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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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zahlenmäßig weit unterlegen. Jeder Schritt musste gut überlegt sein. In der Mitte des Zuges erkannte er einen Karren mit einem Schilfrohrkäfig, darin zwei schlafende Frauen.
    Menschenopfer! Jarmil stieß einen leisen Fluch aus und spie verächtlich auf den Boden. Die Blutgier des verhassten Gottes trieb immer grausamere Blüten. Es wurde höchste Zeit, der Tyrannei durch die Priesterinnen ein Ende zu setzen. Ein rascher Blick über die Schulter zeigte ihm, dass mehr als die Hälfte seiner Streiter bereits Stellung bezogen hatten. Nur noch wenige Schritte, dann konnte er Maimun das vereinbarte Zeichen geben.
    Jarmil hielt kurz inne, schloss die Augen und sandte ein kurzes Gebet an Callugar, den Gott der bewegten Macht, des Krieges und des Angriffs.
    Wie allen Streitern Callugars war auch Jarmil jede Gewalt zuwider. Aber die Zeiten waren hart, und so mussten sich auch die Anhänger des alten Glaubens dem Unvermeidlichen fügen und mögliche Opfer in Kauf nehmen, um ihre Ziele zu erreichen.
    Im Gebüsch jenseits des Wegs ertönte der Ruf eines Tagaras.
    Maimun war bereit.
    Jarmil erwiderte den Ruf mit dem dumpfen Balzruf der Sumpfhühner. Ein leiser zischender Laut in unmittelbarer Nähe zeigte ihm, dass auch die Blasrohrschützen das Signal vernommen hatten und ihre Pfeile gegen die Wachtposten sandten.
    Eins … zwei … Jarmil zählte das Verstreichen der Zeit an seinen Fingern ab. Die Pfeilspitzen waren mit einem betäubenden Gift bestrichen, das schnell Wirkung zeigte. Bei fünfzehn sollten alle Wachen außer Gefecht sein.
    Acht … neun … zehn … Jarmil hatte noch nicht zu Ende gezählt, als der Wachtposten zehn Schritte vor ihm auf dem Weg kraftlos zu Boden sank.
    Niemand schien von dem Vorfall Notiz zu nehmen, doch weiter hinten im Lager wurden plötzlich Stimmen laut. Jemand schlug Alarm.
    »Vorwärts!« Jarmil brüllte den Befehl in das Dickicht hinaus, zog sein Kurzschwert und stürmte los. Die Streiter folgten ihm, ohne zu zögern. Kaum hatte er den Weg erreicht, hallten auch schon die ersten Geräusche von Zweikämpfen durch den nächtlichen Wald. Gemeinsam mit Maimuns Streitern, die den Weg von der anderen Seite stürmten, gelang es ihnen, die meisten Kwannen noch im Schlaf zu überwältigen und sie mit blank gezogenen Kurzschwertern in der Mitte des Zuges zusammenzutreiben.
    Der Sieg wurde schnell und unblutig errungen – fast schon zu leicht, wie Jarmil fand. Am Ende lagen fünfzehn Kwannen-Krieger besinnungslos am Boden, während die Streiter Callugars kein einziges Opfer zu beklagen hatten.
    »Kurz und schmerzlos.« Noch immer um Atem ringend, trat Maimun auf Jarmil zu und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Gut gemacht.«
    Jarmil nickte dem Freund zu, antwortete jedoch nicht. Für ihn war der Kampf noch nicht zu Ende. Die eingekesselten Kwannen fest im Blick, schritt er auf einen seiner Kommandanten zu und fragte: »Sind Kinder darunter?«
    »Zehn oder zwölf« Der Kommandant nickte.
    »Schaff sie her.« Es war nicht Jarmils Art, so streng und herzlos zu sprechen, doch er wusste, dass es von entscheidender Bedeutung für das Gelingen des Plans war, die Kwannen nachhaltig einzuschüchtern. Er hörte die Mütter aufschreien, als man ihnen die Kinder nahm, und es brach ihm fast das Herz.
    Auch seine Frau hatte einst so geschrieen. Damals, als die Krieger der Tempelgarde ihr in Zeiten der Dürre die einzige Tochter entrissen hatten, um ihr Blut dem Einen zu opfern.
    Zehn Winter schon trug er sich mit den Gedanken an Rache, aber auch mit der Scham über das eigene Unvermögen, seine Familie zu beschützen. Immer wieder fragte er sich, ob er das Grauen hätte verhindern können, und wusste doch, dass das Messer eines Tempelkriegers an seiner Kehle ihn damals zur Untätigkeit verdammt hatte.
    Jarmil ballte in unterdrückter Wut die Fäuste. Er würde keine Ruhe finden, ehe er dieses Unrecht und die furchtbaren Gräuel, die darauf gefolgt waren, nicht gerächt hatte. Und so rechtfertigte er die eigene Härte vor sich selbst damit, dass seine Tat einer gerechten Sache diente, während er gleichzeitig darum betete, dass der hohe Einsatz nicht vergebens war.
    Nur wenige Herzschläge später standen die Kinder vor ihm. Zitternd, weinend und verängstigt schauten ihn die elf Knaben und Mädchen an. In ihren Augen sah er Todesängste und fragte sich voller Abscheu, wie die Priesterinnen bei den Opferungen einen solchen Blick ertragen konnten, ohne zu verzweifeln. Wie viel Unbarmherzigkeit und Grausamkeit

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