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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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ihrer Rüstung baumelte. Die hintere Hälfte. Dann bückte sich Brunhilde und zog Calder den Ring vom Finger. Das Drachenauge.
    »Es wächst zusammen, was zusammengehört«, sagte sie. »Doch am Ende ist es eine Entscheidung, die aus freien Stücken getroffen werden muss. Wenn das Amulett geschmiedet ist, wird mit den letzten hundert Jahren auch das letzte Jahr vergehen, das euer Leben war.«
    Sigfinn sah Brynja an, und beider Herz wurde schwer.
    »Wir könnten diese Zeit formen«, sagte Brynja leise. »Island bauen, Worms zur Seite stehen. Eine bessere Welt machen.«
    »Was wird dann aus unserer Welt?«, hielt Sigfinn dagegen. Er wusste, dass ihre Gedanken bei der Tochter waren, die sie in Burgund hatte zurücklassen müssen. »Was aus
dem Erbe Siegfrieds? Den Taten Sigurds? Den Kindern und Kindeskindern, die hier nie geboren wurden?«
    Brynja wandte sich an Brunhilde, mit Tränen in den Augen. »Werde ich mich erinnern? An Fynna? Daran, dass ich Sigfinn liebe? Und an die Lektionen, mühsam gelernt? Oder werde ich wieder das Mädchen sein, dumm und eitel?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Brunhilde. »Doch ich kann euch sagen, dass diese Welt aufhören wird. Ihr mag keine Freude mehr vergönnt sein, aber auch kein Leid. Und was ihr davon mitnehmt, wird nicht in euren Köpfen bleiben. Aus eigener Erfahrung kann ich jedoch versprechen, dass noch kein Herz je vergessen hat, was wirklich zählte.«
    Sigfinn nahm Brynja in den Arm, drückte sie an sich und schloss die Augen. »Dann ist es entschieden. Bring uns in die Zeit, die uns gehört.«

16
    Zu verteidigen, was war - und wieder sein könnte

    Sie hatten sich eine Stunde des Friedens gegönnt, die erste in langer Zeit, hatten auf dem Wehrgang hoch über dem Hafen Islands gesessen und der Sonne dabei zugesehen, wie sie sich den Horizont erkämpfte. Keine Minute ließ Sigfinn dabei Brynjas Hand los. Er hatte ihr die Wunde am Arm verbunden, und das Blut war getrocknet. Brunhilde saß schweigend bei ihnen, in eigene Gedanken vertieft.
    »Wie schmieden wir das Amulett?«, fragte Sigfinn schließlich. »Oder besser noch - wer schmiedet es?«
    »Ich kann zu Wieland reisen, dem Schmied der Götter«, sagte Brunhilde. »Ihm ist der Hammer Mjölnir zu verdanken, und Sigurd fand ihn einst für das Schwert Nothung. Gewiss könnte er …«
    »Unfug!«, zischte es aus den Ritzen der Steinquader am Boden, und Brynja schreckte so heftig zurück, dass Sigfinn sie halten musste, damit sie nicht in die Tiefe stürzte.
    Die Luft flimmerte ein wenig, feiner Nebel kroch empor und verdichtete sich langsam zu einer ihnen gut bekannten Gestalt.

    Regin.
    »Wenn ein Schmied das Amulett zusammenfügt, dann wohl ich«, verkündete er ohne den Hauch eines Selbstzweifels. Er hielt Brunhilde die schwielige Hand entgegen, doch sie machte keine Anstalten, ihm die Teile zu geben. »Hast du nach allem, was gewesen ist, immer noch kein Vertrauen?«
    »Du bist ein Nibelunge«, sagte sie, und es war Antwort genug.
    Er zuckte mit den Achseln. »Ich hätte die Zweikämpfe hintertreiben können, das weißt du genau.«
    Brunhilde sah Sigfinn mit toten Augen an, und er nickte ernst. »Wenn wir lernen wollen, nicht mehr zu misstrauen, dann ist hier ein guter Ort, damit anzufangen.«
    Nun gab die blinde Seherin die drei goldenen Stücke her, und in Regins Blick lag keine Gier, als er sie begutachtete. »Keine saubere Arbeit. Verliebt in die Details, aber kaum Gefühl für wirkliche Größe.«
    »Wo willst du das Amulett schmieden?«, fragte Brynja.
    »Ich könnte es zu meinen Brüdern bringen«, schlug Regin vor und lachte dann herzlich. »Gönnt mir diesen üblen Scherz. Einst hatte ich einen Amboss weiter nördlich am Rhein, an dem ich Siegfried unsere Kunst lehrte. Ob er nach hundert Jahren noch steht, wage ich zu bezweifeln.«
    »In der Burg gibt es einen Schmiedekeller«, beendete Sigfinn diese Überlegungen. »Er ist nicht groß, aber das Amulett ist es ja auch nicht.«
    Sie fanden den Raum mit der Esse, dem Blasebalg, dem Amboss und den vielen Werkzeugen, die in der salzigen Luft so verrostet waren, dass Regin sie erst einmal am Stein schleifen musste. Er feuerte das Holz, dann die Kohle mit erfahrenen Handgriffen an, die er auch in tausend Jahren
nicht vergessen würde. »Es tut gut, mal wieder ehrliche Arbeit zu verrichten.«
    Für den großen Hammer waren die Teile des Amuletts zu fein, und Regin wählte einen, der kaum größer war als sein Finger. Dann brach er mit einer Zange das Drachenauge

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