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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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als ich Euch das letzte Mal sah, war Eure Mutter eben dabei, Euch zu wickeln. So rasch wie möglich, damit die jüdische Herbergswirtin nicht sah, dass Ihr nicht beschnitten wart. Obwohl wir Euch doch Baruch nannten …«
    Salomon lächelte Verständnis heischend. Und der junge Mann erwiderte sein Lächeln. Etwas verwirrt – aber genau so, wie Gerlin gelächelt hatte. Salomon fragte sich, wieso er eben nur Dietrich in seinen Zügen gesehen hatte. Dietmar hatte doch Gerlins Augen, ihre vollen Lippen – und die mitreißende Art, die dem ruhigen Dietrich eher abgegangen war.
    »Dann müsst Ihr … mit meiner Mutter gereist sein«, meinte Dietmar unsicher. »Aber … aber … wenn Ihr einer der Ritter wart, die sie begleitet haben … Wie konntet Ihr wissen …?«
    Salomon hatte sich auf der Reise mit Gerlin als christlicher Bader ausgegeben, sein Judentum aber in der Pariser Herberge nicht mehr geleugnet. Von diesem Wechsel wussten eigentlich nur Gerlin, Abram, Miriam und …
    Salomon sah entzückt, wie es in Dietmars Gesicht arbeitete. Auch Dietrich hatte so angestrengt nachdenken können.
    »Aber Ihr könnt nicht der Medikus sein. Meine Mutter sagte mir, er habe in Paris den Tod gefunden.«
    Salomon schüttelte den Kopf. »Ich wurde gerettet, Dietmar, aber ich ließ Gerlin in dem Glauben. Sie hatte ihr Glück mit Florís gefunden, wer war ich, um …«
    Dietmar sah ihn stirnrunzelnd an, und Salomon biss sich auf die Lippen. Natürlich, der junge Mann wusste nichts von dem, was zwischen ihm und seiner Mutter gewesen war.
    »Es ist eine lange Geschichte«, meinte Salomon. »Aber ja, ich bin Salomon von Kronach, und ich bin Jude. Das weiß hier allerdings niemand. In Montalban nennt man mich Gérôme de Paris.« Er verbeugte sich leicht.
    Dietmar lächelte verschwörerisch. »Dann werde ich Euch auch so nennen. Aber Ihr müsst mir die Geschichte erzählen. Können wir uns irgendwohin zurückziehen?«
    Salomon nickte. »Gleich. Sobald ich diese Mangonels inspiziert habe. Sie …«
    »Mangonels?«, fragte Dietmar. »So nennt Ihr die Maschinchen hier? Lustige kleine Katapulte. Aber was wollt Ihr damit? Sie sind zu klein, Ihr kommt damit kaum über Pfeilflugweite. Die Leute in der Burg werden die Kanoniere unter Beschuss nehmen.«
    Salomon schüttelte den Kopf. »Wenn unsere Berechnungen stimmen, schießen sie gut zweihundert Ellen weiter, als ein Pfeil fliegt«, erklärte er. »Das liegt an den verdrehten Seilen im unteren Bereich, die viel weniger Platz und Höhe brauchen als ein Hebel. Schaut’s Euch nur genau an. Das Wirbeln der Seile, wenn sie sich aufdrehen, erzeugt die Kraft, die den Wurfarm dann hochschleudert. Und die Kanoniere sind in diesem Fall nicht gefährdet – die befinden sich innerhalb der Mauern.«
    Dietmar pfiff durch die Zähne. »Eine Blide zur Verteidigung! Oder gleich drei. Klein und leicht zu bewegen! Die Belagerer müssen denken, die ganze Mauer sei damit bestückt!«
    Salomon lächelte. »Ihr habt das Lachen Eurer Mutter und den Verstand Eures Vaters.«
    »Aber die Position der Achse …« Dietmar hörte die Schmeichelei gar nicht. »Hier ist einiges nicht sauber gearbeitet.«
    Salomon seufzte. »Deshalb kann ich jetzt auch nicht mit Euch reden, sondern muss diesen Schreiner aufsuchen, der die Dinger für uns gefertigt hat. Und den Schmied wegen der Bandeisen, wir wollen den Wurfarm verstärken … Das dürfte sich äußerst mühsam gestalten. Der Burgherr zeigt nämlich leider nicht Euren Weitblick. Er hält die Mangonels für Spielerei und unterstützt uns nicht. Die Handwerker wissen das und arbeiten schlecht – obwohl nicht er es ist, der sie bezahlt. Aber wenn es Euch nicht zu langsam geht …«, Salomon wies auf sein steifes Bein, »… könnt Ihr mich gern begleiten. Vielleicht ein bisschen mit dem Schwert herumfuchteln, dann kriegen die Kerle Angst!« Er lachte. »Und vor allem will ich wissen, was Euch herführt. Ihr kommt doch nicht als Fahrender, um für Raymond zu kämpfen?« Der Medikus sah seinen früheren Ziehsohn prüfend an. »Solltet Ihr nicht Lauenstein zurückerobern?«
    Dietmar straffte sich und sah Salomon stolz in die Augen. »Das ist bereits geschehen, Herr Salomon! Der Usurpator ist tot, meine Mutter sitzt auf Lauenstein und verwaltet es für mich. Bis ich mit meiner Frau zurückkehre.«
    Salomon lachte, glücklich und erleichtert. »Ihr seid auf Freiers Füßen? Wer ist die Glückliche? Der Graf hat keine passenden Töchter.«
    Dietmar biss sich auf die Lippen. »Auch

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