Das Erbe der Phaetonen
die Männer ihren Kom- mandanten an.
Was bedeutete das? Wer konnte in der Schleuse sein? Alle acht Besatzungsmitglieder waren doch in der Steuerzentrale. Sollten etwa...
„Das ist einer von ihnen“, stieß Melnikow mit erstickter Stimme hervor. „Ein anderer kann es nicht sein.“
Plötzlich stürzte Toporkow ans Pult und knipste einen der Bildschirme an. Vor Aufregung irrte er sich in den Hebeln und schaltete die Backbordseite ein.
Alle sahen ganz dicht neben dem Schiff einen dunklen Gegen- stand, den sie sogleich erkannten. – Es war der vermißte Ge- ländewagen Belopolskis.
Die Venusianer
„Ich schaffte es nicht mehr bis zu unserem Wagen“, schloß Ro- manow seinen Bericht. „Stanislaw Kasimirowitsch hat es an- scheinend geschafft. Der Regen peitschte und prasselte. Was dann geschah, weiß ich nicht mehr. Im Wasser kam ich wieder zu mir. Weit und breit war es dunkel. Zuerst glaubte ich zu schwimmen, aber dann fühlte ich, daß mich jemand festhielt. Dicht neben mir funkelten in der Finsternis drei riesige gelbe Augen. Ich begriff, daß es eine der ‚Schildkröten' war, die mich trug. Ich wußte, daß mein Funkgerät eingeschaltet war, und rief sofort um Hilfe. Das Reptil zuckte zusammen, als es meine Stimme hörte. Ich spürte es. Aber das Ungeheuer ließ mich nicht los, sondern umklammerte mich so, daß mir die Knochen krach- ten. Da hielt ich den Mund und horchte. Aber es kam keine Antwort. Entweder hatte mich niemand gehört, oder ich ver- paßte die Antwort. Den Versuch zu wiederholen wagte ich nicht. Das Reptil konnte mich zermalmen, ich bekam schon so kaum noch Luft. Ich wunderte mich, daß kein Wasser durch meinen Gasschutzanzug drang. Wie sich herausstellt, sind diese Anzüge also wasserundurchlässig. Auch die Sauerstoffzufuhr funktio- nierte normal. Aber das Atmen fiel mir immer schwerer, mir wurde schwindlig. Ich wußte, daß das vom Einatmen reinen Sauerstoffs kam. Dann erblickte ich einen sonderbaren Tunnel, dessen Wände mit rosig leuchtenden Baumstämmen verschalt waren. Ich stellte fest, daß ich wirklich von einer ‚Schildkröte' getragen wurde. Sie sah aus wie diejenigen, die wir Ihnen be- schrieben haben, Sinowi Serapionowitsch. Ein widerwärtiges Geschöpf! Sind das etwa die Venusianer? Aus dem Tunnel wurde ich in eine riesige Höhle geschleppt und dann schließlich hierher. Keineswegs erwartete ich euch hier zu sehen.“
„Ebensowenig haben wir Sie hier erwartet“, antwortete Belo- polski finster. „Schlecht, sehr schlecht! Drei Besatzungsmitglie- der in Gefangenschaft und nur noch acht Mann an Bord. Ich hoffe, daß Boris Nikolajewitsch niemanden mehr weit vom Schiff fortlassen wird.“
„Bestimmt werden sie versuchen, uns oder wenigstens unsere Leichen zu finden“, sagte Balandin. „Sie werden den ganzen See absuchen und schließlich den Tunnel finden.“
„Wenn der Schwimmwagen hereinfährt, könnte das mit einer Katastrophe enden. Er würde auch gefangen werden. Ach, wenn wir doch wenigstens unsere individuellen Sprechfunkgeräte bei uns hätten! Ich würde ihnen alle diesbezüglichen Versuche kate- gorisch verbieten! Erlauben Sie“, rief Belopolski plötzlich, „Sie haben ja ein Gerät bei sich, Wassili Wassiljewitsch!“
„Ich sagte doch schon, daß es aus irgendeinem Grund nicht funktioniert.“
„Sehr einfach“, sagte Balandin ruhig, „es funktioniert nicht, weil es nicht da ist.“
„Wieso?“
Das kleine schwarze Futteral des transportablen Funkgerätes j war tatsächlich nicht mehr vorhanden. Verwaist baumelte die abgerissene Leitung herab.
„Die verdammte ‚Schildkröte'!“ sagte Romanow. „Die war es.“
Das Futteral mußte abgerissen worden sein, als das Tier den Geologen ergriff.
„Nun ist Melnikow unsere einzige Hoffnung“, sagte Belopol- ski, „er muß sich darüber klarwerden, daß seine einzige Auf- gabe jetzt lautet: Die Forschungsarbeiten einstellen und auf die Erde zurückkehren. Mit den Venusianern wird sich die nächste Expedition bekannt machen.“
Konstantin Jewgenjewitsch sprach in einem Ton, als beträfen ihn die Folgen dieses Planes, den er Melnikow „nahelegte“, überhaupt nicht. Kein Zweifel – Belopolski hielt sich und seine beiden Genossen für hoffnungslos verloren.
„Gibt es keine Möglichkeit, von hier zu fliehen?“ fragte Ro- manow. „Unsere Anzüge eignen sich ohne weiteres für eine Wanderung unter Wasser.
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