Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance
höchst noblem Hause«, fährt er fort. »Aus dem Hause Norfolk.«
»Mit Katherine Howard?«, frage ich, bevor seine Prahlerei ihn noch lächerlicher macht, als er in meinen Augen schon ist.
»Ja«, erwidert er.
»Ich wünsche Euch viel Glück«, sage ich mit fester Stimme. »Sie ist ...« In genau diesem wichtigen Moment will mir das englische Wort nicht einfallen. Ich will »bezaubernd«, sagen, doch es fällt mir nicht ein. »Jung«, bringe ich ein wenig lahm heraus.
Er wirft mir einen raschen, bösen Blick zu. »Dies stellt für mich keinen Hinderungsgrund dar«, sagt er.
»Aber gar nicht«, stimme ich rasch zu. »Ich wollte sagen: bezaubernd.«
Er lenkt ein. »Sie ist wirklich bezaubernd«, pflichtet er mir lächelnd bei. »Ich weiß, dass Ihr sie mochtet, als sie in Euren Gemächern diente.«
»Das stimmt«, sage ich. »Sie war immer sehr angenehm zur Gesellschaft zu haben. Sie ist ein entzückendes Mädchen.« Ich hätte fast »Kind« gesagt, bremse mich aber noch rechtzeitig.
Er nickt. »Sie ist meine Rose«, sagt er. Und ich sehe entsetzt, wie sich seine Augen mit den sentimentalen Tränen eines alten Tyrannen füllen, wie seine Wangen Farbe bekommen. »Sie ist meine Rose ohne Dornen«, sagt er mit tränenerstickter Stimme. »Ich glaube, nun habe ich sie endlich gefunden, die Frau, auf die ich mein ganzes Leben lang gewartet habe.«
Ich sitze stumm da. Diese Vorstellung ist so grotesk, dass ich keine Worte finde, weder deutsche noch englische, um etwas zu erwidern. Er hat also sein ganzes Leben auf die richtige Frau gewartet? Nun, sehr viel Geduld hat er beim Warten nicht aufgebracht. Während er auf die Richtige wartete, hat er drei, nein vier Frauen abtreten sehen, ich gehöre ja auch dazu. Und Katherine Howard ist alles andere als eine Rose ohne Dornen: Sie ist, wenn überhaupt eine Blume, dann ein Gänseblümchen, lieblich, nett anzusehen, aber gewöhnlich. Sie muss die Gewöhnlichste aller gewöhnlichen Frauen sein, die jemals auf einem Thron gesessen haben.
»Ich hoffe, Ihr findet Euer großes Glück«, sage ich.
Er neigt sich zu mir. »Und ich glaube, wir werden ein Kind bekommen«, flüstert er. »Still, sagt nichts! Noch ist es zu früh, es mit Sicherheit zu sagen. Aber sie ist so jung, und sie stammt aus einem fruchtbaren Stamm. Sie sagt, sie glaubt sich in anderen Umständen.«
Ich nicke. Dass er sich mir anvertraut, mir, die ich gekauft und in sein Bett gesteckt wurde, um zu ertragen, wie er hoffnungslos versagte, wie er mich erdrückte, wie er meinen Bauch knetete und an meinen Brüsten zog - dass er ausgerechnet mir dies erzählen muss, widert mich so an, dass ich ihm kaum gratulieren kann. Bei diesem kleinen Mädchen hat er das vermocht, worin er bei mir so kläglich versagte.
»So lasst uns essen«, sagt er und erlöst mich aus meiner Verlegenheit. Wir erheben uns, und er nimmt meine Hand, als wären wir immer noch verheiratet, und führt mich in die Halle von Schloss Richmond, das einst seines Vaters neu erbautes Lieblingsschloss war und nun das meine ist. Er setzt sich abseits von den anderen auf einen Thron, der höher steht als die anderen Plätze, und ich sitze nicht an seiner Seite, sondern ein Stück entfernt in der Halle, als wollten wir die Welt noch einmal daran erinnern, dass alles anders ist und ich nie wieder als Königin an seiner Seite sitzen werde.
Ich muss nicht daran erinnert werden. Ich weiß es nur zu gut.
K ATHERINE , H AMPTON C OURT , A UGUST 1540
Mal überlegen: Was habe ich?
Ich habe acht neue Kleider, und vierzig (vierzig! Ich kann es kaum fassen!) werden noch genäht, und ich bin wirklich sehr ungehalten mit meinen Schneiderinnen, weil sie so langsam vorankommen, denn ich habe mir vorgenommen, ab jetzt jeden Tag meines Lebens ein anderes Kleid zum Dinner zu tragen und meine Kleider dreimal am Tag zu wechseln. Das wären dann drei am Tag und Hunderte pro Jahr, und da ich möglicherweise fünfzig Jahre alt werde, wären das dann ... Also, ich kann es nicht ausrechnen, aber es sind bestimmt furchtbar viele. Hunderte.
Ich habe ein Diamanthalsband mit dazu passenden goldenen, diamantbesetzten Armbändern und Ohrringen bekommen.
Ich habe nun auch meinen Zobel, wie sie, und er ist viel besser, weil das Fell nämlich dicker und glänzender ist. Ich habe Lady Rochford gefragt, und sie hat mir bestätigt, dass er viel schöner ist als ihrer. So bin ich also eine Sorge losgeworden.
Ich habe meine eigene Barke (man stelle sich das vor!), meine eigene
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