Das Erbe der Phaetonen
Melnikows Frage. „Sie haben sie mir doch selbst verboten. Ich habe regungslos dagesessen.“
„Es kann aber keinen Zweifel daran geben, daß du die Trieb- werke in Gang gesetzt hast. Weißt du noch, bevor wir hier her- einkamen, haben wir doch den blauen Ring mit dem gelben Kreuz gesehen? Der gleiche Ring war auch vor dir zu sehen, als du dich in den Sessel setztest. Er bedeutete ein Warnsignal. Im ersten Fall galt es uns beiden, im zweiten nur dir.“
„Ja, so muß es sein“, pflichtete Wtorow ihm bei. „Aber ich erinnere mich ganz genau, daß ich keine Bewegungen gemacht habe.“
„Also müßte das Raumschiff gestartet sein, weil du vom Start gesprochen hast. Doch das ist unmöglich. Ich gebe zu, daß eine Automatik so konstruiert sein kann, daß sie auf Laute rea- giert, aber die Phaetonen konnten doch unmöglich die russische Sprache kennen. Außerdem sind die Laute ihrer Sprache den unseren ganz und gar nicht ähnlich.“
„Natürlich. Ich habe vorhin gesagt – dessen erinnere ich mich ganz genau –: ,Ich mache die erforderliche Bewegung, und das Raumschiff...' Das Raumschiff! Boris Nikolajewitsch, mir kommt eben ein ganz verrückter Gedanke! Die Türen! Ver- stehen Sie, die Türen!“
„Was für Türen?“
„Die Türen hier im Schiff! Die fünfeckigen Konturen!“
„Ich verstehe gar nichts.“
„Gehen wir raus“, sagte Wtorow. „Ich glaube, ich hab's. Wir dürfen hier drinnen nicht weitersprechen.“
„Ich habe auch schon gedacht, daß es besser wäre, von hier zu verschwinden“, erwiderte Melnikow, vergeblich darüber nachsinnend, was sein Kamerad meinen könnte. „Aber es sind ja keine Knöpfe da.“
„Um so besser.“ Mit diesen seltsamen Worten wandte sich Wtorow der Stelle zu, an der sich die Tür befinden mußte.
Augenblicklich zeichneten sich die Konturen des Fünfecks ab. Gleich darauf war der Durchgang frei.
„Sehen Sie“, sagte Wtorow mit vor Erregung zitternder Stimme. „Ich habe recht. Die Automatik funktioniert einwand- frei. Und wir haben gedacht, sie sei hinüber.“
Melnikow begriff nichts. Hatte Gennadi etwa den Verstand verloren? Wovon redete er?
Sie krochen durch die Öffnung. Sofort schloß sie sich wieder hinter ihnen.
„Schließen tun sie sich von allein“, sagte Wtorow. „Ach, ihr prächtigen, klugen Phaetonen!“
„Sei endlich so gut und erklär mir, was das zu bedeuten hat.“
„Das hat zu bedeuten, daß wir gerettet sind. Wir können das Raumschiff lenken, und sogar sehr einfach.“
„Nun schieß schon los!“
„Erst mache ich noch einen Versuch“, sagte Wtorow. „Dann haben wir den endgültigen Beweis. Passen Sie auf!“
Er verharrte regungslos.
Gleich darauf flammte unmittelbar vor ihnen der blaue Ring mit dem gelben Kreuz auf, und anschließend öffnete sich die Tür zu dem Raum mit dem Steuerpult.
„Und jetzt schließt sie sich wieder“, sagte Wtorow.
Die Tür schloß sich tatsächlich wieder.
„So!“ Wtorow fuhr sich mit der Hand über die Stirn, als wolle er sich den Schweiß abwischen. „Alles ist klar!“
„Es sind doch nicht etwa die Gedanken, die alles bewirken?“
„Nein, nicht die Gedanken. Der Mensch denkt vorwiegend in Worten. Es ist was anderes. Dies hier hängt wohl mit den Bio- strömen des Organismus zusammen. Jetzt weiß ich jedenfalls, war- um wir gestartet sind. Als ich die verhängnisvollen Worte sagte, stellte ich mir ganz deutlich vor, daß das Raumschiff startet. Die Vorstellung war real, sichtbar. So als ob ich selbst... Verstehen Sie? Es ist schwer zu erklären. Nehmen wir ein Beispiel: Kön- nen Sie, auf irgendeinen Gegenstand, sagen wir einen Stuhl, blickend, ihn in Gedanken hochheben? Nein, nicht in Gedanken, sondern mit der Empfindung des Hochhebens? Ich weiß wirklich nicht, wie ich es Ihnen erklären soll.“
„Nicht nötig. Du hast zweifellos recht. Die Automatik des Raumschiffs wird durch Bioströme gelenkt. Offensichtlich war die Disziplin des Denkens bei den Phaetonen hoch entwickelt. Und nicht nur die des Denkens, sondern auch die der Vorstel- lungskraft. Jetzt begreife ich auch, warum sich die Türen nicht immer sofort öffneten. Sie warteten, bis du sie unbewußt, kraft deines Wunsches, sie möchten sich öffnen, öffnetest. Ich erinnere mich, wie ich einmal allein vor eine Tür trat – du warst zurück- geblieben –
Weitere Kostenlose Bücher