Das Erbe der Phaetonen
entfernten, erlaubte Belopolski nicht. War doch jeder Ausflug mit Lebensgefahr verbunden. Sie befan- den sich mitten im Asteroidengürtel. Die vergleichsweise große Masse der Ceres zog zahlreiche kleine Bruchstücke an. Inner- halb von vierundzwanzig Stunden fielen in der Nahe des Raum- schiffs nicht weniger als hundert Steine vom Himmel, die kos- mischen „Staubteilchen“ nicht mitgerechnet.
Dennoch gingen die Männer im Interesse der Wissenschaft immer wieder hinaus. Zwei Säcke mit Staub und mehrere Dut- zend Meteoriten lagen bereits am Boden ihres Wohnraums. Korzewski kletterte auf einen der nächsten Felsen und schlug ein großes Stück Granit ab.
Außerdem bestand noch die Gefahr, in eine der Spalten zu stürzen, die die Ceres kreuz und quer durchzogen. Beim ersten Ausflug, an dem alle drei teilnahmen, wäre Korzewski beinahe in eine solche Spalte gefallen. Die Staubschicht verdeckte sie völlig, so daß»man sie gar nicht bemerkte. Wie gut, daß sie sich nach Art der Bergsteiger mit einem kräftigen Seil aneinander festgebunden hatten. Ohne diese Vorsichtsmaßnahme hätte die Sache leicht schlimm ausgehen können. Wußten sie doch nicht, wie tief diese Spalten waren.
Nachdem Korzewski, an einem langen Seil vom Raumschiff aus gesichert, den Granitbrocken geborgen hatte, beschloß Be- lopolski, keine weiteren Exkursionen mehr zu unternehmen.
„Jetzt müssen wir alle drei auf Hilfe warten“, sagte er. „Oder alle drei zugrunde gehen. Wir dürfen ohne ernsthaften Grund nichts mehr riskieren.“
Die beiden anderen stimmten ihm zu.
So waren die drei Kosmonauten denn auf viele Wochen, viel- leicht auch für immer im Innern des Raumschiffs eingeschlossen.
Sie langweilten sich sehr. Ein Tag glich dem anderen. Belo- polski stellte noch Beobachtungen an, Wtorow und Korzewski aber litten unter der Untätigkeit.
Auf die Minute genau versenkten alle zwölf Stunden die Automaten die Raumfahrer in einen achtstündigen Schlaf. Das entsprach offenbar dem Tagesrhythmus der Phaetonen, der auch jetzt von ihrem Raumschiff eingehalten wurde, ungeachtet der Bedürfnisse seiner neuen Herren. Sich gegen diesen aufgezwun- genen Schlaf zu wehren war ganz unmöglich. Unüberwindliche Müdigkeit befiel die Männer, und sie schliefen ein, ob sie woll- ten oder nicht.
Belopolski zog daraus die Schlußfolgerung, Tag und Nacht hätten auf dem untergegangenen Phaeton zwanzig Stunden ge- dauert, die Bewohner aber hätten länger geschlafen als die Erdenmenschen, oder richtiger, sie seien kürzere Zeit wach ge- wesen.
Korzewski war anderer Meinung.
„Wenn dieser Tagesrhythmus für die Phaetonen normal war“, meinte er, „wieso brauchten sie da den künstlichen Schlaf? Ich glaube vielmehr, dies war nur bei Raumflügen ihr Rhythmus. Sie hielten ihn dann für den zweckmäßigsten. Bei sich zu Hause aber konnten sie durchaus eine andere Tageseinteilung haben.“
Wtorow interessierten diese theoretischen Streitfragen wenig. Mit Schrecken dachte er an die vor ihnen liegenden drei Monate Wartezeit. Drei Monate – das waren neunzig Erdentage! Wo- mit sollte er die ausfüllen?
Die Aufgabe, die Cereslandschaft zu filmen, hatte er bereits in den ersten Tagen erfüllt. Weiter gab es nun nichts mehr auf- zunehmen. Die Bücher hatten sie schon zweimal gelesen. Und schlafen? Sie schliefen ohnehin mehr als je zuvor, dank den Phaetonen.
Der trostlos-eintönige Anblick, der sich ihrem Auge hinter der durchsichtigen Wandung bot, langweilte sie zu Tode. Doch selbst nachts wagte Wtorow die Wände nicht zu „schließen“. Belopolski hatte es kategorisch untersagt. Er befürchtete, die unbekannte Energie, die die rätselhaften Mechanismen zur Steuerung der Durchsichtigkeit speiste, könnte sich erschöpfen. Eingeschlossen zu sein aber, ohne eine Möglichkeit, nach drau- ßen zu blicken, das wäre zu schrecklich. Aus demselben Grunde beanspruchten sie auch die Türautomatik so wenig wie möglich.
„Wir sitzen in einem Gefängnis“, sagte Korzewski. „Verur- teilt zu drei Monaten Haft.“
Drei Monate! Sie sprachen nur von dieser Frist und verschlos- sen bewußt die Augen davor, daß sie eine Mindestfrist dar stellte. Hilfe konnte nur dann in drei Monaten eintreffen, wenn das betreffende Raumschiff noch am selben Tag, da sich die Ka- tastrophe mit dem „Phaetonen“ ereignet hatte, von der Erde ge- startet war.
Wenn man nun aber in der
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