Das Erbe Der Loge: Roman
wurde.
»Wir stecken in einer Klemme«, fuhr Odilo fort, nachdem er die beiden Frauen mit einem tadelnden Blick bedacht hatte. »Ja, ähm, wie soll ich anfangen?«
»Wissenschaftler«, stöhnte Kitty zwischen den Knien hervor.
»Graf, am besten überlassen Sie das Reden mir«, übernahm Hannah die Führung und gab den strafenden Blick zurück.
Für eine Sekunde blitzte in Odilos Augen Widerstand auf. Dann rutschte er von der Lehne auf die Sitzfläche. »Schon gut. Sie sind es schließlich, die hier Probleme macht. Also, erklären Sie es.« Schmollend verschränkte er die Arme über der Brust und schob wie ein beleidigtes Kind die Unterlippe vor.
Hannah zog ebenfalls die Beine auf den Sessel. Auch das kannte ich schon. Das deutete auf eine längere Erklärung hin.
»Wie ich dir schon erzählt habe, fing alles mit der Hinterlassenschaft meines Großvaters an, die ich nach dem Tod meines Vater fand. Darin war von einem ›Erbe der Loge‹ die Rede. Aber nicht, wo es geblieben war. Ich nahm zu den wenigen verbliebenen und mir bekannten Mitgliedern Kontakt hier in Köln auf. Mit nichts mehr als diesem Buch in der Hand. Jeder hatte davon gehört, dass es dieses Erbe geben sollte, aber keiner wusste, wo es sein könnte. Bis deine Fotos von dem Kasten in der Zeitung auftauchten. Von nun an begann die Jagd, denn du warst der Einzige, der wusste, was der Kasten enthielt.«
Odilo schaute auf seine Uhr und seufzte, »Frauen beginnen immer bei Adam und Eva. Das hätte ich kürzer gekonnt.«
»Ruhig, Graf«, wies ihn Hannah zurecht. »Sie haben doch erst diesen Mist ausgelöst. Darf ich ohne Unterbrechung weitermachen?«
Odilo kroch auf die Sitzkante vor und ballte wütend die Fäuste.
»Entschuldigung, so war es nicht gemeint.« Hannah folgte ohne Rücksicht auf Verluste ihrem Vorhaben, als Einzige erklären zu können, um was es ging und wo das Problem lag.
»Wir sind alle ein wenig nervös«, nahm Odilo die Entschuldigung an und entspannte sich.
»1951 zeichnete sich für den jungen Staat Israel eine Katastrophe ab«, nahm Hannah den Faden wieder auf. »Immer mehr Überlebende des Holocaust strömten ins Land, die mit den vorhandenen Ressourcen an Lebensmitteln und Medikamenten nicht versorgt werden konnten. Da sich der deutsche Kanzler Adenauer bereits 1950 öffentlich zur moralischen Verpflichtung zur Wiedergutmachung erklärt hatte, konnte das die einzige Rettung werden. Daraus entstanden bekanntlich die Luxemburger Verträge und eine Freundschaft zwischen den Staatsmännern. 1953 trafen sich Adenauer und Ben Gurion unter strengster Geheimhaltung in New York. Zugegen war auch Goldrausch ...«
»Und da begann der Ärger«, fügte Odilo hinzu, dem es offensichtlich nicht gefiel, dass eine Frau das Sagen hatte.
»Bei diesem Gespräch ging es«, überspielte Hannah die Unterbrechung mit einer wedelnden Handbewegung, »vornehmlich um Adenauers Vorhaben, wieder eine deutsche Armee aufzustellen, die über Atomwaffen geringer Reichweite verfügen sollte. Auf der anderen Seite brauchte Israel dringend schwere Waffen, um sich gegen die immer militanter werdenden Araber zu wehren. So kam man überein, ausgerechnet Goldrausch als Bock zum Gärtner zu machen. Der sollte mit den Amerikanern über eine Wiederbewaffnung Deutschlands verhandeln. Einen Teil der schweren Waffen, die von den USA als ausrangiertes Kriegsgerät geliefert werden sollten, würde Deutschland den Israelis überlassen und dafür Handfeuerwaffen wie die UZI aus israelischer Produktion erhalten. Dabei machte sich kein Staat die Finger schmutzig, und wenn es schief ging, dann hatte man ein Opfer.«
Kitty gähnte und löste sich aus ihrer Igelhaltung. »Ist das alles wichtig? Wo liegt das Problem? Ich sollte in ein paar Stunden den Flieger nehmen, und unser Peter sieht auch nicht gerade aus, als wenn ihn das interessieren würde. Ihr habt ihm eine Story versprochen. Also kommt auf den Punkt.«
»Das ist der Punkt«, knurrte Hannah. »Ihr Deutschen habt ein seltsames Verhältnis zu eurer Vergangenheit. Es lief ja für Goldrausch alles perfekt, bis zu dem Augenblick, als ein Steinmetz fünfzig Jahre später zufällig einen Kasten am Kölner Dom freilegt. Inhalt: zweiunddreißig Soldbücher, ein Satz Tarotkarten, ein schwarzes Buch und ein paar Kilo Rohdiamanten, die sich als falsch herausstellen. Was tut dieser Steinmetz? Er meldet den Fund brav seinem Dienstherrn, der ihn, als Mitglied der wahren Loge, beauftragt, dem vermeintlichen Großmeister Goldrausch
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