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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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starke Arme suche, als der ganze Kontinent bieten könne. Dass ein ganz neuer Anfang möglich sei, in einem ganz neuen Land.
    Die bunt zusammengewürfelte Bande war nicht leicht
zu überzeugen, und Sigfinn hoffte auch nicht auf mehr, als ihre Kampfeslust gedämpft zu haben, als er vom Karren stieg und sich die Menge zerstreute. Tatsächlich schienen die meisten Männer in erster Linie begierig darauf zu sein, sich hemmungslos in den Tavernen zu betrinken.
    Brynja kam mit ihren drei Leibwachen zu ihm, aschfahl im Gesicht und mit kaum unterdrückter Wut. »Du solltest etwas sehen.«
    Sie führte ihn an das andere Ende des Hafens, wo sie vor kaum einem Jahr Pferde gestohlen hatten, um zum Sonnental zu reiten. Dort, an einem Pfahl, hing eine eiserne Kette rostend und quietschend im Wind. Und an der Kette, aufgehängt am rechten Fuß, baumelte die halb durchtrennte Leiche des kleinen Petar, der ihnen so mutig geholfen hatte. Es war kaum mehr als ein Skelett mit letzten stinkenden Fetzen von Haut und Muskeln. Zur Abschreckung hatte man ihn wohl hier zeigen wollen, und sicher machten Kinder sich einen Spaß daraus, mit Steinen nach dem Leib zu werfen.
    Sigfinn verharrte im stillen Gebet vor dem grausigen Anblick. Dann wandte er sich an seine Soldaten. »Holt ihn da runter. Ich werde ihn in geweihter Erde begraben, wie er es verdient hat.«
     
    Elsa ging langsam über das Feld aus Feuer und Eis, auf nackten Füßen, mit einem einfachen, dunkelblauen Kleid auf dem genesenen Leib. Heiße Lava floss unter der Erde, und immer wieder presste das Gestein Fontänen kochenden Wassers in die Höhe, das in der Kälte des Winters schnell gefror und wie Schnee auf die Erde fiel.
    Elsa hatte noch nie Schnee gesehen.
    Hier war Island mitleidslos und von extremer Strenge.
Heiß oder kalt, doch niemals lau. Wie ihr eigenes Herz. Man konnte nach links greifen und sich die Hand verbrennen, und nach rechts, auf dass sie erfror.
    Die Sonne war gerade aufgegangen und legte ein magisches Funkeln über das Eis. Es herrschte völlige Stille, und kein Tier störte die Naturgewalten der Insel.
    Sie konnte sich nicht genau erinnern, warum sie hergekommen war oder was an diesem Ort sie anzog. Aber sie war ruhig und entspannt und zum ersten Mal etwas, das sie mit dem Wort glücklich beschreiben konnte.
    Ein Schwertknauf hämmerte gegen einen Schild.
    Elsa fuhr herum - da stand ihr Vater Hagen! Sein Schild trug das Wappen von Burgund, doch es war gebrochen. Und sein Schwert war rostig und schartig. Aus blinden Augen schaute er sie an. »Richten«, sagte er tonlos.
    Sie wollte ihm widersprechen, ihn zur Rede stellen, doch nun hämmerte es hinter ihr. Auf der anderen Seite des Feldes stand Gadaric, Schild und Schwert in Händen, mit zwei leeren Höhlen im Gesicht. »Richten.«
    Ein drittes Schwert an einem dritten Schild. Siegfried. Nothung und das Wappen von Xanten, beides mit geronnenem Blut beschmutzt. »Richten.«
    Nun wollte Elsa sich abwenden, hastig davonlaufen. Aber in welche Richtung sie sich auch drehte, tauchten die Toten ihres schwarzen Lebens auf, schlugen Alarm mit gebrochenen Waffen und forderten aus hundert rottenden Kehlen: »Richten.«
    Um die Hure des Drachen bildeten sie einen Kreis, der keine Lücke ließ, und selbst die wütenden Geysire schienen nun zu zischen: »Richten.«
    Schatten umtanzten Elsa, und obgleich sie keine Körper waren, ritzten ihre Klauen Haut und Stoff, rissen Haare,
suchten Blut, gaben Schmerz. Sie schrie - und die unsichtbaren Wesen nahmen ihr die Zunge. Sie weinte, und zwei schnelle Klingen schnitten ihre Augäpfel. Ihr Gesicht brannte wie das Feuer der Lava, und ihr Körper sackte auf die Knie. Sie hatte keine Stimme mehr, zu betteln, und keine Augen, um zu sehen, wie ihre Toten zum letzten Richterspruch antraten. Obwohl sie immer näher kamen, hörte Elsa das Trommeln auf den Schilden immer weiter entfernt, und als eine schwarze Macht sie schwer an den Schultern packte …
    »Elsa!«
    Es war Calder, der sie schüttelte, als müsse er den Tod aus ihren Gliedern vertreiben. Sie erwachte nicht wie aus einem Schlaf, sondern wie aus einer Ohnmacht. Ihr ganzer Leib brannte trotz der Salben, mit denen sie ihn seit Tagen einrieb. Die heiße Quelle hatte ihrem Körper jene Anmut genommen, mit der sie Macht über Calder ausüben konnte. Er hatte sie seither auch nicht mehr angefasst und war in ein anderes Gemach gezogen.
    »Was ist?«, lallte sie verwirrt. »Was geschieht mit mir?«
    »Du hast geschrien - so laut, dass

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