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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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die Mitglieder des Rates und der König Deutsch sprechen könnten?«
    »Er weiß ganz genau, dass dem nicht so ist.«
    »Und er meinte, dass ich Englisch lernen würde. Ich spreche bereits Latein«, fügt er rechtfertigend hinzu.
    Ich könnte vor Enttäuschung in Tränen ausbrechen. »Ihr müsst auf jeden Fall ein Frühstück bekommen«, sage ich, um meinen Sinn auf Praktisches zu lenken. Ich wende mich an Kitty Howard, die mir wie immer kaum von der Seite weicht und die Ohren spitzt. Mag sie ruhig lauschen. Wenn sie genug Deutsch versteht, um zu spionieren, dann kann sie ja für diesen nutzlosen Botschafter dolmetschen. »Mistress Howard, bitte schickt Dienstmagd, ein wenig Brot und Käse für den Botschafter holen? Er hat noch kein Fasten gebrochen. Und ein Krug Dünnbier.«
    Als sie geht, wende ich mich wieder meinem Gesandten zu. »Habt Ihr Briefe für mich von daheim?«
    »Ja«, erwidert er. »Ich habe Anweisungen von Eurem Bruder, und Eure Mutter sendet Euch all ihre mütterliche Liebe und hofft, dass Ihr Eurer Heimat Ehre macht und ihre guten Lehren nicht vergessen habt.«
    Ich nicke. Ich hätte es vorgezogen, wenn sie mir einen fähigen Gesandten geschickt hätten, der meiner Heimat auch alle Ehre machte, statt mich so kühl grüßen zu lassen, aber ich nehme den Stoß Briefe entgegen, den er mir offeriert, und dann widmet er sich am einen Ende des Tisches seinem Frühstück, während ich am anderen Ende meine Briefe lese.
    Zuerst kommt Amalies Brief. Sie beginnt mit einer Aufzählung der vielen Komplimente, die sie erhalten hat, und damit, wie sehr sie ihren eigenen Hofstaat in Kleve liebt. Sie freut sich, dass nun alle unsere Zimmer ihr allein gehören. Sie berichtet mir von neuen Kleidern und auch von solchen, die einst mir gehörten, nun aber für sie geändert worden sind. Sie braucht diese Kleider für ihre Aussteuer, denn sie wird bald heiraten. Ich schnappe nach Luft, als ich das lese, und Lady Rochford fragt mitfühlend: »Doch keine schlechten Nachrichten, Euer Gnaden?«
    »Meine Schwester wird heiraten.«
    »Oh, wie reizend. Eine gute Partie?«
    Nichts im Vergleich zu meiner natürlich. Ich sollte über Amalies kleinlichen Triumph lachen. Aber ich muss meine Tränen fortblinzeln, bevor ich antworten kann. »Sie wird meinen Schwager heiraten. Meine ältere Schwester Sybille ist schon verheiratet mit Herzog von Sachsen, und sie geht nun auch an seinem Hof und heiratet sein jungen Bruder.« Und so werden sie alle zu einer großen, glücklichen Familie, denke ich bitter, alle sind sie zusammen: Mutter, Bruder und zwei Schwestern mitsamt ihren Gatten. Nur ich bin weit fortgeschickt worden und darf auf Briefe warten, die mir keine Freude bringen, sondern nur mein Gefühl des Ausgeschlossenseins verstärken und mich daran erinnern, wie mein Bruder mich zeit meines Lebens behandelt hat.
    »Keine Partie wie die Eure also?«
    »Gibt keine Partie wie meine«, sage ich. »Aber sie wird mögen, zu leben mit meine Schwester, und mein Bruder mag, die anderen nah zu haben.«
    »Aber sie bekommt keinen Zobelpelz«, betont Kitty Howard, und ich muss über ihre schamlose Gier schmunzeln.
    »Nein, das am wichtigsten, natürlich«, sage ich lächelnd. »Nichts wichtiger als Zobel.«
    Ich lege Amalies Brief aus der Hand, ich bringe es nicht übers Herz, weiterzulesen: ihre Vorfreude auf Weihnachtsfeste im Familienkreis und sommerliche Jagden, Geburtstagsfeste ... und dann die Kinder: sämtliche Cousins der Sachsenherzöge in einer fröhlichen Kinderstube vereint.
    Stattdessen öffne ich den Brief meiner Mutter. Falls ich hier auf Trost gehofft hatte, werde ich wieder enttäuscht. Sie hat Graf Olisleger gesprochen und ist von üblen Vorahnungen erfüllt. Er hat ihr gesagt, ich hätte mit anderen Männern getanzt und ein Kleid getragen, das keinen Musselineinsatz bis zu den Ohren hatte. Sie hat gehört, dass ich der klevischen Mode Lebewohl gesagt habe und nun eine englische Haube trage. Sie ermahnt mich, dass der König mich geheiratet hat, weil er eine protestantische Braut von untadeligem Benehmen haben wollte, und dass er ein Mann von eifersüchtigem und schwierigem Temperament ist. Sie fragt mich, ob ich denn unbedingt in die Hölle möchte, und mahnt mich, dass es für eine junge Frau keine schlimmere Sünde als Liederlichkeit gibt.
    Ich lege auch diesen Brief hin. Dann gehe ich zum Fenster und blicke über die schönen Gärten von Hampton Court, über die mit Ornamenten geschmückten Wege und die Pfade, auf denen

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