Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
Vom Netzwerk:
segelten. Dem dänischen Königshaus war die freundschaftliche Brücke zwischen den Reichen so wertvoll, dass der Ort unter gemeinsamer Verwaltung stand und einen isländischen Statthalter beherbergte, Lenart. Mit ihm wollte Sigfinn sprechen.
    Dreimal hatte der Prinz in seinem jungen Leben Fjällhaven besucht. Seine Augen suchten die vertrauten Gebäude, die Segel bekannter Völker und das geschäftige Treiben des Marktes, der direkt hinter den Hafenanlagen aufgebaut war.
    Nichts davon war zu sehen.
    Teile der Ortschaft waren ausgebrannt, das war schon von weitem zu erkennen - Ruß an leeren Fenstern erzählte von Feuersbrünsten, die niemand hatte löschen können oder wollen. Statt vieler Lastschiffe lagen nur ein paar Kriegsboote am Kai, deren Herkunft Sigfinn nicht feststellen konnte. Ihre Rümpfe waren mit eisernen Platten verstärkt, und grimmige Männer luden schwere Kisten ab, die wohl kaum Pflugscharen oder Kerzenständer enthielten.
    Der Prinz spürte Brynjas Hand, die sich an seinen Oberarm krallte. »Ich sollte froh sein, endlich andere Menschen zu sehen - doch das hier ist nicht der Hafen, von dem ich erst vor zehn Tagen in Richtung Island gesegelt bin. Und die Männer sehen nicht so aus, als wäre es ratsam, sie anzusprechen.«
    Sigfinn nickte düster. »Was immer geschehen ist, es geschah nicht nur in meiner Heimat.«
    »Was machen wir?«

    »Anlegen - was bleibt uns sonst?«
    Einen Moment lang dachte er daran, die Männer auf den Kriegsbooten anzurufen, um sie nach dem seltsamen Stand der Dinge zu befragen, doch als er die misstrauischen Blicke sah, die sie ihm verstohlen zuwarfen, kam er davon ab. Auf einmal ärgerte er sich, außer dem Dolch am Gürtel keine Waffe zu haben. Wenigstens hatte Brynja ihr schmales Schwert dabei.
    Sie vertäuten das kleine Schiff mit der Flagge Islands und gingen zum Hafenviertel, das zwar heruntergekommen, aber von den Flammen verschont wirkte. Trotzdem führte auch hier der Tod sein Regiment - ein Ochsenkadaver verweste am Wegesrand, und verkrüppelte Hunde zerrten wütend an seinem Fleisch. Knochen lagen überall, und Sigfinn kannte sich gut genug aus, um zu erkennen, dass einige davon nicht von Tieren stammten.
    Die Sonne sank bereits dem Ende des Tages entgegen. Von den zwei Dutzend Tavernen, an die der Prinz sich erinnerte, existierte nur noch eine - und auf das raue Holz über dem Eingang hatte jemand statt des Pferdekopfes einen schwarzen Eber gemalt, dem Blut von den Hauern tropfte.
    An der Tür hielt Sigfinn inne. »Vielleicht sollte ich allein hineingehen. Es könnte sicherer sein.«
    Brynja sah ihn überrascht an. Im Gegensatz zu Sigfinn war sie am Hofe ihres Vaters nicht nur zum Zeitvertreib trainiert worden. Ihre Klinge führte sie schnell und sicher, und selbst unbewaffnet konnte sie es leicht mit einem Mann aufnehmen, der sie an Körpergröße und Gewicht übertraf. Zumindest in den Übungen. »Sicherer, wenn wir uns trennen?«
    Sigfinn sah ein, dass sein Beschützerinstinkt fehl am Platz war. Sie betraten die Taverne gemeinsam.
    Angefüllt war die Kneipe mit Kriegern und Seefahrern
vieler Länder. Massige Körper mit breiten Schädeln und dunklen Augen. Vernarbte Arme und Gesichter, die aus oft geflickten Rüstungen und Harnischen ragten, zeugten von Schlachten ohne Zahl und von wenigen Siegen. Trübes Bier in großen Krügen schwappte in durstige Kehlen, im Verschwörerton wurden Unterhaltungen geführt. Ein rauer Ort wie viele - und doch anders. Es wurde nicht gebrüllt, nicht geprahlt, die breiten Kreuze der Soldaten waren gebückt, als fürchteten sie, sich aufzurichten. Ihre Blicke flackerten, und immer wieder sahen sie sich um, als gäbe es unsichtbare Wachen zu entdecken. An dem großen Spieß über der Feuerstelle drehte sich kein Schwein und kein Ochse, sondern eine Vielzahl kleiner Tiere, unter denen Sigfinn auch Ratten und Hunde ausmachte.
    Zuerst meinte der Prinz, dass niemand ihrer Ankunft groß Beachtung schenkte, doch dann fiel ihm auf, dass dem nicht so war: die anwesenden Zecher mühten sich nur nach Kräften, die Neuankömmlinge zu ignorieren. Man hatte das Paar gesehen - man wollte es nur nicht sehen.
    »Kein Ort fröhlichen Beisammenseins«, murmelte Brynja. »Es wirkt nicht wie eine Taverne, eher wie ein Kerker.«
    Sie setzten sich an einen Tisch in einer hinteren Ecke, und bald kam eine Schankmagd zu ihnen, die ebenfalls heftig bemüht war, sich unbefangen zu geben. »Was wünschen die edlen Reisenden?«
    »Bier«, sagte Brynja,

Weitere Kostenlose Bücher