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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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wollte nicht von deiner Seite weichen.«
    Calder stellte den Kelch beiseite und rieb sich die Schläfen. Er wirkte nicht gefährlich, nicht skrupellos. Nur verloren und verwirrt. »Danain. Er war … ein Freund.«
    »Was ist mit ihm geschehen?«
    »Er war … mein … Freund.«
    Das wenige Licht zeichnete dunkle Schatten in Calders Gesicht - er sah über die Jahre hinaus gealtert aus. Nichts war von dem lebensfrohen Rebellen aus dem Sonnental geblieben. Fast drängte es Sigfinn, ihn zu grüßen, ihm die Hand aufmunternd auf die Schulter zu legen.
    Zu spät sah er die schnelle Bewegung, mit der Calder den Kelch von der Thronlehne fegte, und bevor er auch
nur daran denken konnte, den Arm hochzureißen, traf ihn das schwere Gefäß an der Stirn und warf ihn weit in den Saal zurück. Mit dem Rücken prallte er gegen den Ratstisch, und vor seinen Augen tanzten Funken.
     
    Aus den Brusthaaren, die Brynja gerade noch gekrault hatte, wurden kalte Gräser und Sigfinns Körper zu schwarzer Erde. Ein unangenehm schneidender Wind fegte über sie hinweg, und die Fürstin mühte sich auf die Beine. Sie hatte gelernt, dass es nicht gut war, im Angesicht von Magie unachtsam zu sein.
    Es war mondhelle Nacht und ein Ort, den sie kannte - das Feld aus Feuer und Eis. Mächtige Findlinge begrenzten die Arena, in der seit Generationen die Konflikte des Reiches Island ausgetragen wurden. Keiner davon war größer als der Kampf von Brunhilde mit Gunther von Burgund. Heiße Lava blubberte, und aus einem Dutzend Geysire spritzten Fontänen in den Himmel. Schmutziger Schnee lag dazwischen, wie vergessene Teppiche.
    Als sie sich die Arme rieb, um der Gänsehaut zu begegnen, bemerkte Brynja, dass sie nicht mehr ihr Kleid trug. Stattdessen hatte sie schwere Fellstiefel an den Füßen, und eine raue lederne Hose lag eng an ihren Schenkeln. Ihr Oberkörper war mit breiten vernieteten Lederstreifen umwickelt, die eine große Beweglichkeit erlaubten. Ihre Arme waren frei, und in der Rechten hielt sie ein schmales Schwert.
    »Was ist das für eine Rüstung?«, sprach sie mehr zu sich selbst.
    »Ein Geschenk«, sagte Brunhilde. Sie lehnte scheinbar unbeteiligt im Mondschatten an einem der Findlinge. »Ich trug sie einst selbst. Sie entscheidet nicht über Sieg oder
Niederlage, also erlaubten mir die Götter, sie an dich weiterzugeben.«
    Die Kleidung mochte keine magischen Kräfte haben, aber Brynja spürte, wie sie die Seele der Kriegerin in ihr ansprach. Sie schwang das elegante und sorgsam geschmiedete Schwert hin und her. Es war perfekt für ihr Gewicht und ihre Größe ausbalanciert.
    »Die Götter sind der Geschichte müde«, fuhr Brunhilde fort. »Es gibt nur noch euch - dich, Elsa, Sigfinn und Calder. Ihr wolltet den Zweikampf, also werdet ihr ihn bekommen. Hier und jetzt. Wenn der Morgen kommt, werden zwei Gewinner bleiben - sind sie einander feind, wird ein letztes Duell den alleinigen Sieger bestimmen.«
    Brynja musste blinzeln, um die schmale Gestalt der Seherin in der Dunkelheit auszumachen. »Darauf läuft es hinaus? Schwert gegen Schwert? Blut? Ist das alles, was den Göttern gefällt, nach grandiosen hundert Jahren?«
    »Was den Göttern gefällt, steht zu werten uns nicht zu«, warnte Brunhilde. »Und glaube mir: es fehlt dir auch die Zeit dafür.«
    Ein kehliger Unterton war in der Stimme, der Brynja alarmierte, ein Absenken der Worte »glaube mir«. Aus dem Augenwinkel sah sie ein Aufblitzen und drehte den Kopf gerade noch schnell genug beiseite, so dass Elsas Klinge sie um Haaresbreite verfehlte.
    Vom eigenen Schwung getragen, stolperte Elsa an Brynja vorbei in die Finsternis, bis sie an einem der Findlinge Halt fand und sich umdrehte. »Zu schade - mit einem Streich wäre der Kampf fast entschieden gewesen.«
    Brynja fasste sich rasch und stellte einen Fuß schräg hinter den anderen, wie sie es bei Danain gelernt hatte. Das Schwert packte sie mit beiden Händen, und ihr Blick konzentrierte
sich auf Elsas Augen. Die Augen verrieten gewöhnlich den nächsten Schlag, bevor der Arm es tat. »Es war deine letzte Gelegenheit, mich unvorbereitet zu treffen.«
    Etwas funkelte an Elsas Hand, und Brynja erkannte es auch im fahlen Mondlicht - es war Calders Ring! Hagens Tochter bemerkte den Blick der Fürstin und grinste diebisch. »Er hat ihn mir geschenkt, kleines Mädchen. Hat er dir je etwas geschenkt? Ach nein - du warst ja nur ein williger Körper für eine langweilige Nacht.«
    Es kochte Wut in Brynja, die sich nur mühsam

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