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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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rang sich ein weiteres Lob für Sophias Sangeskunst ab, aber das Mädchen ließ jetzt die Laute sinken. Die Gräfin folgte seinem Blick und sah Geneviève und die Maurin über den Hauptweg durch den Rosengarten schreiten. Noch so eine Heidin an ihrem Hof, mit der sie sich abfinden musste! Und die anscheinend die Einzige war, mit der die junge Geneviève ab und zu mehr als drei Worte tauschte. Auch jetzt befanden sich die beiden in regem Streitgespräch.
    »Natürlich sind die Sterne schön, aber das ist ja eben das Teuflische!«, erregte sich Geneviève. »Das und vieles andere ist geschaffen worden, um uns zu versuchen, um uns die Seelen zu rauben, denn wir konzentrieren uns nur noch auf das Äußerliche und nicht auf das Gute, Reine und Wahre!«
    »Aber ich verstehe nicht, was verderbt und verlogen an den Sternen sein soll«, entgegnete die Maurin nachsichtig, und man hörte ihrer Stimme an, dass sie lächelte. »Für mich sind sie klar und rein, und sie sind ewig. Während mir Euer Himmel recht dunkel erscheint, Geneviève.«
    Leonor hätte sich beinahe erlaubt, über diese Bemerkung zu lachen, aber dann fiel ihr ein, dass auch der maurische Himmel ein äußerst sündiger Ort zu sein schien. Wahrscheinlich sogar noch schlimmer als jener der Albigenser.
    »Eine gereinigte Seele ist Licht in sich!«, behauptete Geneviève. »Gott ist Licht, die Ewigkeit ist ein Aufgehen im Licht …«
    Die Maurin rieb sich die Stirn. »Ihr redet den Scheiterhaufen ja geradezu herbei«, seufzte sie, um sich dann vor der Gräfin zu verbeugen. »Ich hörte, Euch sei nicht wohl, Herrin«, sagte sie freundlich. »Kann ich irgendetwas für Euch tun? Im letzten Monat hat Euch der Tee doch gutgetan, der den Blutfluss anregte. Ich kann ihn anmischen, die Ärzte in meinem Land sind sehr gut, und ich habe mich nach den wichtigsten Kräutern erkundigt, bevor ich dem Ruf an Euren Hof folgte.«
    Leonor wehrte ab. »Nein, lasst nur, es ist schon besser. Und solange der Blutfluss nicht eintritt, kann ich immer noch hoffen, dass mein Leib in diesem Monat vielleicht doch gesegnet wurde. Ich bin nun schon so viele Jahre verheiratet und immer noch nicht gesegneten Leibes. Habt Ihr dagegen eine Medizin, Herrin Ayesha?«
    Die Maurin schüttelte den Kopf. »Nein, Herrin, aber ich bin auch nicht wirklich heilkundig. Ich könnte jedoch die Sterne befragen …«
    Es klang nicht sehr hoffnungsvoll. Aber Leonor hatte längst bemerkt, dass die Maurin auswich, wenn man genauer nachfragte. Offensichtlich konnten die Sterne wissen, ob es ratsam war, dem Willen des Papstes zu trotzen und ein Nest von Ketzern zu beschützen, aber ob eine Frau guter Hoffnung war, verrieten sie sicher nicht. Wenn es nach der Gräfin gegangen wäre, hätte man die Maurin mitsamt ihres windigen Ehemannes umgehend zurück nach Al Andalus geschickt. Wenngleich ihr die Vermittlung des Herrn Abu Hamed die Verwirklichung ihres Herzenswunsches ermöglicht hatte. Ihre Kapelle zierte ein kleines, rein goldenes Gefäß mit einer Reliquie der heiligen Perpetua.
    »Ihr solltet einfach regelmäßig vor Eurem Kleinod in der Kapelle beten«, regte Sophia mit ihrer sanften Stimme an. »Die Heilige wird Euch irgendwann ein Kind schenken, so fromm und schön und treu wie sie selbst.«
    Leonor nickte, erhoffte sich aber nicht allzu viel. Sie konnte die Heilige lediglich um mehr Glauben und mehr Treue von Seiten ihres Ehemannes bitten. Wenn Raymond häufiger in ihr Bett käme, statt Geneviève zu umschwärmen, die jetzt ein spöttisches Lächeln zu verbergen suchte, gäbe es auch größere Hoffnung auf ein Kind – wobei die Angelegenheit dem Grafen selbst nicht sonderlich dringlich erschien. Er hatte bereits Nachkommen aus früheren Ehen, und sein Sohn Raymond – Raymondet genannt – war erwachsen und machte ihn stolz. Leonor konnte sich also ganz ohne schlechtes Gewissen eine Tochter wünschen, wenn Gott ihre Bitten endlich erhörte.
    Nun aber stand sie erst einmal auf und tat so, als gedenke sie, sich in die Kapelle zu begeben. Ihr stand weder der Sinn nach einer Unterhaltung mit der Maurin noch mit Geneviève. Ein Besuch bei der heiligen Perpetua war da eine gute Ausrede. Und dann konnte man eine Kleinigkeit essen und überlegen, wie man den Nachmittag verbrachte. Am kommenden Morgen stand eine Falkenjagd an. Leonor seufzte. Wenn sie sich bis dahin nicht besser fühlte, würde sie die Herrin Ayesha vielleicht doch um ihren Tee bitten müssen.
    Geneviève schüttelte den Kopf, als die Gräfin

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