken gekommen ist, dass in diesem leuchtenden Gemäuer überhaupt etwas von Wert zu holen sein könnte.«
»N un, wenn Ihr das sagt…«
»A ußerdem verachtet man bei uns in Albanoy jeden Dieb. Sich etwas in aller Heimlichkeit anzueignen ist ein Zeichen der Schwäche– und Schwäche verachten wir.«
»G laubt Ihr, dass Ihr die Versiegelung lösen könnt?«, fragte Lirandil.
»I ch werde es versuchen«, versprach Brogandas. Er wandte sich noch einmal an Arvan. »I ch gehe das Risiko ein, so zu enden wie dieser verachtenswerte Dieb dort oben, und ich hoffe, dass ich diesmal nur mit der Magie dieses Turms zu kämpfen habe und mir nicht auch noch ein gewisser junger Heißsporn hinterher an den Kragen geht.«
»S eid unbesorgt, Brogandas«, antwortete Arvan.
Es war das erste Mal, dass sie seit ihrer Auseinandersetzung miteinander sprachen.
Brogandas trat vorsichtig an das Gemäuer des Turms heran. Eine Tür war nirgends zu sehen, und es schien auch keine Fenster zu geben. Aber das konnte auch eine Illusion sein. Seldos von Thuburg stöhnte indessen auf. Aber weder vor Schmerz noch aufgrund seiner misslichen Lage, sondern weil ihm nun wohl zu dämmern begann, dass er auf die Hilfe eines Dunkelalben angewiesen war. Und das war für einen thuvasischen Magier fast so etwas wie eine grobe Ehrverletzung! Seit das Magiervolk einst durch das Weltentor gekommen und in Thuvasien geblieben war, gab es eine mehr oder minder feindselige Rivalität zwischen ihnen und den Dunkelalben.
»B leibt ruhig, Thuvasier!«, rief Brogandas. »U nd beherrscht Euren unangenehm hämmernd klingenden Herzschlag. Der stört mich in meiner Konzentration!«
Brogandas zögerte, ehe er schließlich das Gemäuer des Turms berührte. Es zischte dabei. Bläuliche Funken sprühten aus der Wand heraus. Kleine Blitze zuckten hervor und krochen wie Spinnen an Brogandas’ Arm entlang und verloschen dann. Der Dunkelalb murmelte dabei eine Formel. Dann hauchte er eine Wolke aus, die wie dunkler Rauch aussah und Arvan an den Zauber erinnerte, den Brogandas mit ihm durchgeführt hatte.
Mit einer Handbewegung verteilte Brogandas diese bis dahin nahezu bewegungslos an derselben Stelle schwebende Wolke. Sie verteilte sich daraufhin auf dem Mauerwerk und drang in die Fugen und Ritzen.
Das Leuchten des Turms ließ etwas nach. Es flackerte.
»W enn dieser Dunkelalb jetzt das Licht verlöschen lässt, werden wir in dieser Stadt ziemlich unbeliebt werden«, prophezeite Borro an Neldo gewandt.
Neldo, der wie meistens in letzter Zeit in düstere Gedanken versunken zu sein schien, sah auf und nickte. »J a, und vermutlich würden uns dann nicht einmal mehr Brief und Siegel von König Candric XIII . noch etwas nützen.«
»D iese magische Versiegelung ist außerordentlich anspruchsvoll«, erklärte Brogandas inzwischen an Lirandil gewandt. »E s könnte sein, dass das Problem nicht ganz so schnell zu lösen ist, wie wir das erhofft haben.«
»N ehmt Euch die Zeit, die Ihr braucht, werter Brogandas«, gab Lirandil zurück.
Die Runen in Brogandas’ Gesicht hatten sich mittlerweile allesamt neu ausgerichtet. Ihre spitzen Seiten zeigten nach links, die eher runden Konturen waren hingegen nach rechts ausgerichtet. »W enigstens konnte ich bis jetzt verhindern, dass es mir so ergangen ist wie dem Thuvasier. Aber aus Fehlern anderer kann man ja lernen.«
Brogandas stieß einen weiteren dunklen Hauch aus. Diesmal war die Wolke um einiges größer als beim ersten Mal. Abermals vollführte er eine Handbewegung, diesmal jedoch
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