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Das Erbe der Pandora

Das Erbe der Pandora

Titel: Das Erbe der Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Pugh
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Handfläche.«
    »Das war eine indirekte Übertragung.
Ich bekam es wahrscheinlich an meine Hand, als ich das Tor an derselben Stelle
berührte wie der Mörder.«
    »Die Polizei behauptet, das sei
unmöglich.«
    Er starrte sie wütend an. »Es ist nicht unmöglich!«
    Sie erwiderte seinen Blick. »Kip, du
und Bridget, ihr wart seit Jahren zwei meiner engsten Freunde. Unter alten Freunden,
erzähl mir, was wirklich gestern abend passiert ist.«
    Er stand abrupt auf. »Wächter, ich bin
hier fertig.«

9
     
     
    B ridget Cross, geborene Tyler, war mit
ihren drei Brüdern in einer bescheidenen Gegend mit kleinen, gepflegten Häusern
in der Stadt Anaheim in Orange County, im Schatten von Disneyland,
aufgewachsen. Das Haus der Tylers war unauffällig und unterschied sich nicht
von all den anderen vierzig Jahre alten, verputzten Einzelhäusern in den
Wohnsiedlungen, die einen zwanzig Jahre alten Anstrich in unmodernen Farben wie
Pastellrosa, Seegrün oder Knallorange trugen. Die Bäume, die von den
Hausbesitzern vor fast einem halben Jahrhundert gepflanzt worden waren —
hübsche Pinien, Palmengruppen und passende Pappeln, die vor dem Grundstück
aufgereiht waren wie Zinnsoldaten — ließen nun die Häuser hinter ihnen klein
erscheinen. Viele der ursprünglichen Eigentümer wohnten noch in der Gegend, wo
einst unzählige Kinder auf der Straße spielten. Junge Familien zogen wieder
ein, wenn die Alten gestorben waren oder sich in Seniorenstiften zurückzogen.
    Iris hatte während ihrer College-Zeit
viele Wochenenden bei Bridget verbracht. Den Tylers schien es nie etwas
ausgemacht zu haben, daß Iris dort war. Sie genoß es, aus dem Tumult ihres
eigenen Zuhauses in das unspektakuläre konventionelle Leben der Tylers zu
fliehen, mit den Barbecues am Wochenende, den Baseball-Spielen im Fernsehen,
dem Basketball-Korb auf der Auffahrt und dem Essen vom Chinesen. Faszinierend
war für sie auch die Vorstellung, Brüder zu haben.
    Iris ging an den zu hoch gewachsenen
Pappeln vorbei und den Betonweg entlang, der über den Rasen vor dem Haus der
Tylers führte, und klingelte. Im Haus ertönte das Dingdong. Die fünfzehn Jahre,
die vergangen waren, seit sie das letzte Mal auf diese Klingel gedrückt hatte,
schienen sich in nichts aufgelöst zu haben. Reue überkam sie. Wenn sie Bridget
doch nur geraten hätte, um ihr Leben zu laufen.
    »Iris, ich bin so froh, daß du
gekommen bist.« Das Gesicht und die Augen von Natalie Tyler waren von den
vielen Tränen geschwollen. Sie war immer noch schlank, aber unter ihrer
gelb-braun geblümten Bluse und der beigefarbenen Polyesterhose zeichnete sich
nun ihr rundlicher Bauch ab. Ihre Haare waren ebenso dunkelbraun wie die von
Bridget, nur waren sie bereits ergraut. Sie trug sie kurz gelockt — die Arbeit
ihrer Friseurin, die sie einmal pro Woche zum Waschen, Legen und Kämmen
aufsuchte. Natalie sah ihrer Tochter auffallend ähnlich; Bridget hatte immer
gesagt, daß sie nur ihre Mutter anzusehen bräuchte, wenn sie wissen wollte, wie
sie selbst in fünfundzwanzig Jahren aussehen würde.
    »Mrs. Tyler...« Iris ließ ihre Tüte
auf die Veranda fallen und umarmte Bridgets Mutter. Zum erstenmal, seit die
Polizei ihr an diesem Morgen von dem Mord an Bridget erzählt hatte, wurde sie
von Trauer überwältigt. Es ging ihr wohl weniger darum, Natalie zu trösten, als
selbst getröstet zu werden. Sie drückte die Frau ganz fest an sich, während ihr
die Tränen übers Gesicht liefen. Als sie sich erholte, war es ihr unangenehm,
diese arme Frau mit ihrem Kummer zu belasten.
    Iris holte eine dicke Papierserviette
aus der Tüte, die auf dem Boden stand, und wischte sich damit übers Gesicht und
die Augen. Ein Großteil ihres Make-ups vom Arbeitstag landete auf der
Serviette. Sie gab Natalie die Tüte von dem schicken Lebensmittelladen, für den
sie einen langen Umweg in Kauf genommen hatte und bei dem sie sündhaft viel für
das fertig zubereitete Essen der Delikatessenabteilung bezahlt hatte. »Hier ist
eine Lasagne. Sie ist etwas anders, mit einer Béchamel-Sauce, aber ich glaube,
Joe wird sie trotzdem mögen. Und dann ist da noch ein Salat, Brot und eine
Flasche Barbera.«
    »Danke, Iris. Das ist so lieb von
dir.«
    »Und ein Zitronen-Käsekuchen.« Iris
kam sich albern vor. Das mit den Lebensmitteln schien eine erbärmlich
unangebrachte Geste zu sein.
    »Komm herein.« Natalie trat zur Seite,
und Iris ging ins Haus. Sie folgte Natalie durch das bescheidene, saubere Heim,
das mit robusten Möbeln und

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