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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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wenige, um Gerüchte zu verbreiten.

    Was Brynja fehlte, war eine vertrauenswürdige Stimme. Jemand, der kein Interesse daran hatte, sie zu verraten. Jemand anders als die Seherin, die kam und verschwand, wann es ihr beliebte. Durch einen Mittelsmann ließ sie an der Grenzmauer mit der Horde verhandeln, und wenige Tage später kniete eine dankbare Rahel vor ihr.
    »Ich freue mich, dich wiederzusehen«, sagte Fürstin Byrin, und zum ersten Mal seit langer Zeit meinte sie es auch so. »Fast fürchtete ich, meine Späher würden dich nicht mehr lebend finden.«
    Rahel sah sie ehrfürchtig an, die Haut mit noch mehr Narben übersät. »Knapp genug war es immer wieder. Mein Leben gehört fortan dir.« Vor Monaten hätte Brynja ein solches Angebot bescheiden abgeschlagen, aber mittlerweile kannte sie den Wert wahrhaft Untergebener, also nickte sie erfreut. »Deine Freundschaft war im Lager mein Leben wert. Ich erweise mich nur dankbar.«
    Sie saßen einen Abend zusammen, und zum ersten Mal seit Jahren aß Rahel wieder eine anständige Mahlzeit. Sie erzählte vom Lager und davon, dass die Horden-Krieger immer unberechenbarer wurden. Kaum eine der Frauen, mit denen Brynja das Schicksal geteilt hatte, war noch am Leben - und der Nachschub knapp. Die Fürstin entschied sich dafür, ihre geplante Reise nach Worms durch einen Abstecher zu verlängern.
    »Das Lager der Sklavenarbeiterinnen soll nicht deine Sorge sein«, sagte die Seherin, als sie Brynja kurz vor Morgengrauen weckte. »Sigfinn und Hurgan sind das, was dich antreibt.«
    Brynja ließ sich nicht beirren. »Du hast das Lager gesehen. Ich habe es durchlebt. Wenn wir schon die Grenze brechen, werden wir dort Station machen.«

    Die Seherin dachte einen Moment lang darüber nach, entschied aber dann, es durchgehen zu lassen. Weder Brynjas Stolz noch ihr Mitgefühl war etwas, für das man sie schelten konnte. In dieser Zeit war beides selten.
    »Du hast den Boten aus Fjällhaven unverrichteter Dinge fortgeschickt«, sagte die Seherin nun.
    Brynja hatte geahnt, dass dieses Thema zur Sprache kommen würde. »Ein Pakt von schwachen Reichen, die gemeinsam nicht stärker werden? Ein albernes Unterfangen.«
    »Du weißt, woher die Einladung kam«, hielt die Seherin dagegen. »Island.«
    Brynja wusste es natürlich. Es hatte sie zugegebenermaßen überrascht, Calders Namen auf einem offiziellen Dokument zu lesen. König von Island? Keine schlechte Strategie, um die eigene Position zu stärken. Andererseits war sie nicht sicher, ob die Motive aus reinem Herzen kamen.
    »Ihr hattet euch getrennt, als die Gefahr zu groß war, gemeinsam zu sterben«, sagte die Seherin. »Was hält dich nun ab, den Vater deiner Tochter zu treffen?«
    »Du hast es selbst gesagt«, zischte Brynja erbost. »Er ist nicht Fynnas Vater! Und unsere Vereinbarung war, Sigfinn in Worms beizustehen. Sobald die Zeit reif ist, werde ich das tun.«
    Die Seherin nickte. »Dieses Jahrhundert vergiftet euch alle. Dein Teil des Drachenamuletts schützt dich, doch es wird schwächer. Aus Freunden werden Feinde, und am Ende wird Hass stehen. Warte nicht zu lange damit, deinen Plan umzusetzen, sonst vertrocknet alles, was noch gut ist in dir.«
    Sie machte einen Schritt zurück in den Schatten, um sich aufzulösen. »Warte noch«, rief Brynja. »Ich möchte dir sagen,
dass ich dankbar für deine Hilfe bin. Doch am Ende müssen die Entscheidungen meine eigenen sein.«
    Die Seherin nickte. »So ist es. Und die Schuld, die mit ihnen kommt.«
     
    Elsa stand auf der alten Wehrmauer und blickte zufrieden auf Island hinab. Der Wind spielte mit ihren Haaren und malte eine wohlige Gänsehaut auf ihre schmalen Arme.
    Mit jedem verstreichenden Tag wurde Calder mächtiger. Sein Gold kaufte ihm Verbündete, ganz wie sie es geplant hatte. Aus Söldnern und Fremdländern rekrutierte er ein Heer, während die Horden Hurgans verdächtig ruhig blieben.
    An Calders Seite war es Elsa bestimmt, Burant zu regieren - und nicht als ewiges Spielzeug ihres Vaters eitel Langeweile zu verbreiten. Hatte es ihr dreißig, vierzig Jahre lang gefallen, als Tochter Narrenfreiheit auszuleben, so hatte sie irgendwann begriffen, dass die Ewigkeit eine sehr lange Zeit war und dass der Platz neben dem Thron unbequem werden konnte.
    Es war fast schon erschreckend leicht gewesen, Calder auf ihre Seite zu ziehen - ein paar lusttrunkene Nächte, zwei Kisten Nibelungengold, der Mord an seinem besten Freund. Aus dem Rebellen war schnell ein gnadenloser Herrscher

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