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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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suchten dennoch nach Gegnern, denn ein Hinterhalt war nicht auszuschließen.
    »Wie willst du es angehen?«, fragte Brynja und blickte zur trutzigen Burg hinauf, die nichts Einladendes hatte und so gar nicht an den Ort erinnerte, an dem der junge Sigfinn glücklich aufgewachsen war.
    Der Prinz antwortete nicht, zog aber sein Schwert Nothung und ging die wenigen Schritte bis zur großen, aus dem Vulkanfels gehauenen Freitreppe. Die unzähligen Fenster behielt er dabei im Blick, in der Hoffnung, dahinter Bewegung zu sehen. Das mächtige Tor, dessen Holz von Farbe und Salzwasser über die Jahrzehnte fast versteinert war, fand er verschlossen vor. Mehr noch: durch den Spalt der Türflügel konnte er sehen, dass es von innen zusätzlich verrammelt war, mit Nägeln und Planken.
    »Sie sind da - und sie haben Angst«, rief er Brynja zu. »So habe ich ihn mir vorgestellt, den neuen Herrscher von Island.«
    Er ging wieder zurück auf den gepflasterten Vorplatz,
stellte sich breitbeinig auf und atmete tief durch, um so laut wie möglich zu schreien: »Ich bin Sigfinn, Erbe von Island, mit Anspruch auf Krone, Burg und Reich! Die Thronräuber fordere ich auf, binnen Stundenfrist zu gehen. Dann bleibt ihnen das Leben. Bei meinem Wort. Wird Widerstand geleistet, muss Blutzoll gezahlt werden.«
    Er glaubte nicht wirklich daran, dass Calder und Elsa aufgeben würden, aber es sollte keiner sagen, der Prinz von Island hätte keine Großmut bewiesen.
    Zuerst kam keine Reaktion, und Sigfinn stellte sich die stille Frage, wie viel Wartezeit wohl angemessen war, um auf eine Antwort zu hoffen.
    »Sigfinn!«, rief Brynja unvermittelt, und der Prinz bemerkte einen Schatten über seinem Kopf. Er sprang hastig zwei Schritte zurück, und vor ihm klatschte dampfende Brühe auf die Steine, von der viele Tropfen sein Wams tränkten. Dazu ertönte aus einem der Fenster weit oben in der Burg ein irrsinniges Gelächter.
    Es war heißes Öl. Hätte es ihn getroffen, wäre Sigfinn zeitlebens entstellt worden, vielleicht sogar gestorben.
    »Dies soll mir als Antwort genügen!«, schrie Sigfinn und spuckte aus. »Nun wird es doch in Blut enden.«
    »Was tun wir?«, fragte Brynja.
    »Wir nehmen die Burg ein«, antwortete Sigfinn mit großer Selbstverständlichkeit. »Und holen uns den Ring, den wir brauchen.«
    »Welche Tür können wir dafür brechen?«
    Er lächelte kalt. »Keine. Es gibt Türen in Isenstein und Gänge, von denen kaum jemand weiß und die meiner Familie einst von großem Nutzen waren. Ich erinnere mich an einen Sigurd, dem sie das Leben retteten.«
    »Dann lass uns mit Bedacht vorgehen«, sagte Brynja.
»Lass unsere Soldaten vor der Burg aufmarschieren. Wir beziehen Quartier in einem Haus, aus dem wir in der Nacht hinausschleichen können. Calder und Elsa sollen nicht ahnen, dass wir ihnen in den Rücken fallen.«
    Sigfinn nickte. »Was jetzt geschieht, soll sie überraschen. Und wenn ich sie im Schlaf niederstrecken kann, so ist es mir auch recht.«
    Er gab seinen Soldaten Anweisung, gut sichtbar vor der Burg hin und her zu marschieren. Auf keine Provokation sollten sie reagieren, keine Frage beantworten. Nur jeden, der sich aus Isenstein hervorwagte, mit der Klinge zu durchbohren, so lautete ihr Auftrag.
    Sie fanden eine kleine Hütte, deren Schlafstatt noch straff und trocken war. Sie zogen die Fensterläden zu, damit von der Burg aus nicht hereingesehen werden konnte. Sogar für ein einfaches Essen nahmen Sigfinn und Brynja sich Zeit, während die Dunkelheit kam.
    Dann warteten sie.
    Irgendwann legte sich Brynja Sigfinn an die Brust, als die Sehnsucht nach ihrem Kind übermächtig war. Er küsste sie, erst tröstend auf die Stirn, dann leidenschaftlich auf den Mund. Für einen Moment vergaß er Calder, vergaß Laertes, und begehrte sie wie zu der Zeit, da sie nach Island gekommen war und er sich wie ein dummer Junge benommen hatte.
    Sie löste sich in seinen Händen auf, wurde weicher, leichter, kühler. Ihre Küsse wurden sanfter, bis sie kaum ein Hauch waren. Als er es merkte, hielt er das leere Kleid in seinen Händen, und Brynja war verschwunden.
     
    »Sie werden nicht gehen«, knurrte Calder und sah über Elsas Schulter hinweg aus dem Fenster. Dort liefen die Soldaten
von Brynja und Sigfinn fast unablässig hin und her, mit Speeren in der Hand und Schwertern an den Gürteln.
    Elsa drehte den Ring an ihrem Finger und merkte nicht, dass Calder ihn gierig anstarrte. »Die Götter habe ich um Beistand gebeten, die Dämonen

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