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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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unbesonnenen Gedanken zu äußern, keinen unbedachten Schritt
mehr zu gehen. An der Seite von Laertes zu sein war Teil eines Plans, und dieser Plan musste aufgehen. Nichts anderes zählte. Insgeheim dankte die Prinzessin der seltsamen blinden Frau, die ihr den Wert dieses Weges vor Augen geführt hatte.
    Das Kind. Sigfinn. Worms.
    Und so begann Brynja schon in der üppig ausgestatteten Kutsche von Laertes, mit ihren Pfunden zu wuchern, die ihr Leib und ihre Lieblichkeit waren. Wo die anderen Sklavinnen Scheu und Ekel gezeigt hätten oder vielleicht hündische Unterwürfigkeit, gab sie sich gegenüber dem zurückhaltenden Statthalter freundlich und interessiert. Laertes blickte überrascht, als sie ihn mit klarem Blick ansah. »Geziemt es sich, Euch zu danken, dass Ihr meine Gesellschaft erwählt habt?«
    Er musterte sie. Sicher war Brynja nicht die erste Frau, die einen Mann von Macht einzuwickeln versucht hatte - und er wusste das. »Du wirst es mir noch in weit mehr zu danken haben als in bloßen Worten.«
    Seine Stimme klang nicht annähernd so hart, wie er es vielleicht dachte.
    »Darf ich dann nach Eurer Provinz fragen, wenn Euch ein Gespräch mit mir nicht unangenehm ist? Wie ist es dort?«
    Laertes atmete durch - und begann plötzlich heftig zu husten. Brynja sprang ihm bei und ließ ihn in das Kleid an ihrer Schulter keuchen. Er drückte sie von sich, in seiner Krankheit ertappt. »Es ist … schon gut. Nichts, was dich scheren muss.«
    Brynja sah kleine Tropfen Blut, die in ihren Stoff sickerten, sagte aber nichts. Laertes gab sich Mühe, ungerührt zu wirken. »Ich bin kein König, falls du das wissen willst.«

    »Das war nicht meine Frage - wie ist Euer Land? Ist es schön?«
    Laertes deutete aus dem kleinen Fenster der Kutsche. »Sieh es dir an. Zu viele Soldaten, weil wir die Grenze schützen sollen - zu wenig Zeit für alles andere.«
    »Dennoch ist es schön«, sagte Brynja, und sie musste nicht einmal lügen. Im Vergleich zu Burant wirkte das Land friedlich und fruchtbar. »Welche Menschen leben hier?«
    »Wir sind Wenden«, antwortete Laertes. »Slawischer Herkunft, die meisten zumindest. Ich selbst stamme von römischem Blut ab.«
    Brynja hatte noch nie von den Wenden gehört. Aber in dieser Welt stand alles auf dem Kopf, und sie nahm es an, wie es war. Weitere Fragen brannten ihr auf der Zunge, aber sie riss sich zusammen, um Laertes nicht zu bedrängen. Nach einer Weile fragte er endlich selbst: »Ist das alles, was du wissen willst?«
    Sie lächelte so erleichtert wie unehrlich. »Nein. Ich möchte alles wissen.«
    Laertes lächelte nun auch. Es war ein feines, sympathisches Lächeln, ein wenig zu unvorsichtig für einen Herrscher. »Dafür wird Zeit sein - vielleicht.« Sie kamen zu einer Burg, die kleiner war als jene, in deren Wänden Brynja zu leben gewohnt war, aber wenigstens gab es hier anständiges Leben und einen gut organisierten Hofstaat. Laertes stieg aus der Kutsche und ließ sich von seinen Untertanen huldigen. Brynja war schlau genug, ihm nicht zu folgen, sondern zu warten, bis ein Bediensteter sie holte und durch einen Seiteneingang in ein Nebengebäude brachte. Sie war nicht die erste Sklavin, die Laertes heimbrachte, das merkte sie an der gleichgültigen Routine, mit der man sie wusch, in neue Kleider steckte und mit Essen versorgte.
Immer wieder versuchte sie, unauffällig Informationen zu erlangen. Was war das Wesen des Laertes? Welches Verhalten erregte sein Missfallen? Wie kam es, dass er sich keine Braut aus dem Volke holte? Doch sie bekam keine Antworten und drängte auch nicht danach.
    Als der Mond schon hoch am Nachthimmel stand, führte sie eine Hofdame über eine Stiege in den Flügel der Burg, in dem Laertes sein Gemach hatte. Man zog ihr die Kleider wieder aus, rieb sie mit Rosenöl ein und kämmte ihr die Haare. Dann musste sie sich, nackt wie sie war, auf einen Stuhl setzen, um auf Laertes zu warten. Sich in das Bett zu legen, ohne dass der Herrscher anwesend war, wurde ihr strikt verboten.
    Sie saß drei Stunden da. Nackt. Regungslos. Wartend. Manchmal legte sie die Hand auf ihren noch kleinen Bauch.
    »Ich bin nicht allein«, flüsterte sie dann.
    »Du wirst nie allein sein«, bestätigte ihr eine sanfte und sehr alte Stimme. Es war die blinde Seherin. Brynja fragte sich nicht, wie sie in den Raum gekommen war. Sie ging nicht einmal davon aus, dass die Frau real war.
    »Ich weiß, was zu tun ist«, sagte die Prinzessin. »Ich bin nur nicht sicher, dass ich auch

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