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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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stürzt auf mich zu.
    Ein Seitenblick ihres Onkels belehrt mich, wie unangebracht jedes Zeichen von Vertrautheit wäre. Deshalb sinke ich in einen Knicks, fast so tief wie vor dem König selbst.
    »Königin Katherine«, sage ich mit fester Stimme.
    Mein Ton ruft sie zur Ordnung, mein Hofknicks ermahnt sie, dass dieses Schauspiel vor vielen neugierigen Augen stattfindet. Sie hält also mitten im Lauf inne und bringt ebenfalls einen kleinen Knicks zustande. »Herzogin«, sagt sie mit schwacher Stimme.
    Ich erhebe mich wieder. Ich will ihr nur zu gern sagen, dass alles gut ist, dass wir füreinander Schwestern sein können, Freundinnen, doch dazu müssen wir warten, bis die Türen geschlossen sind. Vertraulichkeiten dürfen nur hinter verschlossenen Türen ausgetauscht werden.
    »Eure Einladung ehrt mich, Euer Gnaden«, sage ich feierlich. »Und ich freue mich, Weihnachten mit Euch und Eurem Gatten, dem König, zu feiern. Gott schütze ihn.«
    Sie lacht ein wenig unsicher, doch als ich sie auffordernd anschaue, wirft sie einen Blick auf ihren Onkel und erwidert: »Wir sind entzückt, Euch am Hofe willkommen zu heißen. Mein Gemahl, der König, begrüßt Euch als seine Schwester, und auch ich heiße Euch herzlich willkommen.«
    Dann tritt sie auf mich zu. Es ist deutlich zu sehen, dass es einstudiert ist - nur in dem Augenblick, als sie mich erblickte, hatte sie das Zeremoniell vergessen. Sie bietet mir ihre königliche Wange zu einem Kuss.
    Der Herzog betrachtet unsere Vorstellung wohlwollend und verkündet: »Seine Majestät der König lässt bestellen, dass er heute Abend mit den Damen in diesen Gemächern speisen wird.«
    »Dann müssen wir ihm einen würdigen Empfang bereiten«, sagt Katherine. Sie wendet sich an Lady Rochford. »Die Herzogin und ich werden uns in mein Privatgemach zurückziehen, während hier alles für das Dinner vorbereitet wird. Wir möchten ungestört sein.« Und dann rauscht sie in mein - ihr - Privatgemach, als gehöre es ihr bereits ein Leben lang, und ich ertappe mich dabei, wie ich brav hinterhertrotte.
    Sobald sich die Tür hinter uns geschlossen hat, lässt sie die einstudierte Maske fallen. »Das war doch gut so, oder?«, fragt sie eifrig. »Euer Knicks war wunderschön, ich danke Euch.«
    Ich lächele höflich. »Ich glaube, er war angemessen«, sage ich.
    »Setzt Euch, bitte, nehmt doch Platz!«, drängt sie. »Ihr könnt Euch auf Euren Stuhl setzen, dann fühlt Ihr Euch bestimmt heimischer.«
    Ich zögere. »Nein«, sage ich. »Das ist nicht richtig. Ihr müsst in Eurem Stuhl Platz nehmen. Ich sitze daneben. Falls jemand hereinkommt.«
    »Was soll denn passieren?«
    »Aller Augen werden auf uns gerichtet sein«, mahne ich. »Vielmehr - auf Euch. Ihr müsst Euch vorsehen. Immer.«
    Doch Katherine schüttelt nur den Kopf. »Ihr wisst nicht, wie nett er zu mir ist«, versichert sie. »Ihr habt ihn ja nie so erlebt. Ich kann ihn um alles bitten, ich kann alles haben, was ich will. Was mir nur einfällt, ich bitte ihn darum, und er schenkt es mir. Er erlaubt mir alles, und er vergibt mir alles.«
    »Gut«, sage ich und lächele dazu.
    Aber ihr kleines Gesicht strahlt nicht so wie vorhin, als sie mit dem Kätzchen spielte.
    »Ich weiß, dass ich es gut habe«, bringt sie zögernd heraus. »Ich sollte die glücklichste Frau auf Erden sein. Wie Jane Seymour, wisst Ihr? Ihr Motto lautete ›die Glücklichstem«
    »Ihr werdet Euch an das Leben als Ehefrau und Königin von England gewöhnen müssen«, sage ich mit Nachdruck. Ich will einen Riegel vorschieben, bevor sie in Klagen ausbrechen kann.
    »Das werde ich«, sagt sie aufrichtig. Sie ist noch so ein Kind: versucht alle zufriedenzustellen, die sie schelten. »Ich werde es wirklich versuchen, Euer Gn ... Anna.«

 
 
J ANE B OLEYN , H AMPTON C OURT , N EUJAHR 1541
 
    Dies ist ein Hof mit zwei Königinnen: Nie zuvor hat es so etwas gegeben. Wer früher der Königin - jetzt Herzogin - Anna gedient hatte, war froh, sie wieder bedienen zu dürfen. Der herzliche Empfang durch die Bediensteten erstaunte uns alle, selbst mich. Aber sie war ja auch stets freundlich, bedankte sich großzügig und zeigte sich den Dienern erkenntlich. Madame Kitty hingegen war rasch mit Befehlen, aber auch mit Beschwerden bei der Hand und äußerte eine nicht enden wollende Flut von Forderungen. Kurz, wir haben ein Kind zur Herrscherin der Kinderstube gemacht, und dieses Kind schafft es, sich seine Spielgefährten zu Feinden zu machen.
    Die Höflinge freuten sich,

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