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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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schützen. Die Schimmelstute hatte Angst und wurde immer unruhiger. Wieder und wieder versuchte sie aufzustehen, und Ajana musste ihre ganze verbliebene Kraft aufwenden, um zu verhindern, dass sie blindlings davonlief. Sie begann die Wüste zu hassen und ärgerte sich, dass sie sich überhaupt auf dieses Abenteuer eingelassen hatte.
    Keelin hatte ihr im Winter die Geschichte der Flucht nach Nymath erzählt. Hunderte waren damals umgekommen. Sie hätte wissen müssen, dass der Ritt durch die Nunou kein Spaziergang werden würde. Zumindest hätte sie die Reise besser vorbereiten sollen. Stattdessen aber hatte sie sich ganz auf ihr Glück, auf Aszas ermunternde Worte und die Macht der Runen verlassen, um …
    Die Macht der Runen!
    Ajana stutzte. Warum ist mir das nicht schon viel früher eingefallen?, dachte sie. Wenn es mir in Sanforan gelungen ist, Keelin trocken durch den Regen zu führen, dann müsste es mir auch möglich sein, den Sandsturm von uns fern zu halten.
    Sie war sehr überrascht gewesen, als sie zu Beginn des Winters bemerkt hatte, dass das Lied, das die Magie der Runen zum Leben erweckte, noch immer in ihr war. Gaelithil selbst hatte ihr gesagt, dass sie es nur einmal würde singen können: »Das Lied kann nur ein einziges Mal erklingen«, hatte die Elbenpriesterin in der Höhle der Seelensteine zu ihr gesagt. »Die Worte haben keinen Bestand in deiner Erinnerung. Einmal ausgesprochen, sind sie für immer verloren.«
    Aber sie waren nicht verloren. Nicht mehr.
    Nachdem Ajana die Nebel gewoben hatte, hatte sie sich nicht mehr an das Lied erinnern können, doch mit der Zerstörung der Nebel war es zu ihr zurückgekehrt. Offenbar konnte die Magie des Amuletts nicht zerstört werden. Das Lied würde überdauern, solange das Amulett existierte. Wie es ihm bestimmt war, kehrte es immer wieder zu der Nebelsängerin zurück, der die Macht inne wohnte, die Nebel neu entstehen zu lassen. Und so war es zu ihr zurückgekommen.
    Unter Inahwens kundiger Anleitung war es ihr gelungen, Teile des Liedes zu verwenden, um sich und andere zu schützen, ohne dass das Lied selbst dabei verlorenging. Die Macht der Runen ruhte in ihr und war längst zu einem Bestandteil ihres Selbst geworden, dessen sie sich beliebig bedienen konnte. Sie war immer da, auch hier und jetzt, und Ajana war entschlossen, sie zu nutzen.
    Hustend und keuchend tastete sie unter der Decke nach dem Amulett, das sie wie selbstverständlich um den Hals trug. Warm und vertraut lag es in ihrer Hand. Der wirbelnde Sand nahm ihr die Sicht, aber sie konnte die Schriftzeichen sicher mit den Fingern ertasten. Mühelos fand ihr Finger den Weg zur ersten Rune. Kaum, dass sie diese berührte, entflammte auch schon das vertraute Licht in ihrem Innern, das die Magie einleitete. Es schwoll an und wurde rasch zu einem hellen Schein, während sich die Melodie Gaelithils wie von selbst in ihren Gedanken formte. Aus den Tönen wurden Wörter der uralten Sprache, die Ajana nie selbst gesprochen hatte und die sie dennoch so mühelos verstand, als wäre es ihre eigene. Die Melodie wurde lauter, die Magie fordernder. Ajana fühlte die Macht, die darin verborgen lag. Sie ließ sich von den Klängen tragen, öffnete die Lippen einen winzigen Spalt und sang leise: »Laston i thross i ngelaidh. Olthon o mellon ne mith …«
    Das Lied entströmte ihr wie von selbst und erschuf vor ihren Augen erneut das Bild des uralten Waldes. Als sie den Wald am Arnad das erste Mal in der Vision gesehen hatte, hatte sie sich gefürchtet. Inzwischen hatte sie jedoch gelernt, den Flug über das dichte Grün und den jähen Absturz bis hinunter zu den Wurzeln der Bäume als ein Teil der Magie anzunehmen. So ließ sie sich auch jetzt von der Melodie führen und spürte, wie die Worte in ihr an Macht gewannen.
    Ein heftiger Husten drohte das hehre Gefühl zu zerstören, aber sie riss sich zusammen, während ihre suchenden Finger die zweite Rune ertasteten …
    … Die Zeit verschwand in einem Sturm von Empfindungen, der als heißer Wind aus einer bodenlosen Schwärze zu kommen schien und alles hinwegfegte, das ihr den Weg zur Vollendung der Magie erschwerte. Sie wurde eins mit den Elementen und mit der Magie, die in ihr loderte. Eine wohlige Wärme hüllte sie ein, schützend und stärkend, während ihr menschliches Ich zurückwich und ihr uraltes Erbe sich entfaltete.
    Sie war bereit.
    Ajana spürte, dass ihr Finger zur dritten Rune gleiten wollte, aber sie war auf der Hut. Sicher führte sie ihn

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