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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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Lügnerin Glauben zu schenken, aber der Macht ihrer Träume vertraute er nicht.
    »Ziehe die Heere zusammen. Deines, das dänische - alle! Jetzt ist die Zeit, das Reich zu nehmen.«
    »Gut«, sagte er mehr zu ihrer Beruhigung denn aus Zustimmung. »Meine Generäle lasse ich noch diese Woche …«
    »JETZT!«, schrie Elsa wie von Sinnen. »Die Zeit ist jetzt!«
    Innerlich verfluchte sie Gadarics Abwesenheit - dank seiner Zauberkraft hätte sie mit einem Wimpernschlag nach Worms reisen können, um selber Zeugin der Ereignisse zu sein. Doch die Nibelungen hatten sich gegen sie verschworen, wie es schien, und nun musste sie mit Calders erbärmlichen Kriegern reiten.
    Calder küsste ihre nackte Schulter und zog sie in seine starken Arme. »Was kann schon geschehen, was heute geschehen
muss? Der Marsch auf Worms wird Wochen dauern und wir …«
    Sie drehte sich an seiner Brust herum, und zwei lange Nägel ihrer Finger drückten in das weiche Fleisch unter seinem Kinn. In ihrer Stimme lag nun keine Liebe mehr, keine Verführung. »Du tumber Narr. Sollte ich jemals deine Meinung wollen, würde ich sie mit deiner Zunge herausschneiden lassen. Die Reise nach Worms duldet keinen Aufschub.«
    Dann küsste sie ihn so lange und heiß, bis er selbst glaubte, sein Heer in Marsch setzen zu wollen.
    Er war schwach, und das war ihre Stärke.

12
    Ein letzter Kampf auf ledernen Schwingen

    Worms war unruhige Nächte gewöhnt. Es war keine Stadt, in der man den Frieden genießen konnte. Was die Horden-Krieger nicht zerstörten, fiel Mord und Diebstahl zum Opfer. Jeder nahm, was er zu brauchen meinte, und nicht, was ihm gehörte. Es gab kein Recht, kein Gesetz, keine Gemeinschaft. Es ging das Gerücht, dass nur Wormser Bürger in der Lage seien, mit einem offenen Auge zu schlafen, selbst wenn ihre Türen sorgsam verriegelt waren.
    Doch diese Nacht war anders und stach selbst unter denen hervor, die Opfer und Leid gebracht hatten. Den Trunkenbolden, die unvorsichtig aus Tavernen stolperten, war es zuerst aufgefallen: die Stille wurde nicht mehr von schweren Stiefelschritten durchbrochen. Was zuerst misstrauisch machte, entpuppte sich als seltsames Schauspiel. Hurgans Horden-Krieger standen still, als hätte man sie aus Lehm geformt und dann getrocknet. Ihre Brustkörbe verrieten keinen Atemzug, ihre Augen kein Blinzeln. Sie standen einfach nur da, unbeweglich und stumm. Das Leben war ihnen entzogen worden von der Macht, die es ihnen gegeben hatte.

    Es sprach sich schnell herum, zuerst flüsternd, dann immer lauter. Fenster wurden geöffnet, Türen einen Spaltbreit aufgestoßen. Ein kleines Mädchen wagte es, einen Horden-Krieger mit einer Haarnadel zu stechen. Kein Blut, keine Reaktion.
    So strömten die Menschen auf die Straßen, neugierig und zaudernd. Sie wollten wissen, was sich tat, denn sie konnten es nicht nur sehen - sie konnten es auch fühlen. Eine Kraft vibrierte durch die Stadt, die ihnen die Haare auf den Armen hochstehen ließ, und ein seltsam frischer Wind blies den Gestank über den Rhein davon, zum ersten Mal seit ungezählten Jahren.
    Auch Glismoda war unter denen, die sich in den Gassen drängten. Aus Sorge um Ragnar hatte sie sowieso nicht geschlafen - oder war er Sigfinn? Sie wünschte sich Gelegenheit, ihn zu fragen. Einen Weg einschlagen brauchte sie nicht - die Menschenmenge hatte ihre eigene Richtung, und diese führte genau dorthin, wo ansonsten niemand zu sein wünschte: zur Burg. Ein innerer Antrieb war in den Bürgern von Worms, ein stiller Ruf, und er rief sie zum Drachenfels.
    Selbst als die Flammen am Himmel zuckten, war es diesmal kein Signal, sich flugs zu verstecken. Fafnir drehte wirre Kreise über ihren Köpfen, krude und hilflos. Kaum drei Schritte von Glismoda fand sich der Mann, der es aussprach: »Seht! Jemand kämpft mit dem Untier!«
    Aus dem Unglauben wurde schnell Gewissheit, und die ersten Menschen jubelten der winzigen Gestalt zu, die sich zäh an das Biest krallte und immer wieder mit blitzender Klinge auf es einhieb.
    Niemand kannte mehr den Namen des Schmieds, der vor hundert Jahren im Versuch gescheitert war, Fafnir zu
bezwingen - aber jeder wusste, was er heute Nacht war: »Drachentöter!«
    Sie begannen es zu rufen, wie ein General zur Schlacht ruft, wie ein Volk dem weisen König huldigt: »Drachentöter!«
    Glismoda flüsterte es zuerst nur, doch dann wurde auch ihre Stimme laut und klar. »Drachentöter!«
    Bald sprach Worms, die Straßen überfüllt mit Menschen und Hoffnung, mit

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