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Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin

Titel: Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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der Zeit das Antlitz vieler aus seinem Geist davongespült hatte. Acht seiner Söhne waren als Krieger zum Pass gezogen, um für die Rückkehr in die alte Heimat zu kämpfen. Fünf von ihnen waren dort gefallen, drei galten als vermisst. Die älteste Tochter war von einer schleichenden Krankheit dahingerafft worden. Seine drei hübschesten Töchter, über deren Schicksal er nie etwas erfahren hatte, hatte er dem Whyono zum Geschenk machen müssen, um sich dessen Wohlwollen zu erkaufen, und zwei weitere hatte er aus denselben Beweggründen dem dunklen Gott als Blutopfer dargebracht.
    Ulan ballte verbittert die Fäuste. So viel Blut, so viel kraftvolles junges Leben war dahingegangen für einen Traum, der nun niemals mehr Wirklichkeit werden sollte. Blind vor Hass auf die Vereinigten Stämme, hatten die Stammesfürsten, aber auch die Stammesältesten der Uzoma das Schicksal ihres Volkes einem grausamen und selbstsüchtigen Gott anvertraut und dessen hehren Versprechungen auf ein besseres Leben und Gerechtigkeit Glauben geschenkt.
    Sie hatten viel gewagt und alles verloren.
    »So büßen wir nun dafür, dass wir uns abwandten von dem alten Glauben und dafür, dass wir die Regeln unserer Väter und Vorväter schändlich missachteten«, murmelte er leise vor sich hin, ohne zu bemerken, dass er die Bedeutung der Ereignisse damit verkannte. »Nun denn …« Der geflochtene Korbstuhl knarrte, als der Alte sich straffte. »Sollte mein Volk untergehen, wird es dies erhobenen Hauptes tun, mit der Gewissheit, am Ende doch noch Einsicht erlangt zu haben.«
    Kaum hatte er das ausgesprochen, bauschte eine Windböe die dicht gewebte Matte aus Schilffasern auf, die vor dem Eingang der Hütte hing. Das Flechtwerk wurde nach innen gedrückt, und etwas Kleines, Dunkles glitt darunter hindurch, geradewegs auf die Feuerstelle zu.
    Einen endlosen Herzschlag lang schien die Zeit still zu stehen, dann hörte Ulan Jamzhe aufschreien und sah, wie sie sich fluchtartig vom Feuer fortbewegte. Noch ehe er wirklich begriff, was geschah, schoss mitten aus der Glut eine gleißende Feuersäule empor, die an der Hüttendecke als knisternder Funkenregen zerbarst. Die Funken verteilten sich schlagartig im ganzen Raum und setzten die Ausstattung aus trockenem Schilfgeflecht augenblicklich in Brand.
    Ulan beobachtete dies alles, ohne wirklich zu begreifen, was geschah. Er hörte seine Frauen schreien und das Kind weinen. Er sah Jamzhes Haare brennen, spürte die Hitze der Flammen und atmete hustend den beißenden Rauch ein.
    »Faragt! Faragt! – Raus! Raus!«, hörte er Anao rufen, die mit dem Kind auf dem Arm ins Freie flüchtete. Doch er starrte nur wie gelähmt auf das Bild, das sich ihm bot. Unfähig, die Gefahr zu begreifen, saß er in seinem Korbstuhl, hustend, röchelnd – und fassungslos, während Jamzhe, in ein flammendes Gewand gehüllt, schreiend und wild um sich schlagend auf der anderen Seite der Feuerstelle zusammenbrach …

 
     

     
     
    Es war eine kurze, aber heftige Beratung, in der Bayard keinen Hehl daraus machte, die Gegenwart der Uzoma nicht auch nur einen Herzschlag lang dulden zu wollen. Wortgewaltig bekräftigte der rotbärtige Katauren-Heermeister seine Überzeugung, dass die drei Stammesfürsten nur friedliche Absichten vortäuschten, um sie dann auf dem langen Weg durch die Höhlen des Pandarasgebirges heimtückisch zu meucheln. Artis und Tarun bestärkten ihn darin, und auch Keelin trug sich mit ähnlichen Befürchtungen, wenngleich er einschränkend anmerkte, den Worten der Sehrein Ylva Vertrauen zu schenken.
    Maylea sagte nichts, musterte die feindlichen Krieger, die zwanzig Schritte enfernt bei Oona und Ylva standen, jedoch mit hasserfülltem Blick. Ajana entging nicht, wie sich ihre Finger immer wieder nervös um das Heft ihres Kurzschwertes schlossen, als könne sie den Griff danach nur mühsam unterdrücken.
    Auch Ajana hielt sich mit Äußerungen zurück. Sie wusste um Mayleas und Bayards furchtbare Vorgeschichte und konnte sowohl die Entrüstung als auch die Rachegelüste nachvollziehen. Wie alle empfand auch sie Misstrauen und Furcht gegenüber den hoch gewachsenen Kriegern mit dem fremdartigen Äußeren. Doch als Außenstehende waren diese Gefühle bei ihr nicht so ausgeprägt wie bei den anderen. Das Gespräch mit Faizah hatte ihre Vorurteile ausgeräumt, in den Uzoma nichts als grausame, mörderische Bestien zu sehen. Vielmehr empfand sie nun, dass hier ein Volk verzweifelt um sein Überleben

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