Das Erbe Der Nibelungen
ich dich, wird niemand trauern.«
Es war ein Duell, das auf geistiger Ebene eher gewonnen werden konnte als auf körperlicher. Und jeder Häme Elsas wusste Brynja mit Widerworten zu begegnen.
»Du kannst meine Macht nicht bezwingen«, zischte Elsa. »Sie ist unvermeidbar wie Tag und Nacht. Du und dein Sigfinn, ihr seid kaum mehr als Stolpersteine. Wenn eure Köpfe vom höchsten Turm Isensteins poltern, werde ich erneut triumphieren.«
Brynja machte den Fehler, zu lange über eine Antwort nachzudenken und zu spät Elsas nächstem Streich auszuweichen. Die Klinge von Hurgans Tochter schnitt ihren linken Arm bis auf den Knochen, und die Fürstin stöhnte auf. Trotz der Schmerzen wuchtete sie ihren Körper auf den Findling, dessen Oberfläche glatt genug war, ihr sicheren Stand zu bieten. Sie blickte auf Elsa hinab, das irritierende Flackern vor den Augen ignorierend. »Es gibt keine Macht mehr zu gewinnen. Dieses Reich wurde als Spielzeug für einen Tyrannen erbaut, deinen Vater. Mit seinem Tod ist die Zeit Burants abgelaufen.«
Elsa holte aus, wollte die Entscheidung erzwingen. Im Halbkreis zog sie ihre Klinge durch die Luft, auf Brynjas Knie zielend. Sollte die Fürstin zeigen, wie sie ohne Beine flüchten würde!
Es war der Moment, in dem Brynja wusste, dass die Götter ihr beistehen mussten. Sie presste ihre Füße fest auf den rauen Stein und sprang dann gerade so weit hoch, wie es
ihr schmerzender Körper zuließ. Noch bevor Elsas Schwert seine Bewegung vollendet hatte, sackte Brynjas rechter Fuß schwer auf die Klinge und klemmte sie auf dem Stein fest. Es knirschte hässlich.
Ein gänzlich unweibliches Grunzen entfuhr Elsas Kehle, als sie ihre Waffe eingekeilt sah. Sie zerrte daran, hin und her. Es konnte doch nicht sein …
Brynja hob den anderen Fuß mit dem Stiefel, an dem sich Lava zu Stein dampfend kühlte und der schwer war wie ein Hammer. Alles, was sie noch an Kraft besaß, jedes Quäntchen Gewicht ihres Körpers legte sie in den Tritt, mit dem sie Elsas Schwerthand zwischen Stiefel und Stein zertrümmerte.
Knochen brachen, Sehnen und Muskeln rissen wie zu straff gespannte Seile. Heißer Stein fraß sich in wehrlose Haut, und aus geschmeidigen Fingern wurde ein blutiger Klumpen.
Elsa schrie. Sie war nur noch Schmerz. Mit einem Ruck, der ihre verkrüppelte Hand hätte abreißen können, stieß sie sich von dem Findling zurück, auf dem Brynja in die Knie ging, um nicht ohnmächtig zu Boden zu stürzen. Das Schwert der Feindin blieb ihr und damit der Sieg.
Wie im Veitstanz drehte Elsa sich im Kreis, taumelte hin und her, brüllte eine Pein in die Welt, die nicht vergehen wollte. Das, was ihre rechte Hand gewesen war, drückte sie verzweifelt an die Brust.
Die Fürstin von Wenden glitt von dem Findling herab, legte das eigene Schwert beiseite und folgte dem bizarren Schauspiel, das ihr geboten wurde. Immer wieder rutschten Elsas Füße äußerst knapp an brodelnden Quellen vorbei, verfehlten das grausame Ende um wenige Fingerbreit.
Irgendwann sackte Hagens Tochter, die Hure des Drachen,
wimmernd zu Boden, gleich neben einer gefährlich glimmenden Lavapfütze.
»Weißt du«, sagte Brynja und rang dabei selbst nach Atem, »du kommst in unserer Welt auch vor. Die Elsa von Tronje, von der unsere Chroniken berichten, war eine liebenswerte Frau und wurde eine gute Königin. Das vielleicht zum Trost.«
Der Schmerz machte es Elsa unmöglich, die Augen zu öffnen, und die Hitze der Lava trocknete ihre Tränen schneller, als sie fließen konnten. »Ich werde auf dein Grab spucken.«
Sie warf sich nach vorn, um Brynja in einer letzten Attacke noch zu unterwerfen. Die Fürstin trat einen Schritt zur Seite und packte ihre Gegnerin mühelos beim Haar. »Du hättest es gut sein lassen sollen. In diesem Moment hätte ich noch Gnade walten lassen können, von Frau zu Frau. Nun nicht mehr. Ich werde dich richten.«
In einer mächtigen Bewegung riss sie Elsas Kopf erst zur Seite, dann nach vorn und tauchte ihr Gesicht für einen schrecklichen Moment in die zischende Lava.
Es blieb nicht viel übrig. Wie Elsa es im Traum gesehen hatte, wurden ihre Augen blind, ihr Mund zerfressen und ihre Haut nur brutzelndes Fleisch.
»Keine Gnade mehr«, sagte Brynja noch einmal, während sich das Leben langsam und quälend aus Elsas Körper stahl.
Dann versuchte sie, den Ring von der verkrüppelten Hand zu zerren, doch es war unmöglich. Das Schmuckstück mit dem Drachenauge war wie in den Finger gebrannt.
Brynja holte
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