Das Erbe der Pandora
gern so dunkel hier drinnen. Das macht mich
verrückt. Wenn ich in meinem Büro kein Fenster hätte, würde ich vollkommen
durchdrehen. Am anderen Ende des Hangars hat Bridget eine Veranda anbauen
lassen. Manchmal, wenn es draußen schön ist, arbeite ich dort.« Toni sah Iris
mit aufgerissenen Augen an und verzog den Mund zu einem kleinen O. »Ich hab
vergessen, Ihnen etwas anzubieten. Was bin ich doch für eine schreckliche
Gastgeberin!«
»Ich brauche nichts, danke«, sagte
Iris. Tonis Stupsnase und ihr winziger gerundeter Mund erinnerte sie an eine
pausbäckige Puppe. »Ich habe gerade gefrühstückt.«
Toni setzte sich auf einen Stuhl vor
einem Computer-Bildschirm, auf dem Trottel verlieren immer lief. Iris
setzte sich daneben. Slade Slayer massakrierte hinter dem Startmenü immer
wieder dieselben Aliens, während aus den Lautsprechern Hardrock-Musik tönte. In
regelmäßigen Abständen verlautete die Bariton-Stimme von Slade: »Stirb,
Trottel!« Toni drehte einen Knopf an einem der Lautsprecher und stellte es
damit leiser.
»Nachdem wir miteinander gesprochen hatten,
habe ich mich in einige der Chat-Foren über Slade Slayer eingeloggt.« Toni
schlug die Beine übereinander und überkreuzte dann noch die Knöchel, so daß sie
aussah wie ein junges Mädchen vom Lande, das darauf wartete, zum Tanz
aufgefordert zu werden. Sie schaukelte die Beine auf einem Zeh vor und zurück.
»Das ist ja wohl widerlich, oder? Eine Schleuder in Bridgets Hand!«
»Haben Sie dort zum ersten Mal etwas
von einer Schleuder gehört?«
»Kann man nicht sagen. Die Polizei war
hier und hat Fragen gestellt, so ganz nebenbei, über Schleudern und so, als ob
man täglich über so was reden würde. Mick und Today und ich, wir haben uns nur
angeguckt und uns gefragt, was soll das denn? Wir haben denen erzählt, ja, wir
haben Schleudern. Die liegen hier überall rum. Mick wollte eine als Vorlage
haben, und Bridget hat einen ganzen Karton bestellt. Jeder in der Firma hat
eine. Ich konnte kaum irgendwo entlanggehen, ohne in den Hintern getroffen zu
werden, weil mich ständig irgendjemand mit irgendwas beschoß. Für Bridget hörte
der Spaß auf, wenn etwas Hartes als Geschoß benutzt wurde. Today fand diese
kleinen Gummibälle und kaufte einen Haufen davon. Hier ist so einer.« Sie
fischte einen roten Ball von gut zwei Zentimeter Durchmesser aus dem Wirrwarr
von Kabeln in der Mitte des Tisches und gab ihn Iris. Er war aus weichem Gummi.
Toni suchte weiter in dem
Durcheinander von Computerzubehör und —teilen herum, während sie redete. »Also
erzählt Today denen >Ja, in dem neuen Spiel ist eine Schleuder< und zeigt
ihnen den zehnten Level mit Cherry Divine und dem Ganzen.« Sie kroch unter den
Tisch und tauchte mit einer Schleuder wieder auf. Am Ende des robusten
Holzgriffes war ein dickes Gummiband befestigt. Sie gab Iris die Schleuder, die
damit den roten Gummiball durch den Raum schoß. Iris lächelte.
»Sehen Sie? Das bringt Spaß!« rief
Toni aus. »Wir brauchen hier unseren Spaß. Wir arbeiten immer sehr lang und
sind die ganze Zeit alle zusammen; wir würden uns sonst gegenseitig an die
Kehle springen. Die Bullen zierten sich auf alle Fälle total, uns zu sagen,
warum sie sich so für Schleudern interessieren. Die blieben ein paar Stunden.
Nachdem sie gegangen waren, dachten Today, Mick und ich, daß der Mörder eine
Schleuder am Tatort zurückgelassen haben muß, so quasi als Visitenkarte oder
so. Wir sind alle echt abgedreht, weil das genauso ist wie in Slades Kampf
gegen Cherry Divine.«
»Diese Cherry Divine ist eine von
Slades Feinden?« fragte Iris.
»Sie ist mehr als das. Sie ist das
Boß-Monster. Ich zeig’s Ihnen.« Toni nahm die Tastatur und tippte mit ihren
grell rosa lackierten Fingernägeln drauf los.
»Es tut mir leid, daß ich so
ungebildet bin, was diesen High-Tech-Kram angeht. Ich hab versucht, die Leute
in den Chat-Foren dazu zu bringen, daß sie mir einige der Fachbegriffe
erklären, aber sie waren nicht gerade sehr zuvorkommend.«
»Ich weiß, wie arrogant Computerfreaks
manchmal sein können. Bridget hat mir immer alles erklärt, weil es sonst
niemand wollte. Kip und Today sind echt die Schlimmsten. Keine Sorge. Ich
erkläre Ihnen alles, was Sie wollen.«
»Zuerst einmal, was ist das
Boß-Monster?«
»Im höchsten Level eines Spieles gibt
es ein wirklich böses, sehr mächtiges und total grauenhaftes Monster, das der
Spieler töten muß, um das Spiel zu gewinnen. Das ist sehr schwer, und
neunundneunzig
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