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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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Siegfried dem Drachen«, widersprach Gadaric.
    »So lautet die Lüge dieses Jahrhunderts«, knurrte Sigfinn. »So hat es angefangen. Wo ich herkomme …«
    Er machte einen entschlossenen Schritt nach vorne, drängte Gadaric zur Seite und hob das Schwert vom Boden auf. »… ist Nothung die Klinge des Drachentöters.«

    Sigfinn hielt es empor, und alles Licht vom Gold des Felsendoms schien es in sich aufzusaugen. Es strahlte wie die Sonne, und die Leiber der beiden Nibelungen zuckten unter Schmerzen. Ein hoher Ton erfüllte die Luft, ein Gesang ohne Stimme. Alle Macht, die den Prinzen bedrängt hatte, seit er in den Wald gekommen war, fiel von ihm ab. Sein Blut wurde warm, seine Muskeln weich.
    »Du hattest Recht«, sagte Regin, und es war nicht möglich zu erkennen, ob er Glück oder Trauer empfand. »Er ist von Siegfrieds Blut.«
    »Es wird ihm nichts nützen«, hielt Gadaric dagegen. »Die Macht zu herrschen kann es ihm geben. Aber nicht die Macht, die Zeit zu ändern. Was will er damit schon anfangen?«
    Die Klinge führte sich wie von selbst, als Sigfinn auf dem rechten Fuß herumwirbelte und sie mit einer beiläufig eleganten Bewegung an Gadaric vorbeizog. Hurgans Berater erstarrte. Regin trat an ihn heran. »Die Dinge ändern sich manchmal schneller, als man meint. Und was man damit anfängt - nun, es ergibt sich, findest du nicht?«
    Gadaric antwortete nicht. Er stand nur da. An seinem Hals erschien ein kleines rotes Band, wie aus flüssiger Seide.
    »Ich war seines Geredes überdrüssig«, sagte Sigfinn ohne Reue.
    »Erstaunlich«, antwortete Regin, »er hatte noch nicht einmal die Zeit, aus diesem lächerlichen Körper zu fliehen.«
    Dann rutschte Gadarics Kopf obszön langsam von seinen Schultern und polterte in das Gold zu seinen Füßen.

10
    Neue Allianzen

    GADARIC!« Hurgan schrie aus Leibeskräften, vielleicht zum hundertsten Mal. Seine Wachen hatten sich lange schon aus dem Saal geschlichen, das Tier hinter dem Thron winselte.
    Hurgan war außer sich. Seinem Berater hatte er unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, was er erwartete. Und nichts war geschehen! Keine Köpfe waren ihm präsentiert worden, keine Feinde lagen wimmernd zu seinen Füßen. Elea war immer noch verschwunden. Fafnir zeigte sich dann und wann, doch in seiner Wut wusste der Herrscher nicht einmal, gegen wen er den Drachen schicken sollte.
    Und nun hatte ihn auch noch Gadaric im Stich gelassen!
    Seit Wochen hatte Hurgan ihn nicht mehr gesehen. Die Staatsgeschäfte blieben unerledigt, die Kontrolle über die Horde entglitt ihm langsam, aber merklich. Wie konnte das sein? Er hatte einen Pakt geschlossen, der ihm das Reich garantierte. Und er hatte sich immer an seinen Teil der Abmachung gehalten. Die Nibelungen schuldeten ihm den Thron, die Kontrolle, die Ewigkeit!

    Doch das langsame Schwinden seiner Macht kümmerte den König weniger als das Schwinden seines Verstandes. Er spürte es mit jedem vergehenden Tag. Worte, tausend Mal gesprochen, fielen ihm nicht mehr ein. Namen, tausend Mal gehört, erschienen ihm fremd. Manchmal trat Hurgan in einen Raum in der Absicht, einen Befehl zu geben - nur um ihn in dem einen Schritt vergessen zu haben. Niemand sprach darüber, niemand verhöhnte ihn. Und doch verbreitete sich die Kunde schnell.
    Zum ersten Mal erkannte Hurgan, dass seine Macht nichts war, solange niemand sie für ihn ausübte. Sein Befehl brauchte ein Ohr, ihn zu hören.
    Niemand hörte dem Herrscher von Burant mehr zu.
    Und so sprach er mit sich selbst. Erst leise und immer in der Gewissheit, dabei allein zu sein. Dann lauter, mutiger, fast schon erfreut, sich selbst Gesellschaft zu sein. Er redete über schwarze Pläne und machte sich Vorschläge, wie das Reich zu strafen sei, weil es ihn hasste. Er mochte seine eigenen Ideen, verbesserte sie, lobte sich ob ihrer Grausamkeit. Ganz selten tat es ihm leid, nicht mit sich selbst anstoßen zu können oder mit sich selbst den Thron zu teilen.
     
    Laertes war Christ, auch wenn die Kirche Jesu Christi kaum noch von Bedeutung war. Hurgan hatte alle Kirchen und Klöster niederbrennen lassen, und in den schwachen umliegenden Reichen war mit dem Versprechen von Erlösung wenig Staat zu machen. Es gefiel ihm, dass auch Byrin betete - doch er ahnte nicht, dass sie dabei an Sigfinn dachte und dem verschollenen Freund im stillen Zwiegespräch von ihrem Leben in Wenden erzählte.
    Nachdem sie ihren Körper seiner Lust unterworfen hatte, war der Grenzherrscher ihr schnell verfallen.

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